You Don't Have to Be Evil to Work Here, But It Helps
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- Erschienen: Januar 2006
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Zur Hölle mit der Arbeit
Wer schon immer der Meinung war, dass der Antichrist persönlich das Vertragsrecht und die Verwaltungsmethoden großer Firmen auf die Menschheit losgelassen hat, der sollte Tom Holt lesen. Nicht nur, um seinen Meinung bestätigt zu sehen, sondern auch, um sich dabei kugelig zu lachen.
Die Unternehmen J. W. Wells & Co. sowie Hollingshead and Farren haben Probleme. Erstere ist gerade einer feindlichen Übernahme zum Opfer gefallen, zweitere kämpft um ihr Überleben. Während bei Wells & Co. Die Auditoren der neuen Besitzer sämtliche Unternehmensprozesse und Mitarbeiter unter die Lupe nehmen, geht das Tagesgeschäft jedoch weiter. Ein aktueller Kunde der Beratungsfirma ist Hollingshead and Farren, deren Produktion von sanitären Verbindungsstücken kaum noch etwas abwirft. Inhaber Hollingshead Senior unterschreibt deshalb einen Vertrag zur Bereitstellung von ausgesprochen billigen Leiharbeitern, um seine Gewinnkurve nach oben drücken. Hollingshead Junior, von seinem Vater permanent drangsaliert, ist aber eher an Frauen als an Vertragswerken interessiert.
Und was ist daran phantastisch? Ganz einfach: Wells & Co. ist keine normale Unternehmensberatung, sondern eine mit einem ausgesprochen unirdischen Dienstleistungsportfolio. Wer ein Haus kaufen möchte, dass nur alle 50 Jahre in Schottland materialisiert, wer seinen Reaktor von Balrogs freihalten möchte, Überweisungen an seine verstorbenen Verwandten tätigen will oder wer schlicht dem Teufel seine Seele zu verkaufen plant - die Zauberer und Hexen von J. W. Wells & Co. arbeiten zur Zufriedenheit ihrer Kunden.
Meistens jedenfalls, wie der junge Hollingshead feststellt. Denn während er über die behuften Maschinendreher in der Firma seines Vaters staunt und mit dem diabolischen Vertragskoordinator namens Oscar auszukommen versucht, widerfahren ihm Missgeschicke am laufenden Band. Er stellt fest, dass sein Vater nicht die eigene, sondern die Seele seines Sohnes an den Fürsten der Finsternis verpfändet hat, um die Firma vor dem Konkurs zu retten. Dann schüttet ihm jemand einen Liebesfilter in den Tee und er verfällt ausgerechnet der Frau, die den unseligen Vertrag mit dem Teufel ausgehandelt hat. Und schließlich fällt er versehentlich durch die Tür, die direkt in die Hölle führt und der freundliche Chinese am Empfang teilt ihm mit, dass er in fünfzehn Minuten seinen Vertragsbestandteil erfüllen muss. Wenn da nicht die unermüdliche und resolute Connie Schwartz-Alberich (Holt hat die Siegfried-Sage gelesen) wäre. Obwohl die neuen Besitzer von Wells & Co. sie gefeuert haben, holt sie für den ganzen Laden die Kohlen aus dem Höllenfeuer.
Vergnügliche Persiflage
Tom Holt ist neben Terry Pratchett einer der großen im Subgenre der komischen Fantasy. Wie der Autor der Scheibenwelt-Romane hat er dutzende von Büchern veröffentlicht und erfreut sich bei seinen Fans einer kultischen Verehrung. Während Pratchett jedoch die Absonderlichkeiten unserer Welt in die Fantasy überträgt und diese damit parodiert, benutzt Holt Fantasy-Elemente, um unsere Realität zu verspotten.
Während die Handlung einen hin und wieder anstrengenden Screwball-Comedy-Charakter hat, sind fast alle Dialoge, Kommentare und Situationen komisch bis hin zur Absurdität. Büromenschen erkennen sich und ihre Kollegen wieder, lachen über die persiflierten Formalismen moderner Unternehmensführung und wünschen sich magische Mittel, um die tägliche Aktenflut einzudämmen.
Nebenbei ist "You don't have to be evil to work here, but it helps" auch noch eine 302 Seiten lange und höchst vergnügliche Lektion in englischer Umgangssprache. Aber aufgepasst: Der Teufel steckt im Detail.
Tom Holt, -
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