Die Hitze des Blutes
- Goldmann
- Erschienen: Januar 1993
- 1
Gute Ideen - aber zu gefällig, um wirklich zu schocken
„Die Hitze treibt die Irren aus dem Gebälk wie Ameisen aus einem brennenden Baumstamm; die Psychosen quellen ihnen nur so aus den Poren. Die Essenz ihres Irrsinns wird vom Wind aufgenommen und über die Stadt getragen. Sie vergiftet die Bevölkerung, bis jeder dort leicht wahnsinnig ist."
Adam Rossiter, ehemaliges musikalisches Wunderkind, lebt mehr schlecht als recht in New Orleans. Gelangweilt vom Leben und stets auf der Suche nach neuen spiritistischen Erfahrungen gerät er schon bald in den Dunstkreis einer Voudou-Gemeinde. Nach seinem Aufnahmeritus wendet sich das Blatt tatsächlich und neuer Erfolg bahnt sich an. Doch die weitere Beschäftigung mit dem Voudou ruft einen bösen Geist auf den Plan, der die Chance wittert, durch Rossiter wieder in die Welt der Menschen eintreten zu können.
In den Strudel der Ereignisse geraten auch Jere, ein Jugendfreund von Rossiter und Charlotte „Charlie" Calder, die sich in den Musiker verliebt. Doch allen Personen ist eine bestimmte Rolle in diesem Spiel vorausbestimmt. Die Figuren tanzen in der Gegenwart einen Tanz, der weit in der Vergangenheit begonnen hat.
Nancy Collins zweiter Roman nach „Der Todeskuss der Sonja Blue" weist deutliche Parallelen in Stil und Stimmung auf. Unvermittelt befindet sich der Leser mitten im Geschehen. Um Hintergrunde zu erhellen, benutzt Collins Rückblenden, sowohl der Figuren als auch in Form von Tagebucheinträgen. Diese Tagebucheinträge beschreiben lange zurück liegende Ereignisse, die nun in der Gegenwart zu den schicksalhaften Begegnungen der Figuren untereinander führen.
Die Menschen denken, sie seien wach, dabei träumen sie nur
Insgesamt wirkt der Roman etwas unentschlossen und unfertig. Aufbau und Verlauf der Geschichte sind gut ausgedacht und die Handlung ist nicht unnötig verlängert. Dennoch scheint es, dass Nancy Collins immer nur einen Teil des Weges geht. Um (den Horrorleser) wirklich zu schockieren, ist der Roman zu zahm. Um wirklich mit den Figuren zu fühlen, sind diese zu flach gezeichnet und um einen wirklich glaubhaften Handlungsverlauf zu vermitteln, wird zu sehr der Zufall bemüht. Am Ende wird auch noch unnötigerweise ein ganzer Pantheon an Voudou-Gottheiten bemüht, die den bösen Buben in seine Schranken weisen.
Die Kapitel, die Jeres Recherchen behandeln, sind dagegen ausgesprochen dicht und gut gelungen. Aus den Tagebucheinträgen zweier Personen muss sich Jere (und damit der Leser) die vergangenen Ereignisse zusammensetzen, die zu der gegenwärtigen Geschichte führen. Diese Abschnitte sind absolute Page-Turner und zweifellos das Highlight des Romans.
Nancy Collins hat sich mit „Der Todeskuss der Sonja Blue" als Hard-boild-Horrorautorin etabliert. Ein Versprechen, das „Die Hitze des Blutes" nicht einhalten kann. Ich kann mir das nur dadurch erklären, dass nach „Sonja Blue" möglichst schnell ein Nachfolger her musste, mit dem man seitens der Verlegerschaft so schnell wie möglich an den Sonja Blue-Erfolg anknüpfen wollte. Auch mit dem deutschen Titel wollte der Goldmann-Verlag wohl Assoziationen zu Nancy Collins Sonja Blue-Romanen wecken. Dennoch hat der Roman zu viel Drive, um wirklich zu langweilen.
Nancy A. Collins, Goldmann
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