Cosmos Welt
- Bastei-Lübbe
- Erschienen: Januar 2006
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Ein Märchen für Erwachsene
Hélène Guétary ist eine Künstlerin aus Frankreich, die mit ";Cosmos Welt"; ihr literarisches Debüt vorlegt. Das Buch, dessen Titelbild und Illustrationen von Guétary selbst stammen, kletterte in Frankreich auf die Bestsellerlisten. Jetzt ist es auf deutsch erhältlich.
Liebe in den Zeiten der Kälte
Die Welt wird von schwarzen Schmeißfliegen heimgesucht. Sie sind überall. Die Menschen versuchen sich durch Hüte mit Gesichtsnetzen zu schützen und tragen Ohrstöpsel, um das ewige Summen der Brummer ertragen zu können. Darüber hinaus leiden immer mehr Menschen an plötzlichen Schlafattacken. In einer Vorlesung präsentiert der Traumforscher Professor Twain weitere ungewöhnliche Entwicklungen. Er erklärt, dass die Menschen nicht mehr träumen. Wenn sie schlafen gleicht ihr Schlummer einer stundenlangen Bewusstlosigkeit. Aber die moderne Welt ist abgestumpft, hektisch und anonym geworden, niemand interessiert sich für seine gewagten Thesen. Nur eine scheint dem seltsamen Traumforscher zuzuhören und einen Zusammenhang zu erkennen: Pearl, eine sensible Linguistin, die sich für alles Imaginäre interessiert. Durch Zufall lernt sie in der Vorlesung über die Träume ihren Sitznachbar Cosmo kennen. Er hat violette Augen und ist mindestens so sensibel und romantisch wie sie. Der sprichwörtliche Funke springt über: Es ist Liebe auf den ersten Blick. Aber Pearl merkt schnell, dass Cosmo Geheimnisse hat, er weicht Fragen nach seiner Herkunft und Familie aus und geht auf Distanz. Als er ihr beichtet die Stadt verlassen zu müssen schleicht sie ihm eifersüchtig hinterher. Und folgt ihm prompt in eine Parallelwelt namens Terra Somnia, Cosmos Heimat. Aber auch in dieser Welt, aus der alle Träume stammen, ist längst nicht mehr alles Eitel Sonnenschein. Denn Nera, die dunkle Königin der Alpträume will ein für alle mal ihre gute Schwester Bianca vernichten und so die Macht an sich reißen. Wird es Pearl gelingen, die geflohene weiße Königin Bianca zu finden, Nera zu besiegen und somit auch die eigene Welt zu retten?
Französische, perlende Romantik
Der französische Einschlag der Geschichte ist deutlich. Die verträumte, sanfte und doch patente Hauptfigur könnte gut eine Schwester von ";Amelie"; sein und auch das New York der Geschichte erinnert so gar nicht an die Metropole in den USA, sondern eher an ein englischsprachiges Paris aus Amelies fabelhafter Welt. Die Handlung ist märchenhaft einfach. Es gibt nur einen leicht verrückten Erzählstrang, schön übersichtlich von A nach B erzählt ohne Sprünge oder Rückblenden. Die Figuren sind eher Typen als sich entwickelnde Individualisten. Auch das erinnert an klassische Märchen, in denen der Name ";Prinzessin"; ";Hexe"; oder ";Fee"; klar die Rolle des Handelnden vorgibt. In Cosmos Welt wimmelt es vor Allegorien, alle Figuren tragen sprechende Namen und viele Episoden sind symbolisch aufgeladen.
Das Buch kommt zwar ein wenig schwer in Gang und als Pearl in die seltsame Welt Terra Somnia hinüberrutscht muss man sich erst an die symbolhafte Andersartigkeit von Cosmos Heimat gewöhnen, aber das macht dann Spaß. Ein bißchen Alice im Wunderland, ein wenig Momo und ein Schuss Surrealismus schwingen immer mit.
wie ein skurriler Traum
Pearl landet als erstes in einer dunklen Wüste, in der ein Männlein im roten Mäntelchen einen Steinmann mit Namen ";Zähler der Stunden"; dazu bringen muss, die störrische Sonne aufgehen zu lassen. Das sei immer schwieriger geworden mit der Zeit, erklärt er. Zudem müssen sie täglich gegen Schwärme berittener Krähen kämpfen. Pearl muss wie der Leser das erst einmal verdauen. Man glaubt beim Lesen, selbst in einem recht schrägen, aber auch kurzweiligen Traum zu sein, in dem logischerweise ähnlich verwirrende Gesetze gelten, wie man sie aus Träumen kennt. Passend dazu sind die bizarren, aber auch humorvollen Personenbeschreibungen. Wir lernen zum Beispiel Polo kennen. Polo ist nur sein Spitzname, der für Apoll steht, ja dem Gott, der zufällig Cosmos bester Freund ist. Er ist zwar etwas heruntergekommen, ziemlich eitel und phlegmatisch, lässt sich letztendlich aber doch nicht so leicht unterkriegen. Prompt hält er Pearl für eine Luliberine, eine Fee der Leidenschaft und lässt sich auch nicht davon beirren, dass Pearl ihm ihre wahre Identität beichtet. Polo als Kopf des Widerstandes in Terra Somnia will eine Revolution, Pearl wird deren Galionsfigur sein und Basta! Sein Plan nimmt seinen Lauf...
Sehr malerisch ist die Bösartigkeit von Nera geschildert, die dunkle Königin der Alpträume, die in einer wahrlich märchenhaften Welt ihr Unwesen treibt. Besessen wie eine Erfinderin des Bösen braut sie ständig neue Schrecklichkeiten zusammen, um diese auf die Menschen loszulassen. Sie lässt alle Diener blenden, damit sie ja keine ihrer diabolischen Erfindungen verraten können. Trotzdem findet Pearl schnell heraus, dass auch die schrecklichen Fliegenplagen aus Neras Labor stammen.
Die gesamte Erzählung ist voller kleiner magischer Details und verlässt nie den fließenden Märchenpfad bis zum - natürlich - guten Ende. ";Cosmos Welt"; ist auf jeden Fall etwas Besonderes. Wer schräge, moderne Märchen mag wird zufrieden sein.
Hélène Guétary, Bastei-Lübbe
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