Shadowmarch
- Klett-Cotta
- Erschienen: Januar 2007
- 2
Ein großer Erzähler
Endlich erscheint mit "Das Spiel" der zweite Teil von Tad Williams opulenter Fantasy-Trilogie ";Shadowmarch";. Am Ende des ersten Bandes stand der Kontinent Eion kurz vor der beginnenden Vernichtung, das Leben aller Hauptfiguren hatte sich grundlegend verändert. Was wurde aus den Southmarch-Erben Barrick und Briony? Welche Rolle fällt der jungen Qinnitan zu und in welche weiteren Abenteuer wird sich der Funderling Chert Blue Quartz stürzen müssen?
Flucht ins Ungewisse
Die ehemalige Novizin im Bienentempel Qinnitan flieht mit dem stummen Jungen Pigeon aus dem Harem des Autarchen. Auf dem Schiff des Kapitäns Axamis Dorza gelangen sie nach Hieosol. Als Capitän Dorza ihre wahre Identität als 100. Ehefrau des Monarchen von Xis erkennt, weist er sie aus seinem Haus. Qinnitan und Pigeon sind froh, dass sie beide in die Dienerschaft der Citadelle von Hierosol aufgenommen werden. Unterdessen schickt der Autarch den kaltblütigen Mörder Daikonas Vo auf die Spur des Mädchens. Prinzessin Briony und der gerade aus dem Verlies befreite Shaso fliehen in die Heimat des ehemaligen Waffenmeisters, nach Landers Point zum Kaufmann Effir dan Mozan. Doch in den Mauern des geschäftigen Anwesens lauert der Verrat.
Weg in die Schatten
Nach dem verlustreichen Kampf gegen die Armee der Quar, begleitet Ferras Vansen Barrick in die Zwielichtlande, ohne zu wissen, was den Prinzen dorthin treibt. Bevor der Hauptmann endgültig an seinem Verstand zweifelt, gewinnen sie seltsame Verbündete: den ständig plappernden Raben Skurn und einen umso verschwiegeneren Quar. Lediglich Barrick scheint diesen mundlosen Fremden Gyir zu verstehen. Was die ";Sonnenländler"; über die Historie und die Mächtigen der Zwielichtlande erfahren, ist von Verzweiflung, Trauer und Grausamkeit geprägt. Anscheinend führt sie der Prinz tief in eine unvorstellbare Geisterwelt, wie aus einem furchtbaren Albtraum. Wird diese Reise die Gründe dafür offenbaren, warum die Quar die Burg Southmarch bisher nicht zurückerobert haben?
Hierosol - Frontlinie zum Kontinent
Der Autarch greift die als uneinnehmbar geltende Zitadelle von Hierosol mit Kriegswaffen bisher unbekannter Schlagkraft an. Das primäre Ziel des Predators ist unmissverständlich: Die Eroberung des Kontinents Eion. König Olin ist nach wie vor Gefangener des Lordprotektors von Hierosol, Ludis Drakava, und auch die in der Wäscherei untergetauchte Qinnitan kann vor den Kämpfen nicht fliehen. Auch die Pläne des Gottkaisers scheinen weit über eine Invasion hinaus zu gehen.
Unähnliche Zwillinge
Der Leser kann sich im zweiten Teil auf die aus ";Shadowmarch"; vertrauten Charakter und auf einige interessante neue Figuren freuen. Besonders Brionys Charakterentwicklung profitiert vom Zusammenspiel mit interessanten Persönlichkeiten, die sie jeweils ein Stück begleiten. Hier wurden einige Dialoge mit Witz und Ironie aufgepeppt, was die sonst sehr düstere Atmosphäre angenehm auflockert. Barricks Charakter bleibt auch in ";Das Spiel"; schwierig und unberechenbar. Seine zentrale Bedeutung im Gesamtbild wird allmählich deutlicher, Sinn und Ziel seines leidvollen Wegs bleiben jedoch ein Mysterium.
Woher kommen diese vielen, guten Ideen?
