Ein zeitloser Klassiker der Vampir-Literatur in Neuauflage
Das Schicksal meint es nicht gut mit Abner Marsh. Mit rund 300 Pfund Lebendgewicht, ver(un)ziert mit Warzen und mit einer Stimme ausgestattet, die Tote aufwecken kann, hatte er sein Schäfchen eigentlich auf dem Trockenen. Doch dann vernichtet ein Eissturm fast die gesamte Raddampferflotte seiner ";Fevre River Packet Company" und das Ungemach nimmt seinen Lauf.
Ein exzentrischer Gentleman bietet Marsh ein Geschäft an. Joshua York will mit Marsh zusammen den größten, den luxuriösesten und schnellsten Raddampfer des Mississippi bauen. Das Schiff, die ";Fevre Dream" könnte den drohenden Ruin abwenden und Marshs Traum wahr werden lassen. Dafür aber muss er Yorks absonderliches Verhalten und das seiner Freunde akzeptieren ohne Fragen zu stellen.
Alles könnte so schön sein, wenn Marsh nur seine Neugier zügeln könnte. Doch was macht sein Teilhaber der sich tagsüber nie sehen lässt? Von einem Partner kann man doch ein wenig Ehrlichkeit und Offenheit erwarten. Und wenn York nicht freiwillig mit der Wahrheit herausrückt, dann kann, nein muss man dem Partner auch nachspionieren. Wenn das Geheimnis einen danach vielleicht nicht mehr schlafen lässt, ist man schließlich selbst schuld...
Gesellschaftskritik verpackt in eine mitreißende Handlung
George R. R. Martin, der heute fast nur noch aufgrund seines Fantasy- Monumentalzyklus ";Das Lied von Feuer und Eis" bekannt ist, hat in den 70er und 80er Jahren mit herausragenden Romanen auf sich aufmerksam gemacht. Titel wie ";Sturm über Windhaven" (mit Lisa Tuttle), ";Armageddon Rock" oder ";Die Flamme erlischt" zeigten einen jungen Autor, der ungewöhnliche Ideen mit glaubhaften Charakteren zu verbinden weiß. Bei FanPro wurden diese lange vergriffenen Romane in einer Werksausgabe in liebevoll gestalteten Hardcover-Bänden neu aufgelegt. Mit ";Fevre Dream" (dt. erstmals bei Heyne als ";Fiebertraum" veröffentlicht, später als ";Dead Man River" bei FanPro in einer schön gestalteten Hardcoverausgabe neu aufgelegt) hat Martin einen der überzeugendsten Romane rund um die Nosferatu vorgelegt. Wie von ihm nicht anders zu erwarten, überzeugt er durch eine stimmungsvolle Darstellung der Südstaaten des 19. Jahrhunderts. Verpackt in eine jederzeit spannende und mitreißende Handlung voller düsterer Dramatik und unerwarteter Offenbarungen bezieht er en passend zum gerade in den Südstaaten problematische Verhältnis zur Sklaverei, zu den ";Niggern", wie man sie, nicht immer nur damals dort bezeichnete, kritisch Stellung. In Person von Marsh, der im Verlauf der Handlung seine Einstellung zur Sklaverei überdenkt, hinterfragt und letztlich ändert, hat Martin sich hier eindeutig, aber jederzeit in die Handlung passend geäußert. Insgesamt weiß die Darstellung der so unterschiedlichen Partner zu faszinieren. Hier der Genussmenschen Marsh, auf der anderen Seite der intellektuelle York.
Martins Nosferatu erweisen sich als lebendiger und glaubhafter, als viele der Bluttrinker seiner Kollegen. Das kommt nicht zuletzt daher, dass es dem Autor nicht nur gelingt, all seine Handelnde interessant und vielschichtig zu zeichnen, sondern, dass er es auch versteht, diese glaubwürdig in ihrer Zeit und Kultur agieren zu lassen. Seien es die Vampire, die wilden, unberechenbaren Raubtieren gleich jederzeit in der Lage sind, ihre Opfer zu überraschen, die stolzen, überheblichen Plantagenbesitzer oder der so menschlich gezeichnete Reeder, sie alle packen den Leser mit ihrer Lebendigkeit. Ein wichtiges, ein fesselndes, ein rundum gelungenes Buch!
George R. R. Martin, Heyne
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