Rendezvous mit Übermorgen
- Bastei-Lübbe
- Erschienen: Januar 1991
- 3
Die Neu-Interpretation eines Klassikers
"Die Ramaner machen alles dreifach..."
...war der letzte Satz in dem Klassiker "Rendezvous mit Rama". Laut Arthur C. Clarke nur eine spontane Eingebung und kein Hinweis auf eine eventuelle Romantrilogie. 1989 war es dann doch soweit, mit dem Autoren Gentry Lee schrieb Clarke nun doch - entgegen früherer Dementi - eine Fortsetzung.
Eine zweite Chance
Das erste Anzeichen für außerirische Intelligenzen traf die Menschheit vollkommen unvorbereitet. Dadurch, dass der Kurs des plötzlich auftauchenden Schiffes das irdische Sonnensystem nur kurz streifte, blieb der Menschheit nicht viel Zeit eine Forschungsmission zu entsenden. Kurzerhand kontaktierte man also das am nächsten gelegene Schiff, welches eine Erforschung des fremden, auf den Namen 'Rama' getauften Raumschiffes, vornahm. Doch nach dieser ersten Mission blieben viele Fragen offen. Woher kam das Schiff? Wer hatte es erbaut? Und welchem Ziel flog es entgegen?
Als siebzig Jahre nach der ersten Rama-Mission wieder ein fremdes Schiff auftaucht, werden sofort umfangreiche Vorkehrungen getroffen. Diesmal will die Menschheit die Gelegenheit nicht verpassen, hinter das Geheimnis von Rama zu kommen und vielleicht sogar Kontakt mit der Intelligenz herstellen, die diese Schiffe vor langer Zeit auf ihre einsame Reise geschickt hat. Ein Team bedeutender Experten wird zusammengestellt.
Während sich die zukünftigen Astronauten also auf diese wichtige Mission vorbereiten, müssen sie sich auf der Erde mit ganz anderen Problemen herumschlagen. Nach einer langen Krise hat sich die Weltwirtschaft gerade erst erholt, viele Weltraumprojekte wurden völlig eingestellt. Um eine Finanzierung der neuen Mission zu ermöglichen, ist - wie stets in der Raumfahrt - eine positive Öffentlichkeitsarbeit von Nöten. Prädestiniert für diese Aufgabe scheint das Ex-Model Francesca Sabatini, die als Reporterin mit an Bord sein soll. Immer auf der Suche nach einer Sensation, mit der sie ihr Publikum bei der Stange halten kann, durchwühlt Francesca die Vergangenheit der bunt zusammen gewürfelten Crew. Ihre eigenen dunklen Geheimnisse versteht sie dabei jedoch gut zu hüten.
Auch der exzentrische David Brown sorgt für einige Unruhe in der Gruppe. Nach seiner Meinung ist niemand anderes als er selbst dazu in der Lage, das Team anzuführen. Seine Gegenspieler dabei sind Richard Wakefield, das unumstrittene Genie unter den Astronauten und die Schiffsärztin Nicole de Jardins, die "Stimme der Vernunft" in der bunten Riege von Exzentrikern und Eigenbrötlern.
Die schwere Bürde der Fortsetzung
Viele Hard-SF-Romane pflegen eine eher unterkühlte, steifmütterliche Behandlung ihrer Figuren. So auch in "Rendezvous mit Rama", dem ersten Buch der Reihe. Während in Band Eins zukünftige Astronauten mehrere Ehefrauen hatten, die sogar voneinander wussten und friedlich koexistierten, machen es sich die Autoren bei den zwischenmenschlichen Beziehungen in diesem Buch nicht ganz so einfach. Im Gegenteil, in Rama-Zwei menschelt es gewaltig. Die ersten zweihundert Seiten erzählen lediglich von den Missionsvorbereitungen und beleuchten zahlreiche Aspekte der vielschichtigen Figuren.
Natürlich stellt sich die Frage, ob ein Buch wie "Rendezvous mit Rama" überhaupt einer Fortsetzung bedarf. Am besten schneidet dieser zweite Band ab, wenn man ihn nicht als traditionelles Sequel betrachtet, sondern als einen alternativen Roman, eine Art "Rendezvous mit Rama B". Das Buch baut nur wenig auf den Ereignissen des ersten Bandes auf, muss sich dem zweifelhaften Ruf, den Romanfortsetzungen meist genießen, also kaum stellen.
Für diesen Band wurde die im ersten Buch beschriebene Zukunft etwas überarbeitet. Man hat beinahe des Gefühl, die Autoren hätten die gesamte menschliche Geschichte seit dem erste Zusammentreffen mit "Rama" konstruiert, bzw. umarrangiert, um die Bühne für das vorliegende Buch überhaupt erst zu schaffen. So ergeben sich durch die wieder konservativere Ausrichtung der Gesellschaft nach einer schweren Krise viele interessante philosophische Dilemma, wenn plötzlich die Existenz außerirdischen Lebens bewiesen wird. Jedoch meint man als Leser hierbei noch die unausgefüllten Fugen des literarischen Mosaiks ertasten zu können.
Ein Hauch von Hollywood
"Rendezvous mit Übermorgen" ist ein durchaus eingeständiges Buch. Mit einem Hauch von Hollywood- Dramatik erzählen die Autoren die Schicksale der markanten Charaktere. Neben den vielschichtigen und interessanten Figuren, die sich so manchem Dilemma und skrupellosen, menschlichen Gegner stellen müssen, verfolgt der Leser auch noch die spannende Erforschung des fremden Schiffes.
Alles in allem ein guter SF-Roman, voller im Gedächtnis des Lesers haften bleibender Ideen. Auf "Die nächste Begegnung" darf man gespannt sein.
Arthur C. Clarke, Bastei-Lübbe
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