Feuerklingen (Die Klingen-Romane 2)

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2007
  • 12
Feuerklingen (Die Klingen-Romane 2)
Feuerklingen (Die Klingen-Romane 2)
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Carsten Kuhr
75°1001

Phantastik-Couch Rezension vonSep 2007

Und es ward Krieg - ein Bilderbogen einer faszinierenden Welt

Es war einmal in einem Land fern unserer Welt vor langer, langer Zeit, als die Götter noch nicht vergessen waren, die Menschen noch mutig, aufrecht und gut, da ... Stop, halt, das hatten wir ja alles schon einmal.

Also weg von den paradiesischen Zuständen und hinein in eine Welt, die geprägt ist von Gewalt. Gewalt gegenüber Sachen, Gewalt gegenüber Menschen und nicht zuletzt Gewalt gegenüber Überzeugungen.

In drei alternierenden Handlungsebenen berichtet Abercrombie uns vom Kampf zweier Magier gegeneinander. Seit Jahrhunderten verfeindet bricht der schwelende Konflikt jetzt von Neuem aus und droht, die bekannten Reiche ins Verderben zu reißen. Überall befinden sich Armeen auf dem Vormarsch, wird belagert und erobert, geschändet und gebranntschatzt. Wie schon im ersten Band, der international für Furore sorgte, schickt der Autor drei Gruppen aus in seine Welt, uns von deren Kriegen und Mysterien zu berichten.

Das vor Jahrhunderten geschaffene Königreich ist in einzelne, einander verfeindet belauernde Fürstentümer zerfallen. Einzig die Union ist als echter Machfaktor übrig geblieben. Doch jetzt schicken sich die erstmals unter einem Anführer vereinten wilden Barbarenhorden aus dem Norden an, die Provinzen des Reiches zu überfallen. Mit im Gepäck sind Menschenfresser, magischer Nebel und ein brutal-genialer Feldherr.

Oberst West ist dazu auserkoren, den blasierten Kronprinzen im Feld vor den angreifenden Nordmännern zu schützen. Zusammen mit einigen verbündeten Nordmännern überleben sie die erste, vernichtende Niederlage der Union gegen die Barbaren, müssen sich dann aber durch die unwirtliche Winterlandschaft durchschlagen. Kälte, Hunger, Menschenfresser und ein Monarch in Wartestellung, der keinen Sinn für die Realität aufbringt, machen das Überleben nicht eben einfacher ...

Währenddessen wird der verkrüppelte Inquisitor San dan Glokta in eine Kolonie in Übersee entsandt. Seine Mission: das Verschwinden seines Vorgängers aufzuklären, und die Stadt gegen die angreifenden Horden der Gurkhisen zu verteidigen, koste es was es wolle. Mit Folter, Bestechung und Meuchelmord kennt Glokta sich ja aus, aber dann trifft er auf etwas, das er seit Jahrzehnten verloren glaubte - Mitleid mit seinen Opfern.

Unter der Leitung des ersten Magi Bayaz macht sich eine bunt gemischte Gruppe auf, die mächtigste und verbotenste magische Waffe, die die Welt je gekannt hat, zu suchen. Ihr Weg führt über die vernichtete Hauptstadt des Alten Reiches ins Nirgendwo - auf Pfaden, die gespickt sind mit Fallen und Gefahren aller Art, nicht zuletzt der Missgunst, dem Neid und der Eifersucht ...

Sword & Sorcery mit Figuren, die man nicht so leicht vergisst

Joe Abercrombie erzählt uns keine neue Geschichte, aber eine, die ein wenig anders daherkommt, als wir das gewohnt sind. Er berichtet uns von einer wilden Welt voller Kämpfe, Gefahren und Magie, aber auch voller Neid, Missgunst, Verrat und Verlust. Sword and Sorcery nennt man diese Abart der Fantasy, und eigentlich ist diese nicht so ganz nach meinem Gusto.

