Die Festung der Macht

"Die Festung der Macht" ist nun der vierte deutsche Teil der "Drei Welten" Saga, sie entspricht der zweiten Hälfte des Originalbandes "The Tower on the Rift". Die in "Der Turm von Katazza" unterbrochenen Handlungsstränge werden unmittelbar fortgesetzt. Man darf gespannt sein, ob am Ende von "Die Festung der Macht" nach der Hälfte des gesamten Zyklus, die Geschichte auf einen vorläufigen Höhepunkt zusteuert.

Die Flucht der Gruppe um den ehemaligen Magister des Rates von Iagador, Mendark endet vorläufig in Zile. Entgegen seiner Hoffnung, erhält Mendark auch in der berühmten Bibliothek kaum hilfreiche Informationen über den Spiegel von Aachan. Stattdessen finden der kauzige Bibliothekar Nadiril und die heimatlose Lilis einander. Das Mädchen bleibt in Zile und verabschiedet sich von den Freunden, die sich auf den Weg nach Norden machen.

Katazza, die Festung eines der Eroberer, des Charon Kandor, ist das Ziel der Aachim. Ihr Führer hofft dort mit Llians Hilfe dem Spiegel seine Geheimnisse zu entlocken. Der Chronist hat indes auf der beschwerlichen Reise mit der Feindseligkeit der Aachim zu kämpfen, denn einige von ihnen sähen ihn lieber tot. Äußerlich verändert sich Llian, helle Flecken auf der Haut und in den Augen, werden von der ihm wohl gesonnenen Malien als Rulkes Male erkannt. Steckt eine geheime Kraft in dem Zain, die nach Tensors fatalem Zauber bei der Konklave für seine Unversehrtheit gesorgt hat?

Kein Ende der Verfolgung in Sicht

Shand und Karan entkommen Yggurs Schergen nur knapp und organisieren die weitere Reise in Aschenstadt. Ihre Verschnaufpause währt nicht lange. Die Gâshâd finden Karan und beginnen mit ihr ein Ritual, dass sie mit ihrem verbannten Herrn Rulke vereinen soll. Shand kann sie auch aus dieser Klemme befreien und gemeinsam flüchten sie durch die Salzwüste in Richtung Katazza.
Was alle dort erwartet, kann sich niemand von ihnen in seinen gewagtesten Phantasien ausmalen.

Schon zu Beginn von "Die Festung der Macht" wird klar, dass Ian Irvine die verschiedenen Handlungsstränge vereinen wird. Im vierten Teil der Saga ist der Spannungsbogen straff gespannt und die Aufgabe der Protagonisten klar beschrieben. Der Führer der Aachim muss unbedingt daran gehindert werden, mit Hilfe des Spiegels der Macht eine Katastrophe auszulösen. Die Frage, ob Tensor den Spiegel nutzen kann und was er damit vor hat, zieht sich als ein roter Faden durch den Roman. Dem Autor ist hier eine ausgewogene Balance in Bezug auf die Konzentration auf die Kernhandlung und Ausflüge in begleitende Erzählungen gelungen. Yggurs und Maigraith Geschichte wird fortgesetzt, ohne das sie sich in den Vordergrund drängt. Lilis Geschichte endet zumindest vorläufig, als sie in dem Bibliothekar einen väterlichen Freund und Mentor findet.

Während Karan mit Shands Unterstützung wieder zu ihrem alten Selbstbewusstsein zurück findet, ist Llian den Launen der Aachim ausgeliefert. Obwohl er nie wissen kann, ob er geduldet oder im nächsten Moment getötet wird, verfolgt er beharrlich das Ziel, an seiner großen Geschichte zu schreiben.

Ein besonderes Highlight des Romans ist Karans und Llians Wiedersehen. Dieses besonders schöne Kapitel leitet der Autor mit einer atemberaubenden Kletterpartie ein und erzählt anschließend ihre Begegnung in zärtlichen und zugleich humorvollen Worten, die in keinster Weise kitschig wirken. Behutsam finden zwei Liebende wieder zueinander, die reifer geworden aber ihren Gefühlen treu geblieben sind.

Nichts wird mehr so sein, wie es war

Die spannende Erzählung um Karan, Llian und die Völker Santhenars steuert auf einen vorläufigen Höhepunkt zu. Ian Irvine gelingt es, seine komplexe Geschichte besser zu strukturieren, ihr neue Akzente zu verleihen und mit einem Show-Down an einen entscheidenden Wendepunkt zu bringen.

Die weiteren Bände werden hoffentlich Antworten auf die Fragen geben, die den Leser des vierten Teils der "Drei Welten" Saga stutzig machen, denn einige der Gaben und magischen Tricks scheinen aus dem Nichts zu kommen.

Insgesamt begeistert der Autor einmal mehr mit stimmungsvollen Landschafts- und Architekturbeschreibungen, die durch Kartenzeichnungen perfekt abgerundet würden.
Auch ohne epische Schlachten bietet "Die Festung der Macht" spannenden Lesegenuss, die den Leser mit den Protagonisten fühlen und in eine Welt mit immer phantastischeren Gesetzmäßigkeiten eintauchen lässt.