Männer - Bomben - Satelliten
- Pabel
- Erschienen: Dezember 1960
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Das Böse kreist am Erdenhimmel
Wieder einmal wird Christopher Burke, Captain der US Air Force, versetzt. Dieses Mal geht es auf eine weit jenseits der Küste im Pazifik gelegene Insel. Dort erwartet man ihn im streng geheimen Stützpunkt „Yoland Air Development Center“; das Kommando führt Oberst Jared Rikeman, der nichts auf der Welt so fürchtet wie die tückischen Umtriebe des sowjetischen Erzfeindes!
Der hat gerade einen supertechnisch aufgerüsteten Spionagesatelliten in den Erdorbit geschossen, dessen Kameras jedes militärische Geheimnis der USA aufdecken können! Noch schlimmer: Drei weitere Raketen sind kurz darauf gestartet. Ihre Fracht besteht aus Wasserstoffbomben. Die roten Teufel werden diese im All stationieren, um sie - unerreichbar für die erdgebundene Abwehr - auf die braven Bürger des freien Westens herabregnen zu lassen!
Diese Bedrohung muss im Keim erstickt werden, ohne einen Dritten Weltkrieg zu provozieren. Deshalb greift das US-Militär auf eine Guerilla-Taktik zurück: Drei für den Einsatz im Weltraum ausgebildete Männer sollen heimlich ins All fliegen und durch Sabotage dafür sorgen, dass dort oben wieder Gleichstand einkehrt! Burke wird als Pilot dabei sein und die Aktion überwachen.
Der Start gelingt, doch die Realität des Weltalls stellt die Männer vor harte Herausforderungen. Zudem haben die Sowjets Wind von der Attacke bekommen. Um ihre Satelliten-Bomben zu schützen, schicken sie einige Kosmonauten in den Orbit. Sie sollen die lästigen - zudem unbewaffneten - Kapitalisten jagen und ausschalten. Selbstverständlich weichen diese nicht zurück, sondern gehen zum Gegenangriff über, obwohl dies ihre Treib- und Sauerstoffreserven aufzehrt, sodass an eine Rückkehr zur Erde nicht mehr zu denken ist ...
Blickt nach Osten und nach oben!
Jefferson Howard Sutton (1913-1979) wurde quasi für krude Garne wie dieses geboren. Ab 1932 war er Soldat und diente bis 1936 im US-Marine-Corps. Anschließend arbeitete er als Fotoreporter, wurde 1941 als ausgebildeter Soldat erwartungsgemäß eingezogen und kämpfte u. a. im Pazifikkrieg. Hauptberuflich war Sutton ab 1960 Schriftsteller. In der Science Fiction hatte er zwei Jahre zuvor mit dem Roman „First on the Moon“ (dt. „Mondbesatzung funkt SOS“) erfolgreich debütiert.
Sutton schilderte die Weltraumfahrt einer nahen Zukunft quasi dokumentarisch. Zudem ließ er eine Gegenwart einfließen, die durch den Kalten Krieg mit dem Ostblock geprägt wurde. Letzterem war die Rolle des Neidhammels und Bösewichts zugewiesen. Dieser Weltsicht blieb Sutton treu, was ihm ein entsprechend gepoltes Publikum sicherte. Überhaupt beschrieb er die Zukunft aus US-amerikanischer Sicht; so nahm er schon 1963 die von Präsident John F. Kennedy angekündigte Mondfahrt als abenteuerliche und ungeachtet aller Zwischenfälle natürlich erfolgreiche Mission („Apollo at Go“; dt. „Apollo auf Mondkurs“) vorweg.
„Männer - Bomben - Satelliten“ fügt sich in Suttons Werk ein, passt aber auch perfekt ins Programm des deutschen Pabel-Verlags: In seiner noch jungen Taschenbuch-Reihe erschienen reichlich revanchistische, Deutschlands Rolle im Zweiten Weltkrieg verklärende „Tatsachenromane“ und „Sachbücher“ im „Landser“-Stil. Hier wurde kräftig gegen die roten Teufel aus dem Osten vom Leder gezogen, die irgendwie am Nazi-Desaster die Hauptschuld trugen; so quoll es jedenfalls (meist) mehr oder weniger deutlich zwischen den Zeilen hervor.
Seid wachsam und reiht euch ein!
