Der Agent und die Söldnerin
- Heyne
- Erschienen: Januar 2007
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Eine Space Opera der eigenen Art
Liaden - der Begriff steht für eine mächtige Zivilisation intergalaktischer Händler, deren Äusseres den Terranern gleicht, die aber ein wenig feingliedriger und feingeistiger entwickelt sind als ihre entfernten Verwandten von der Erde.
Nach dem Auftaktband erwartete ich, dass die Handlung vorliegenden Buches nahtlos an die geschilderten Ereignisse anschliessen würde - und sah mich getäuscht. Nicht nur eine neue Umgebung, sondern auch eine ganz andere Grundhandlung erwartet den Leser.
Unsere beiden Autoren entführen uns diesmal nicht auf eine intergalaktischen Handelsfahrt, sondern berichten uns von einem Scout und Spion. Val Con hat sich erfolgreich bei der radikalen Terranerpartei eingeschlichen und einen der gefährlichsten Volkshetzer ausgeschaltet. Jetzt heisst es, seine Verkleidung abzuwerfen und dann schnellstmöglich vom Planeten verschwinden. Die Implantate sind schnell entfernt und aus dem unschlächtigen Terraner wird ein Liaden, doch auf dem Weg zum Shuttle, das ihn zum im Orbit wartenden Frachter bringen soll, begegnet er einer jungen Dame in Not. Als ehemalige Söldnerin und Leibwächterin sollte diese sich ihres Lebens eigentlich selbst erwehren können, doch zu viele Jäger sind des Hasen Tot. Und der galaxisweite Mafia-Clan der Juntavas ist ein Gegner, der die Ressourcen hat, jedes Wild zu erlegen. Nur haben die Verbrecher nicht mit Val Con gerechnet, und als sich dann noch die Schildkrötenähnlichen Cluth-Turtles auf Seiten Val Cons und seiner rothaarigen Damsel einmischen brennt die Lunte....
Zivilisierte Fremdvölker
Die Liadaen-Romane erschienen in den USA bei Meisha Merlin, einem Kleinverlag, der mit Liebhaberausgaben und sorgfältig aufgemachten Büchern den etablierten Verlagsgiganten erfolgreich Konkurrenz gemacht hat. Die mit viel Elan und Liebe zum Detail produzierten Bücher eroberten zunächst als Geheimtipp ihre Fangemeinde. Auffallend dabei, dass sich die beiden Autoren erfolgreich bemühen, ihre Leser mit einer neuen, ganz anders gearteten Handlung als im ersten Band zu überraschen. Temporeich beginnt der Plot mit der Schilderung eines Attentats. Der Hintergrund des Anschlags, die moralische Rechtfertigung und die Reflektion, ob solche Morde überhaupt gerechtfertigt sind wird erst später im Verlauf des Buches nachgeholt, der Beginn steht ganz im Zeichen der rasanten Action. Es gibt Kämpfe, Schusswechsel und Verfolgungsjagden satt, so dass man die Seiten gar nicht schnell genug umblättern kann.
Daneben verwöhnen uns die Autoren aber auch mit pointierten Dialogen der beiden sich aneinander reibenden Kämpfer. Das hat ein wenig den Flair von »Bonnie und Clyde«, wenn der unausgesprochene Wettkampf, wer von beiden nun der effektivere Fighter ist, übersteigert, nichtsdestotrotz aber amüsant geschildert wird.
Der grösste Pluspunkt des Romans ist meines Erachtens aber die Darstellung der Personen und Aliens. Beide Protagonisten erhalten nach und nach durch Beleuchtung ihres Hintergrunds und ihrer jeweiligen Historie Schärfe und Tiefe, offenbaren unerwartete Wesenszüge und wirken damit interessant. Fast noch wichtiger aber erscheint mir die Fähigkeit der Autoren, glaubwürdige Aliens zu beschreiben. Sowohl die Liaden - gibt es solch selbstlose, mitfühlende und aufopfernde Wesen überhaupt? - als auch die Clutch-Turtles als Gesellschaft agieren anders, und damit überzeugend als Menschen. Das sind endlich einmal nicht die abscheulichen und furchterregenden Fremdvölker a la H. R. Giger, sondern eigenständige, aber eben auch zivilisierte Fremdvölker.
Ein wenig unglaubwürdig bleibt hingegen die rasante Entwicklung unseres Paares. Da treffen sie zunächst einander misstrauend aufeinander, reiben sich aneinander, eröffnen einen unausgesprochenen Wettkampf gegeneinander, wer der bessere Kämpfer ist, und dann läuten plötzlich und unerwartet die Hochzeitsglocken - das kommt ein bisschen zu überstürzt und ist so nicht ganz nachvollziehbar.
Nichtsdestotrotz liest sich das Buch flüssig und unterhaltsam auf einen Rutsch durch, bietet dem Leser eine Space Opera der anderen, der eigenen Art und ist als solche auf jeden Fall sein Geld wert.
Sharon Lee, Heyne
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