Der Autor bietet bei der Gestaltung der Quar-Völker ein wahres Feuerwerk der Ideenvielfalt dar. Unterschiedlichste, mehr oder weniger humanoide Figuren, die jeweils ihre eigene Evolution und Historie durchlaufen haben, bevölkern die Zwielichtlande. So verfügt Gyir, der wichtigste Kundschafter der Quar-Fürstin Yasammez, weder über Mund noch Nase, doch ist er mit telepathischen sowie seherischen Kräften ausgestattet. Andere Quar-Figuren sind Gestaltwandler oder gar tierähnliche Individuen. Die Halbgötter bilden eine weitere faszinierende Gruppe von Akteuren, ihr Schicksal ist mit den alten Götter-Sagen verbunden, die wohl erst im letzten Teil der Saga aufgeschlüsselt werden.
Ein in jeder Hinsicht opulentes …
Im zweiten Teil der ";Shadowmarch";-Trilogie läuft Tad Williams, was die Anzahl der Subplots angeht, wieder zu der aus der ";Otherland";- Saga gewohnten Hochform auf. Konzentrierte sich der erste Teil im Wesentlichen auf die Südmarkburg und Xis, so haben wir es hier mit einer Fülle von verschiedenen Schauplätzen und Personen zu tun. Die Handlung in ";Das Spiel"; springt immer wieder von einem Ort zum anderen und wird aus den ständig wechselnden Perspektiven der verschiedenen Akteure erzählt. Dadurch wirkt die Erzählung teilweise zwar etwas gehetzt, das Gefühl, den Überblick zu verlieren, stellt sich jedoch nicht ein. Williams schafft zahlreiche Verknüpfungen zwischen den Handlungsebenen und deutet immer wieder Zusammenhänge an, was das ohnehin hohe Spannungsniveau zusätzlich erhöht; man ertappt sich manchmal dabei, ein paar Seiten weiterzublättern, um den gerade unterbrochenen Handlungstrang weiterzulesen.
Tad Williams hat "Das Spiel"; mit einem übergeordneten Erzählrahmen versehen, quasi als roten Faden. Dafür setzt er als Stilmittel Intros ein, jedes Kapitel einleiten. Die eingeflochtenen Verse aus vorzeitlichen Göttersagen haben dabei mehr als nur begleitenden Charakter, denn ihr Inhalt fügt sich immer mehr in die Geschichte ein.
…Fantasy-Werk eines großen Erzählers
Wie dichter Bodennebel durchzieht eine düstere Grundstimmung "Das Spiel", eingefügte tragische Erzählungen aus der Historie Eions, aber auch die Brutalität mancher Szenen beschwört sie geradezu herauf. Aufgrund der Ereignisfülle ist die Atmosphäre in ";Das Spiel"; allerding nicht ganz so dicht wie in anderen Werken des Autors. Landschaftsbeschreibungen, Lieder, Gedichte und Geschichten, die nicht unmittelbar die Handlung vorantreiben, gibt es auch in der ";Shadowmarch"; Trilogie, wenn auch nicht so ausführlich und häufig, wie etwa in der ";Osten Ard";-Saga.
Tad Williams stellt auch mit diesem Roman nicht nur seine unerschöpfliche Fantasie, sondern auch seine hohes erzählerisches Können unter Beweis, dessen sprachliche Nuancen jedoch im Original am besten zur Geltung kommen.
Überwiegend trifft die deutsche Übersetzung von Cornelia Holfelder-von der Tann den flüssigen, mitreißenden Erzählstil Tad Williams. Besonders hervorzuheben ist, dass die klassischere Sprache, der biblische Tonfall der Intros gut herüber kommt.
Die Übersetzung von "Fairy Folk" zu "Elbenvolk" mag etwas gewöhnungsbedürftig sein, da der Begriff sehr stark mit Tolkiens Fantasy-Welt verbunden wird. Dennoch passt der Begriff, wenn man ihn im Sinne von "magisches Volk" verwendet, da er eher eine Rasse mit verschiedenen Völkern, die außergewöhnliche Fähigkeiten haben, beschreibt.
Tad Williams, Klett-Cotta
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