Der verlorene Troll
- Klett-Cotta
- Erschienen: Januar 2007
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Tarzan goes Fantasy
In einer abgelegenen Provinz des Reiches haben die lokalen Adeligen zu viel Macht und Reichtum angehäuft. Ihr Drang nach Unabhängigkeit führt dazu, dass die Herrscherin ihre Armee aussendet. Auch eine abgelegene Burg wird belagert und schlussendlich erobert. Nur einem Krieger, einer Amme und dem Erben des Lords gelingt die Flucht. Ihre verzweifelte Flucht vor den Invasionstruppen endet tragisch, nur der Säugling Made überlebt und wird von einer Troll-Mutter, die ihr eigenes Junges verloren hat, adoptiert und aufgezogen. Seine ganze Jugend aber wird Made von den Trollen gehänselt und geschnitten.
Zu klein ist er, zu komisch riecht er, und zu intelligent ist er noch dazu. Als er ins Rennen um die Anführerschaft des vom Aussterben bedrohten Clans geht, verliert er mit Pauken und Trompeten und verlässt das einzige Heim, das er bis dato gekannt hat.
Im Tal seiner Geburt stösst er dann auf eine Expedition gar erstaunlicher Wesen. Mammuts und Ochsen gibt es da, am Lagerfeuer werden Braten gerillt, die fremden Jäger gehen mit langen Stöcken auf die Pirsch, die sie dann auf das Wild schleudern. Doch alle diese ungewohnten Wunder verblassen, als er ein Weibchen erblickt. Ihn treibt nur ein Gedanke, er will sich paaren. Um ihr zu imponieren, erlegt er einen Löwen und legt ihr das abgezogene, noch blutige Fell zu Füssen - doch ach, ihr Geschlecht rötet sich nicht, sie scheint kein Interesse an ihm zu haben. In der Folgezeit schliesst er sich einer dörflichen Gemeinschaft an, und gerät mitten hinein in einen Krieg ...
Ein Debut, das einen überzeugenden Weltenentwurf mit plastischen Charakteren verbindet
Was lässt sich über diesen Debutroman eines Autors, der bis dato nur einige wenige Geschichten im Magazine of Fantasy & SF veröffentlicht hat, sagen? Es ist ein humorvoller, nichtsdestotrotz messerschafter Blick auf das menschliche Leben. Es ist ein wunderbarer Weltentwurf bevölkert mit Charakteren, die plastisch herausgearbeitet werden, die selbst bei Nebenpersonen voller Details und Leben sind. Und es ist eine anrührende Geschichte eines Menschen, der sich selbst als Troll sieht und als Troll empfindet, und mit den typisch menschlichen Verhaltensmustern, mit Lug, Trug, mit mehr Schein als Sein nicht zurecht kommt.
Der edle Wilde
Pate stand sicherlich der edle Wilde, Tarzan. Finlay aber präsentiert uns ein Wesen, das zwar aussieht wie ein Mensch, dem man aber anmerkt und abnimmt, dass er von Trollen aufgezogen wurde. Er hat sich seine Denkweise bewahrt, hier gibt es keine falsche Freundlichkeit, kein Taktieren, er sagt und denkt geradeaus, und genau dies macht ihn als Protagonisten interessant und liebenswert.
Finlay hat die seltene Gabe, in eine im Grunde genommen ernste Handlung viel Humor einfliessen zu lassen. Das hat nichts mit Slapstick a la Asprin zu tun, auch wenig mit der Doppelbödigkeit eines Terry Prachett, sondern viel mit einer humanistischen Grundausrichtung, die aber immer den Blick konzentriert auf die typischen kleinen und grossen Fehler und Eigenheiten der Menschen richtet.
Daneben zeichnet er mit einigen wenigen Strichen unterschiedlichste Kulturen - die vom Aussterben bedrohten Trolle, die an nordamerikanische Indianer erinnernde Bevölkerung des Tales, das matriarchalische Imperium mit seinen stark ritualisierten Umgangsformen und einander neidvoll beäugenden Götter - so unterschiedlich diese Kulturen in ihrer Grundausrichtung sind, so in sich stimmig werden sie unauffällig in der Handlung eingebettet portraitiert.
Tiefsinnig, voller Humor gespickt mit Personen, die dem Leser im Gedächtnis haften bleiben, einer ungewöhnlichen Welt und einem etwas anderen Helden, der dem Leser ein ums andere Mal einen Spiegel vorhält und einer packenden Handlung, ist dies ein Debut, das als herausragend zu bezeichnen ist. Ein Debut, das Appetit auf mehr weckt und einmal mehr beweist, dass Hannes Riffel es versteht, immer wieder neue Perlen für die Hobbit Presse zu finden.
Charles Coleman Finlay, Klett-Cotta
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