Halloween II - Das Grauen kehrt zurück
- Heyne
- Erschienen: Januar 1983
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Michael Myers nerven(zerren)de Rückkehr
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind in der kleinen Stadt Haddonfield im US-Staat Illinois? Dr. Sam Loomis ist’s, Psychiater von Beruf und aus Berufung Wächter am Portal der Hölle. Dieses stand bisher hinter den dicken Mauern von Smith’s Grove, der Anstalt für geisteskranke Kriminelle. In seiner Zelle lauerte dort fünfzehn Jahre Michael Myers auf seine Stunde. Am 31. Oktober 1963 war er im zarten Alter von sechs Jahren zum Schwestermörder geworden, nachdem ein böser Geist aus keltischer Vorzeit in ihn gefahren war; es musste wohl so kommen, ist doch der Tag vor Allerheiligen, Halloween genannt, nichts als das notdürftig christianisierte, aber uralte, im Kern heidnische und grimmige Samhain-Fest, das die Lebenden mit den Toten und Dämonen feiern, die in dieser Nacht auf die Erde zurückkehren dürfen.
Pünktlich zu Halloween 1978 ist Michael Myers zurück in Haddonfield, wo er dort anknüpft, wo er vor anderthalb Jahrzehnten vom Arm des Gesetzes unterbrochen wurde. Durch eine Maske gut getarnt, mischt er sich unter die feiernde Jugend, massakriert drei allzu lebenslustige Teenager und will sich gerade dem vierten widmen, als Dr. Loomis, der seiner blutigen Spur gefolgt ist, dem mörderischen Treiben mit sechs Pistolenkugeln ein Ende bereitet. Doch er hat sich zu früh gefreut; während die junge Laurie Strode, Michaels letztes Opfer, verletzt ins Haddonfield Memorial Hospital transportiert wird und die überforderte Polizei des Ortes im Bund mit der Presse die endgültig in ein Tollhaus verwandelt, muss Loomis feststellen, dass Michael sich auch körperlich zum Unmenschen entwickelt hat: Er ist schon wieder auf den Beinen und meuchelt auch durchlöchert unerbittlich weiter.
Die wilde Verfolgungsjagd wird fortgesetzt und endet im Feuer eines explodierenden Benzintanks, nachdem der Flüchtige dem Kühler eines Streifenwagens in die Quere kam. Doch ist die völlig verkohlte Leiche wirklich die des Michael Myers? Das herauszufinden wird Zeit kosten - Zeit, die der natürlich quicklebendige Maskenmann nutzen kann, sich unbemerkt ins weiter oben erwähnte Krankenhaus zu schleichen. Während der stets misstrauische Dr. Loomis die tranige Polizei noch vor dem Ergebnis der Obduktion zu einer neuerlichen Fahndung bewegen will, tappt Michael bereits durch die Gänge. Er sucht Laurie, um sie ihren verblichenen Freunden hinterher zu schicken. Dafür hat er gute Gründe, die er aus unerfindlichen Gründen, aber zur Freude des Lesers sogar bekannt gibt: In seiner alten Schule hat er sich zwischen zwei Morden die Zeit genommen, ein schönes Bild zu malen, das die 1963 so rüde voneinander getrennte Familie Myers zeigt. Seltsamerweise lassen sich darauf nicht zwei, sondern drei Kinder erkennen. Der entsetzte Loomis erfährt erst jetzt, dass Michael noch eine weitere Schwester hat, deren Identität von den Behörden sorgfältig geheim gehalten worden war. Doch Michael erinnert sich ihrer sehr wohl und rüstet zu einem Wiedersehen der unvergesslichen Art ...
Mord im stümperhaften Akkord
Tja, ich denke, wir müssen hier nicht drei Mal raten, wer denn besagte Schwester sein könnte. Es zu verraten heißt allerdings auch den einzigen originellen Gedanken zu enthüllen, mit dem diese missratene Fortsetzung des Horror-Klassikers ”Halloween” von 1978 aufwarten kann. Der unerwartete, aber deshalb nicht weniger spektakuläre Erfolg des Erstlings machte die Rückkehr des Michael Myers unvermeidbar; Hollywood ist da unerbittlich. Drei Jahre dauerte es trotzdem; Zeit genug sich eine plausible Story auszudenken, sollte man meinen, doch in dieser Hinsicht erwartete das Publikum eine schlimme Enttäuschung - es sollte nicht die einzige bleiben. Für ”Halloween II” nahm nicht mehr John Carpenter, sondern der weitgehend unbekannte Rick Rosenthal im Regiestuhl Platz; für ihn sollte dies das fragwürdige Debüt und der Höhepunkt seiner ansonsten bis heute im B-Movie- und TV-Bereich dahindümpelnden Karriere sein. Carpenter ist von einer Mitschuld am ”Halloween II”-Desaster aber nicht freizusprechen, weil er ein 'Drehbuch' verbrach, das nichts als eine Nummernrevue myerscher Metzeleien präsentiert und diesem fragwürdigen Konzept den im ersten Teil so klug und kundig ins Leben gerufenen Mythos opfert.
