Der Fremdling
- Blanvalet
- Erschienen: Januar 2007
- 8
Kunst-Fantasy
Im Fahrwasser von Sergei Lukianenkos überaus erfolgreicher Nachtwache-Trilogie ebnet die Verlagsgruppe Randomhouse einem weiteren russischen Autor den Weg zu deutschsprachigen Leser. Oder besser, einem Autorenpaar, denn Max Frei ist das Pseudonym der beiden Künstler Svetlana Martynchik und Igor Stepin. Beide haben sich einen Namen in der russischen Gegenwartskunst gemacht und ihr künstlicher Autor Max Frei verfügt im größten Land der Erde über einen Kultstatus. Ob er sich auch andernorts ein ähnliches Image erarbeiten kann, ist allerdings nicht so sicher.
Max Frei verfügt über keinerlei Erwerbstrieb, verschläft und verträumt seine Tage, weil er sich lieber nachts herumtreibt. In seiner Realität scheint er deshalb auch keinerlei gesellschaftliche Anerkennung zu finden, weshalb er sich eine Parallelwelt erträumt. Dort trifft er am Tresen des Vergessens immer häufiger einen Juffin Halli. Die beiden fangen an, sich zu mögen und Halli schlägt Frei schließlich vor, komplett in diese Traumwelt überzuwechseln. Erstaunlicherweise gelingt dem Nichtsnutz ein vollständiger Weltenwechsel, zumindest glaubt er es.
Was Max Frei an Echo, der Heimat Hallis reizt, ist das Angebot, das er von diesem erhalten hat: Mitglied der Geheimpolizei zu werden. Nach einer kurzen Einarbeitungsphase, während der sich Frei auch an die zahlreichen skurrilen Phänomene und die geckenhafte, aber überaus praktische Mode Echos gewöhnt, bekommt er ein eigenes Haus zugewiesen. Im Gegensatz zu den meisten Bewohnern Echos, unter denen Rang und Status auch nach der Anzahl von Badezimmern gemessen werden, begnügt sich Max Frei mit drei Nasszellen - weniger als ein Gefängnisse erwarten kann. Innerhalb kürzester Zeit löst Frei, der Fremdling, jedoch zig mysteriöse Mordfälle und gewinnt erheblich an Prestige.
Aufwachen, Frei!
"Das Echo-Labyrinth - Der Fremdling" ist ein seltsames Buch. Es erschwert selbst interessierten Lesern den Zugang zu seiner Geschichte durch eine schwerfällige Handlung, die dennoch voller sprunghafter Ideen steckt. Fast so, als hätten die Autoren während langer Phasen des Brütens immer wieder abgedrehte Einfälle gehabt, was ihrem Protagonisten Max Frei in der Traumwelt von Echo passieren könnte. Das Ganze wirkt dadurch sehr gewollt und fahrig, bisweilen auch surrealistisch. Auf alle Fälle anstrengend zu lesen.
Frei flieht immerhin vor der Realität, in der er nichts erreichen kann oder will, in das imaginäre Echo, wo er haarsträubende Erlebnisse hat und sich diverse Meriten erwirbt. Inwieweit das Buch vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Situation in Russland gewertet werden kann, mögen andere beurteilen, ebenso die mit Sicherheit reichlich vorhandenen Anspielungen.
Klar ist, dass Max Frei für russischen Fantasy-Fans eine Kultfigur ist. Um diesen Status zu übertragen, müssten die beiden Künstler-Autoren Martynchik und Stepin ihrer Kunstfigur jedoch mehr Leben einhauchen. Sonst bleibt er ein Fremdling.
Max Frei, Blanvalet
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