Das alte Feindbild war auch das neue, als nach 1945 der „Kalte Krieg“ ausbrach. Die USA und die Sowjetunion (sowie ihre jeweiligen Verbündeten) belauerten einander in einem nie offen ausbrechenden Konflikt, der aufgrund der atomaren Hochrüstung im Untergang der Menschheit gegipfelt hätte. Stattdessen spionierte man sich aus, betrieb eine Politik der Nadelstiche und testete, wie weit man gehen konnte, ohne den Gegner zum Äußersten zu reizen.
Der Kalte Krieg prägte nicht nur die Politik, sondern griff auch tief in den Alltag der US-Bürger ein. In der Unterhaltungskultur spiegelte er sich in einem Subgenre wider, das eifrig die Bedrohung und Unterwanderung von ‚drüben‘ sowie die Invasion aus dem blutroten Schurkenstaat thematisierte. In den Medien, in Kino und Fernsehen und selbstverständlich in der (Trivial-) Literatur wurden die US-Bürger auf mögliche Szenarien eines Dritten Weltkriegs vorbereitet. Schlimm würde es werden, aber man konnte überleben, wenn man beherzigte, was Regierung und Behörden vorgaben.
Sutton gehört aus heutiger Sicht zu denen, die diese Propagandatrommel laut und plump rührten. „Die Roten“ sind für ihn hinterlistige, lemminghafte und ideologisch programmierte Mörder, die vor keiner Gemeinheit zurückschrecken: Burke hat den Inselstützpunkt noch gar nicht erreicht, da wird vom aus trüben Quellen informierten Feind ein Attentat auf ihn verübt; weitere (Selbstmord-) Attacken folgen. Aber ein wahrer US-Mann lässt sich nicht von seiner Pflicht abhalten! Der eigentliche Schreck fährt Burke in die Glieder, als Oberst Rikeman ihm eindringlich die technische und militärische Überlegenheit der Sowjets vor Augen führt. In All fliegen wird er auf jeden Fall, auch wenn die Überlebensquote für den geplanten Einsatz nur bei 5% liegt!
Kreisen, entschärfen, kämpfen!
Begleiten werden Burke zwei ebenso tapfere Recken. Charakterlich sind sie farbenfroher als der ernste Burke geraten und bringen ein wenig Stimmung und Soldatenwitz ins Geschehen. Darüber hinaus sorgen sie für dramatische Spitzen und geben der Leserschaft vor, wie weit ein braver Mann - Frauen sind schutzbedürftig und bleiben auf der Erde - gehen muss, um den gesichtslosen Killer-Kosmonauten Paroli zu bieten! (Kannte Stanley Kubrick Suttons Buch, als er 1964 „Dr. Strangelove“, dt. „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ inszenierte und einen seiner überzeichneten Super-Patrioten auf einer fallenden Atombombe gen Moskau reiten ließ?)
Über weite Strecken und nicht von ungefähr wirkt „Männer - Bomben - Satelliten“ wie ein früher „Military-SF“-Roman. Sutton kennt sich in der Hierarchie der Streitkräfte aus und sprenkelt die Handlung mit einschlägigen Fachbegriffen - ein Kniff, der noch heute jene quasi-militärischer Abenteuergeschichten kennzeichnet, in denen US-Kampfmaschinen viperhaften „towelheads“ u. a. Terroristenpack die Felle gerben.
Hier wird das Alter dieses Romans am deutlichsten. Gut gehalten haben sich dagegen die Schilderungen einer Erdumkreisung. 1960 gab es noch keine bemannte Weltraumfahrt. Sutton nahm die Faszination des Blicks auf die Erde vorweg, der sich wenig später bestätigte. Dass er schreiben konnte, wird in Passagen deutlich, die jenseits des militärischen Blickwinkels daran erinnern, dass eine unglaubliche Welt ihre Besucher erwartete. Darüber hinaus verstand er es, dem Plot quasi filmische Spannung zu entlocken. „Männer - Bomben - Satelliten“ ist zwar kein Klassiker des Genres, aber ein literarischer Zeitzeuge, der ungeachtet seiner angestaubten Weltsicht lesbar geblieben ist.
Fazit:
Kalter-Krieg-Klischees und anti-kommunistische Propaganda werden durch eine gut erzählte und mit intensiven Beschreibungen einer fernen, wunderschönen Erde aufgewertete Handlung leidlich ausgeglichen: ein interessanter, Zeitgeist buchstäblich atmender Roman.
Jeff Sutton, Pabel
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