Dem Roman zum Film gelingt es indes, das Niveau der Vorlage noch weit zu unterbieten. Zunächst gilt es den Autoren zu verteidigen: Konnte Jack Martin aus dem Drehbuch ”Halloween II” überhaupt Funken schlagen? Michael Myers stolpert durch die Nacht und killt, wer ihm dabei über den Weg läuft, während er sein kleines Schwesterlein sucht. Dabei legt er sein Messer bald beiseite und arbeitet mit den Instrumenten, die er am jeweiligen Tatort vorfindet. Weil die Handlung schließlich in einem Krankenhaus spielt, bietet sich Michael eine breite Palette hervorragend zweckentfremdeter Instrumente, deren Einsatz die Kamera liebevoll in den Mittelpunkt rückt. Für den Splatter-Fan hat das einen gewissen Unterhaltungswert, zumal die Spezialeffekte auf diesem Gebiet auch 1981 schon einen hohen Standard besaßen.
Solches gilt allerdings nur im Kino oder vor dem Bildschirm, während ein Buch schon ein wenig mehr Substanz verlangt. Das hatte sogar Curtis Richards, minderbegabter Zeilenschinder und Autor des Romans zum ersten ";Halloween”-Streifen begriffen (und sich dann zwecks Erweiterung der Story allerlei hanebüchenen Schwachsinn einfallen lassen, der in dieser Fortsetzung natürlich kommentarlos unter den Tisch fällt). Martin versucht indes nicht einmal, das Drehbuch zu einer eigenständigen Geschichte aufzubessern, sondern beschränkt sich auf die lieblos-schlampige Nacherzählung der ohnehin schlichten Handlung.
Kaum zu glauben, dass sich hinter "Jack Martin" der junge Dennis Etchison verbirgt, der heute als Großmeister der Phantastik gefeiert und mit Preisen überhäuft wird! Man muss wohl davon ausgehen, dass Etchison, der Anfang der 1980er Jahre noch ganz am Beginn seiner Karriere stand, sich auf die (Un-) Tugenden des typischen Filmbuch-Schreiberlings besann: Mach dein Ding, nimm das Geld und zieh weiter, bevor dich die empörter Leser erwischen ...
Wer glaubt, es könne nicht dümmer kommen ...
Die groben Schnitzer dieses trübsinnig stimmenden (und kongenial grausig 'übersetzten') Machwerks weisen immerhin manchmal Momente unfreiwilligen Trash-Humors auf. Mir persönlich gefällt Michael Myers weiter oben beschriebener Ausflug in seine Schule am besten. Selbstverständlich ist der einzige Zweck dieser hirnrissigen Episode, Dr. Loomis stellvertretend für uns Zuschauer/Leser auf die verlorene Schwester hinzuweisen und die keltischen Wurzeln des Dämons, der Michael steuert, offen zu legen. Loomis selbst ist bis zur Karikatur des besessenen Wissenschaftlers degeneriert, Laurie Strode wirkt wie ein übrig gebliebener Gast in ihrer eigenen Geschichte, und das übrige Personal wird so rasch von Michael Myers abgeschlachtet, dass dem Verfasser keine Zeit mehr für eine auch nur halbwegs überzeugende Figurenzeichnung blieb. Immerhin sorgt Martin im Vergleich zum ersten Teil für Gerechtigkeit: Michael Myers erwischt nicht mehr nur die ungehorsamen, bösen, geilen Jungs und Mädchen - er killt sie nun alle ohne Ansehen von Rasse, Religion oder Leumundszeugnis.
Ich verkneife es mir, auf weitere Defizite dieses Bändchens hinzuweisen; die Liste wäre gar zu lang und ermüdend. Bleibt noch anzumerken, dass Martin unverdrossen wieder angeheuert wurde, als es darum ging, die ";Halloween”-Blutwurst im Jahre zum dritten Mal aufzuwärmen. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte ...
Jack Martin, Heyne
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