Sicherlich habe ich meinen »Conan« gelesen und genossen, doch die Nachahmer haben es mir weniger angetan. Seitenlange Beschreibungen martialischer Zweikämpfe, wilder, ungezügelter Gewaltorgien mit literweise spritzendem Blut, herausquellenden Eingeweiden und »Rübe-Ab im Akkord«-Szenen langweilen mich in aller Regel. All diese Versatzstücke kommen in dem zweiten Band des Zyklusses um »Das erste Gebot« vor, und doch hat mich die Art und Weise des Autors seine Handlung zu präsentieren, wieder an die fast 800 Seiten gefesselt. Nicht die durchaus packenden Kampfbeschreibungen und Intrigen waren es, die mich so fasziniert haben, sondern die Zeichnung der Menschen und die Schicksale, die Abercrombie vor meinen Augen ausbreitete.

Schicksale, die bewegen

All seine Protagonisten sind ambivalent gezeichnet. Nehmen wir den ersten der Magi - ein Mann voller Macht, aber auch jähzornig und innerlich verkümmert in seinem Hass auf den zweiten der Magi, bereit, sämtliche ihm heilige Gebote zu verletzten, Städte und Reiche zu zerstören, nur um an sein Ziel zu gelangen. Gleichzeitig aber auch ein mitfühlender Lehrmeister, ein Mann, der aktiv gegen Korruption und Unvermögen vorgeht, der verkarstete Strukturen aufbricht und die Verteidigung ankurbelt. Oder Oberst West - ein gefeierter Duellkämpfer, eine Galan, ein Gecke, der während des Marsches mit den Nordländern entdeckt, was wichtig ist im Leben: Ehrlichkeit, ein liebendes Heim, Mut und Zuverlässigkeit.

Gar nicht zu reden von Glokta, einst gefeierter Held der Duellarena, dann der Kriegsheld schlechthin, der anschließend in den Kerkern der Gurkhisen seiner Jugend, seiner Gesundheit und seiner Menschlichkeit beraubt wurde, und der seit seiner Flucht als williger und überaus fähiger Inquisitor im Ränkespiel der Mächtigen mitmischt.

Sie alle und noch andere prägen durch ihr Handeln und ihre Art zu Denken das Bild, das wir von ihrer Welt vermittelt bekommen. Gerade durch die zunächst verwirrende Fülle an Sichtweisen, die uns die mannigfaltigen Protagonisten bieten, bekommen wir einen umfassenden, jeweils subjektiv eingefärbten Eindruck der Welt, der sich in seiner Gesamtheit dann zu einem faszinierenden Kaleidoskop einer Welt zusammensetzt, die mich ein wenig an die Schöpfungen eines R. Scott Bakker erinnert. Das liest sich nicht immer einfach, das erfordert vom Leser, sich auf die scheinbar nichts miteinander zu tun zu habenden Handlungsstränge einzulassen, das verlangt von uns, dass wir auch die negativen Seiten an den Helden wahrnehmen und diese akzeptieren und dass wir deren Entwicklungssprünge nachvollziehen.

Opfer und Verluste prägen dabei die Charaktere viel mehr als die wenigen Siege, von denen kein einziger heroisch oder triumphierend daherkommt. Unsere Recken sind froh, das Gemetzel überlebt zu haben, das sind beileibe keine gefeierten Strahlemänner oder Muskelprotze, die Gefallen an dem stumpfsinnigen Hinschlachten ihrer Gegner finden. Das sind allesamt Menschen, die tun, was sie meinen tun zu müssen, aus Motiven, die uns der Autor mitteilt ohne hier vorab zu werten. Zusammen mit unseren Protagonisten müssen wir entscheiden, ob die Opfer das Ziel, das meist nicht erreicht wird, wirklich wert war, ob man hätte überhaupt anders handeln können und ob diese Handlungsweise dann wirklich zu einem besseren Ergebnis geführt hätte. Melancholische Töne schwingen mit, wenn der Autor einmal mehr die Frage nach der Rechtfertigung für Gewaltanwendung stellt - und die Antwort dem Leser überlässt.

Feuerklingen (Die Klingen-Romane 2)

Joe Abercrombie, Heyne

Feuerklingen (Die Klingen-Romane 2)

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