Furioses Finale eines langen Weges
";Heldensturz";, der letzte Band von James Barclays Söldnerzyklus ";Die Legenden des Raben"; hat eine schwere Aufgabe: Er muss eine Vielzahl offener Fragen beantworten und inhaltliche Fäden zusammenführen, die sich der Autor bis zum Schluss aufgespart hat - und dabei das beeindruckende Tempo der unmittelbaren Vorgänger aufrecht erhalten, die den Leser inmitten der Wirren eines scheinbar aussichtslosen Krieges zurückgelassen haben.
Endzeitstimmung auf Balaia
Der Kontinent Balaia ist inzwischen fast vollständig von den Dämonen überrannt, die noch immer aus dem Dimensionsriss am Himmel über der Magierstadt Xetesk strömen. Die vier Magierkollegien des Kontinents sind belagert und beinahe ausgelöscht und die Menschen außerhalb der noch verteidigten Städte nurmehr Vieh für die neuen dämonischen Herrscher, die sich von ihren Seelen ernähren.
An diesem Punkt muss der Rabe, die legendäre und mittlerweile doch recht müde gewordene Söldnergruppe um den Barbaren Hirad und den Unbekannten, ein letztes Rennen gegen die Zeit gewinnen, um die letzten Kräfte Balaias zusammen zu ziehen. Selbst der traditionelle Erzfeind der Kollegien und des Raben, die wilden Paleonstämme aus dem Westen des Kontinents, müssen schließlich einer Allianz zustimmen, da die Dämonen nicht nur Balaia sondern auch andere Dimensionen bedrohen - nicht zuletzt das geheimnisvolle Reich der Toten und die Dimension der Drachen um Sha-Kaan.
Es gibt nur eine letzte Chance für die Völker Balaias: Der Rabe muss in die Heimatwelt der Dämonen, um den Dimensionsriss dort zu verschließen.
Die alten Helden sind müde
Wie von Barclay zu erwarten entwirft er für den abschließenden Band seines zweiten Zyklus’ um Balaia und den Raben ein wahrhaft imposantes Schlachtengemälde, in dem es für Leser und Protagonisten selten genug einen Augenblick zum Luftholen gibt.
Das mag zum Teil daran liegen, dass der vorliegende deutsche Band nur die zweite Hälfte des englischen Originals ";Demonstorm"; ist (die erste läuft im Deutschen unter ";Drachenlord";), zum anderen aber auch an Barclays bekanntem Hang zu ausgedehnten und detaillierten Gefechtsszenen. Dabei schafft er es jedoch, sogar Leser mit ausgeprägter Abneigung gegenüber High-Fantasy - wie den Rezensenten - in seinen Bann zu ziehen. Gerade weil seine Protagonisten nur noch wenige freiwillige, heroische Anwandlungen haben und sich danach sehnen, die ihnen auferlegte Bürde endlich niederlegen und ihren in den vergangenen 11 Bänden arg geschundenen Körpern endlich Ruhe zu gönnen. Und auch, weil Barclays Geschichte bei aller Magie immer in erstaunlich logischen, fast wissenschaftlichen Bahnen verläuft, ohne dabei zu technisch oder hochphilosophisch zu werden. Wofür allein schon die trockene Art seiner Protagonisten sorgt.
Die Relativität von Gut und Böse
Die Tatsache, dass sich die Helden, die Mitglieder des Raben, mehr recht als schlecht durch den Krieg schleppen und sich durchaus der Tatsache bewusst sind, dass ihre besten Tage schon lange vorbei sind, macht hier viel vom Reiz des abschließenden Bandes aus.
Hinzu kommt, dass Barclay mit seinen Charakteren nicht gerade zimperlich umgeht und selbst liebgewonnenen Figuren oft genug weder das Überleben noch ein echter Heldentod gegönnt werden. Gerade dadurch aber schafft er einen immense Spannung in seiner Geschichte: es ist tatsächlich nicht sicher, dass am Ende alles gut ausgehen wird.
Sicherlich ist das Buch an sich keine Offenbarung des Genres, aber es ist deutlich mehr als solide und ein gelungener Abschluss einer langen Serie, in dem es Barclay einmal mehr schafft, die Sympatien und Antipatien des Lesers schwanken zu lassen. Vor allem, indem vormals ";böse"; Charaktere im Licht der Notwendigkeiten des Krieges plötzlich weit verständlicher wirken und nicht alle Entscheidungen der ‚Guten’ einwandfrei scheinen.
Ohne dabei allzu moralisch zu werden, lässt er den Leser (von Barclay selbst im Lauf der beiden Serien) sorgsam aufgebaute Feindbilder in sich zusammen fallen, was dem Zyklus zum Schluss durchaus noch einmal gut tut.
Gelungener Abschluss eines gelungenen Zyklus’
So bleibt am Ende keiner der vielen Erzählstränge der Saga mehr offen und dem Leser das befriedigende Gefühl, einen absolut runden (wenn auch insgesamt recht kampflastigen) Schluss einer gelungenen Fantasyserie erlebt zu haben.
James Barclay, Heyne
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