Die Geheimnisse von Turai 1 - 3
- Blanvalet
- Erschienen: Januar 2006
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Ist Martin Scott eine Konkurrenz für Terry Pratchett?
Sind wir sie nicht allmählich leid, die sympathischen, muskelbepackten, strahlenden Helden gängiger Fantasy Epen? Oder die zunächst unerfahrenen, aber jederzeit untadelig agierenden Protagonisten? Nun, Martin Scotts Romane um den Detektiv Thraxas entsprechen diesen abgenutzten Klischees in keinster Weise.
Romane, die mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet wurden, halten für ihre Leser in aller Regel eine herausragende Lektüre bereit. Ich denke da etwa an den vor Jahren ebenfalls bei Goldmann erschienenen DER THRON DES DRACHEN von John M. Ford. So machte ich mich mit entsprechenden Erwartungen an die Lektüre des ersten enthaltenen Romans – Der Drachentöter – dem Preisträgers aus dem Jahr 2000.
Wir erinnern uns, dass in der Fantasy Reihe des Goldmann / Blanvalet Verlages seit Jahren die recht erfolgreiche Fantasy-Detektivreihe um die ";Rätsel von Karenta"; von Glen Cook läuft. Nun, der Grundaufbau vorliegenden Romans ist sehr, sehr ähnlich strukturiert, sinnigerweise hat man gleich den guten Übersetzer der Karenta Bände mit ins Boot genommen – ein Erfolg scheint also vorprogrammiert.
Ein dicker Säufer als Held – kann das gut gehen?
Turai, ein Stadtstaat, der geprägt ist von Korruption, Verbrechen und schmutziger Politik, ist der Handlungsort. Mitten drin in diesem Schmelztiegel aller Rassen lebt unser nicht mehr ganz junger Protagonist, Thraxas mit Namen. Seiner Jugend entfleucht, hat er den Krieg gegen die Orgks lebend überstanden, das Interesse an der holden Weiblichkeit verloren, und gibt sich nun ganz der Freuden der Völlerei und des Suffs hin. Um die laufenden Rechnungen und seine Wettschulden zu zahlen, nimmt der ehedem in königlichem Auftrag ermittelnde Detektiv jedoch weiterhin gezwungenermassen Aufträge entgegen. Mit seinem schwachen magischen Kräften, seinem enormen Appetit und entsprechendem Lebendgewicht findet er sich unversehens in eine gar verzwickte Angelegenheit höchster politischer Auswirkung verwickelt.
Für die Tochter des Königs soll er kompromittierende Liebesbriefe wieder beschaffen. Pech, dass der Exliebhaber der Prinzessin just kurz vor Eintreffen Thraxas' am Tatort ermordet wird. Dann soll er auch noch das magische Elfentuch gestohlen haben, den Kronprinzen vom Verdacht des Drogenschmuggels reinwaschen, und die Invasion der Stadt durch verfeindete Truppe aufhalten. Zuviel für einen dem Bier verfallenen Mann – darum erhält unser Thraxas auch tatkräftige Hilfe von seiner leichtbekleideten Freundin Makri, tagsüber Bedienung in seiner Stammkneipe, abends Studentin der Philosophie und eine der besten Schwertkämpferinnen des Reiches.
Was sich in der Zusammenfassung nach einem munteren Plot anhört, das hat mich zumindest letztlich doch etwas enttäuscht. Zu sehr sah ich mich an Glen Cooks Karenta-Saga erinnert, ohne dass Martin Scott letztendlich solch faszinierende Personen kreiert hat wie Cook. Nun soll dies nicht heissen, dass der Roman nicht spannend zu unterhalten wüsste. Die gebotenen Ingredienzien hat der Autor mit Bedacht ausgewählt, die Ereignisse entwickeln sich logisch fort, die Auflösung der Rätsel ist folgerichtig und überraschend. Nur hatte ich bei der Lektüre immer ein Déjà-vu Gefühl, etwas Ähnliches schon einmal und besser gelesen zu haben. Vielleicht hat der Autor auch gar ein wenig zu viele Mysterien in seinen Plot eingebaut. Nun, auch Cook hat ein paar Romane gebraucht, bis er sein Panoptikum an skurrilen Gestalten zusammenhatte. Schauen wir also, was der zweite Roman für uns bereit hält.
