Das Ende der Welt ist da - und Max Merkur besteht seine Magisterprüfung
Wie viele weltbewegende Ereignisse beginnt auch dieses mit einem kleinen Vorkommnis. Der Himmel hat plötzlich einen Riss. Dann ertönen Posaunenklänge. Nach knapp 14 Milliarden Jahren ist das Universum zu Ende, der Jüngste Tag ist da.
Max Merkur hat just an diesem bedeutenden Tag seinen Magister in Philosophie nach nur 24 Semestern bekommen. Genau in dem Moment, als die Welt endete, hat er sich mit Weihwasser bespritzt und gleichzeitig geflucht. Ersteres wäre der Freifahrtschein in den Himmel gewesen, letzteres würde ihn auf die Beschleunigungsspur in die Hölle bringen - beides gleichzeitig aber sorgt dafür, dass der Apparat des Jüngsten Gerichts Marke LX 1000 überfordert ist und in rauchenden Qualm aufgeht - und das bei über 80 Millionen Katholiken, die sich richten lassen wollen. Man kann sich vorstellen, dass Max nicht unbedingt zu den beliebtesten Seelen in dem Ave Maria Himmelshafen gehört.
Das unwiderstehliche Angebot eines Teufels
Nicht verwunderlich also, dass Lutherion, ein Schwarzteufel, lauthals verkündet: »Max Merkur, die Hölle braucht dich«. Nach einer Reise durch die Kühlpassage der die Universen verbindenden Kühlschränke steht Max vor dem Leiter des TSD, des »Teuflischen Sicherheits Dienstes«, der ihn und Lutherion auf die Suche nach dem Sinn des Lebens schickt, denn nur dieser könnte - eingegeben in die ultimative Formel - den Weltuntergang rückgängig machen.
Das gestohlene Handy von Petrus weist ihnen den Weg zu Zeiten und Denkern, bei denen das Geheimnis versteckt sein könnte. Nachdem Sokrates´ »Erkenne Dich selbst« keinen Treffer landen konnte, besuchen sie Thomas von Aquin. Als laszive Hexe verkleidet, nähert sich Max dem gefangen gesetzten Denker. Sein »Den Sinn frei machen für Gott« ist zwar auch nicht übel, aber ebenfalls nicht das Gesuchte. Rene Descartes liegt mit »Gut leben und gesund sein« ebenso daneben wie Wittgenstein mit seiner »Lebenspantomime«. Bleibt Friedrich Nietzsche übrig. Doch der ist in Raum und Zeit unauffindbar, na ja, er treibt, ausgesetzt von zwei Engeln, auf einer Insel im Nichts - so dass unser wackeres Gespann zunächst am kleinen Ende der Welt mit dem Stuttgarter Philosophen Schelling vorlieb nehmen muss. Als sich dann noch Grendl, der Urfeind und erste Höllenfürst, rematerialisiert, droht selbst die Hölle einzufrieren, pardon aufhören zu existieren. Da muss man Abhilfe schaffen, man oder Max?
Keine simple Kopie
Vergessen Sie Asprin, Nicholls oder Scherm, bei Schweizer spielt die Musik. Lustige Fantasy-Romane muss man mit der Lupe suchen. Dabei trennt sich die Spreu schnell vom Weizen. Neben eher lauen Kalauerergüssen a la Robert Asprin, derben, aber immerhin partiell ganz lustigen Ork- und Zwergenromanen und den unübertroffenen Highlights eines Terry Pratchett tummeln sich wenige wirklich lesenswerte Titel auf dem Markt. So machte ich mich mit einigem Interesse an die Lektüre.
Schweizer vermeidet es geschickt, bekannte und erfolgsversprechende Vorbilder zu kopieren. So wartet der Leser vergebens auf einen Scheibenwelt-Abklatsch, auch die üblichen Fantasy-Völker bleiben aussen vor. Statt dessen offeriert uns der bis dato unbekannte Autor ein munteres Abenteuer, das damit beginnt, dass unser recht unfreiwilliger Held stirbt. Nun ist das so eine Sache, den Helden gleich im ersten Kapitel über die Klinge springen zu lassen. Irgendwie ist der Dampf draussen, kommt doch nach dem Exitus entweder das Elysium oder wartet des Martyrium auf den Sünder. Vorliegend aber passiert nach dem Armageddon noch erstaunlich viel, geht es doch darum, selbiges rückgängig zu machen. So schnürt unser Schreiberling ein wahrlich ungewöhnliches Heldenduo - ein waschechter Teufel und ein Studiosus der Philosophie auf der Suche nach dem Sinn des Lebens.
Da wird dann munter drauflos philosophiert, da bekommen die grossen Denker der Weltgeschichte, die geschickterweise aufgesucht werden, ihr Fett ab. Interessanter und erheiternder aber noch als diese geistigen Ergüsse zum Sinn oder Unsinn des Lebens fand ich persönlich die pointierten Einschübe mit Hinweisen zur Hölle und deren Bewohner. In einem bewusst trocken und sachlich gehaltenen Stil präsentiert der Autor uns hier Lebensweisheiten der Hölle, die ein ums andere Mal mein Zwerchfell zu Muskelkateranfällen reizten. Gerade die bürokratisch-nüchterne Ausdrucksweise, die im krassen Gegensatz zum Inhalt steht, sorgte hier dafür, dass sich der Leser vor Lachen kugelt.
Mit viel Sinn für das Absurde, für Situationskomödie und einen Blick für alle menschlichen und teuflischen Schwächen weiss der Autor seine Leser somit auf das Vortrefflichste zu unterhalten.
Frank Schweizer, Otherworld
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