Midnighters - Die Erwählten
- Kosmos
- Erschienen: Januar 2007
- 1
25 Stunden und 13 Buchstaben
Tridecalogismen sind Wörter mit dreizehn Buchstaben, "Hollywoodstar", "zweckentleert" und "Prosopolepsie" fallen in diese Kategorie. Vor diesen Wortungetümen (13 Buchstaben) fürchten sich die unmenschlichen Bewohner der 25. Stunde derart, dass sie sich kreischend ins Dunkel zurückziehen. Man kann einen Tridecalogismus also als veritable Verbalinjurie (13 Buchstaben) bezeichnen - allerdings wirkt er nur, wenn ein "Midnighter" ihn ausspricht.
Wogegen diese Langwörter ihre bannende Kraft entfalten, das erfährt Jessica Day, nachdem sie mit ihrer Familie von Chicago nach Bixby, Oklahoma, gezogen ist. Ein Kaff, wie es im Buche steht, wenn da nicht diese seltsame Zeitstarre zwischen 00:00 und 01:00 Uhr wäre, die blaue "Midnight" oder geheime Stunde. Was ihr anfangs wie ein wunderbar entrückter Zustand ohne Erwachsene große Freude bereitet, wird jedoch schnell zu echten Gruselstunde: Seltsame bedrohliche Wesen, die Darklinge, schleichen und fliegen durch die blaue Stunde, und sie wollen ihr an den Kragen.
Zu ihrer Beruhigung gibt es aber noch andere Menschen, die durch die 25. Stunde des Tages ziehen: Rex, der Seher, Melissa, die Gedankenleserin, Dess, die Zahlenbegabte und Jonathan, dessen quasi-Flugbegabung Jessicas besonderes Interesse weckt. Was sie nicht weiß und wovon die anderen auch noch keine Ahnung haben, ist die besondere Gabe, die sie besitzt und die der ganzen Gruppe beim Kampf gegen die Darklinge helfen wird. Innerhalb einer Woche, die den zeitlichen Handlungsrahmen des ersten Buches "Die Erwählten" wiedergibt, baut sich nicht nur ein sehr dynamisches Gruppenverhältnis der Midnighter auf, sondern es wird auch klar, dass die Bedrohung wächst.
Im zweiten Teil der Trilogie "Das Dunkle" öffnet Scott Westerfeld die Tür zur Welt der Midnighters ein Stückchen weiter. Die Gruppe erfährt viel über sich selbst, die nicht besonders rühmliche Vergangenheit so mancher ihrer Vorgänger, warum sie in der blauen Stunde wandern können und woher die Darklinge kommen. Zu ihrem Erstaunen gab es sogar einst eine allerdings eher unheilige Allianz zwischen Monstern und Menschen. Umso größer ist ihr Entsetzen, als Rex nach einer Begegnung der dritten Art auf die Seite der Darklinge wechselt.
Im Abschlussband "Der Riss" zieht das Tempo der Geschichte noch einmal deutlich an. Als die blaue Stunde plötzlich mitten am Tag eintritt, ist den Midnighters klar, dass die Grenzen langsam fallen und ein heftige Auseinandersetzung mit den Darklingen bevorsteht. Showdown ist passenderweise an Halloween, als die beschauliche Existenz Bixbys auf Messers Schneide steht.
Kopfkino und Charakter
Wer "Buffy" oder "Heroes" mag, der wird auch diese Mystery-Trilogie verschlingen. Die Atmosphäre der blauen und düsteren Extrastunde ist fast greifbar, Westerfeld baut die Spannung Kapitel für Kapitel auf und versieht die ganze kompakte Geschichte dabei mit wachsender Detailfülle. Dabei verrät er aber gerade genug, um nach dem offenen Ende des dritten Teils noch Platz zu lassen für einen möglichen vierten Band.
Besonders die Interaktion der Midnighters und der Charakteraufbau der einzelnen Gruppenmitglieder ist plausibel. Während die Jungen irgendwie nur der Vollständigkeit halber dabei sind, stechen besonders die Mädchen hervor. Ihre Charakterisierungen sind lebendig, ihre Eigenschaften und Veränderungen konsequent, Westerfeld öffnet ihnen keine Ego-Hintertürchen, durch die sie schnell schlüpfen könnten, um eventuelle Handlungsunschärfen auszugleichen. Auch der Konflikt zwischen Jessica und ihrer jüngeren Schwester ist lebendig und "echt".
So herrscht zwar kein Mangel an Action, die eher Jungen ansprechen würde, doch das Zielpublikum dieser Trilogie ist klar weiblich. Nach der Lektüre von "Midnighters" sind einem zwei Dinge klar: 1. Scott Westerfeld schreibt großes Kopfkino; 2. Mädchen lesen mehr als Jungen. Auch Mysterybücher (13 Buchstaben).
Scott Westerfeld, Kosmos
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