Auf zum zweiten Teil – kurz und knackig
Im zweiten Teil kennen wir einige der Handelnden bereits, auch das Setting ist uns schon ein wenig bekannt, und so war es kaum eine Überraschung, dass sich das Buch flüssiger las, als sein Vorgänger. Was nach wie vor – verglichen zu Cook – fehlt, das ist die spannende Rahmenhandlung des Krieges, und auch die Gestalten rund um Thraxas sind eher dem Gewohnten entnommen. Die Handlung: es ist heiss in Turai, der Sommer dörrt die Kehlen aus, und Thraxas, finanziell nach seinem letzten erfolgreichen Auftrag noch ganz gut ausgestattet will nur eines – die Sommermonate in bierseliger Laune faulenzend verbringen. Doch erstens kommt es anders, als man zweitens meistens denkt. Ein Bildhauer wird ermordet, ein Zauberer auch, und wo ist die überlebensgrosse Statue, an der der Bildhauer gearbeitet hat, abgeblieben? Als sich dann noch zwei rivalisierende Orden von Kampfmönchen und das lokale Verbrechersyndikat einmischen, weiss auch Thraxas, dass es um mehr gehen muss als um Mord… Wie schon erwähnt, liest sich dieser Roman runder als sein Vorgänger. Wir haben den grossen Vorteil, dass wir einen Teil der handelnden Personen bereits kennen, und auch die lokale politische Situation in Turai ist uns mittlerweile geläufig. Die Auflösung der Rätsel um die Morde selbst ist spannend aufbereitet, und in sich logisch. Wohltuend auch, dass der Autor sich kurz fasst – es müssen nicht immer Bücher mit 500 Seiten aufwärts sein, um die Leser fesselnd zu unterhalten. Scott bietet kurzweilige und manchmal lustige Unterhaltung ohne grossen Tiefgang, nicht mehr, nicht weniger.
Der dritte Roman – Der Herbst hält Einzug
Es ist Herbst in Turai, der Stadtmetropole. Herbst heisst, dass es nach wie vor schwül-heiss ist, aber zudem noch giesst wie aus Kübeln. Thraxas steht das Wasser buchstäblich bis zum Hals. Zunächst wird er wegen Beamtenbeleidigung verurteilt und all seines mühsam erworbenen Geldvorrats beraubt, dann wird er wegen Mord an einem Kriegshelden verhaftet. Schlimmer kann es eigentlich nicht kommen, doch dann findet man auf der Tatwaffe seine magische Aura, und er hat keine Mittel mehr, um seinem geliebtes Bier oder seiner Wettleidenschaft zu frönen. Was tut man nicht alles für Geld und gute Worte? Thraxis verpflichtet sich, grollend versteht sich, den verlorengegangenen Gebetsteppich des Orgkschen Rennwagenlenkers zu suchen. Erstmals nach dem Krieg nehmen am wichtigsten und bedeutensteen Rennen Turais sowohl ein Wagen der Orgks, als auch der Elfen teil. Klar, dass beim Aufeinandertreffen der drei Rassen jede Menge Emotionen im Spiel sind. Es gilt, inmitten sintflutartiger Regenfälle Morde aufzuklären, Verschwörungen und Intrigen zu durchschauen, und nicht zuletzt Wetten zu platzieren – Thraxas ist im Stress. Als dann aber sämtliche Rennen von krassen Aussenseitern gewonnen werden, ist es vorbei mit der Gemütlichkeit, unser zauberkundiger Detektiv stinksauer, hat er doch auf die Falschen gesetzt…
Der dritte Band mit den Abenteuern um unseren voluminösen, dem Gerstensaft sehr zugetanen Ermittlers zehrt im Wesentlichen von den ersten beiden Teilen. Ohne die Vorkenntnis der beiden vorhergehenden Titel wird es ein unbedarfter Leser schwer haben, sich zurechtzufinden. Die Handlung, insbesondere die Suche nach dem Täter gestaltet sich gelinde gesagt verwirrend. Zusammen mit seinem Helden irrt der Leser ein wenig orientierungslos durch das Setting. Während uns unser Protagonist und seine Helferin zunehmend vertrauter werden, und ans Herz wachsen, wirkt das Umfeld Turais mit den undurchsichtigen politischen Emporkömmlingen chaotisch und unüberschaubar. Die ständigen Kämpfe um Macht und Positionen schwemmen immer neue Politiker an die Hebel der Macht, neue Gegenspieler unseres Gerstenstaftanbeters.
Zu erwähnen noch die inzwischen gewohnt gute, stimmige Übersetzung von Wolfgang Thon, die aber auch nicht verhindert, dass mich die Lektüre leider nicht in jeder Hinsicht überzeugen konnte.
Martin Millar, Blanvalet
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