Conan der Barbar: Die Entstehungsgeschichte des Kultfilms
- Cross Cult
- Erschienen: September 2023
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Einmal Barbar, immer Barbar
Sword & Sorcery
Fritz Reuter Leiber Jr. (1910 – 1992), selbst erfolgreicher Autor in den Bereichen Science-Fiction, Horror und Fantasy, prägte diesen in der Phantastik bekannten Subgenre-Begriff bereits 1961, als er in Genre-Magazinen „Amra“ und „Ancalagon“ seine eigenen Schöpfungen „Fafhrd und der Graue Mausling“ dieser für ihn namentlich äußerst passenden Fantasy-Sparte zuordnete. Wie auch seine Geschichten, wurde auch die neue Begriffsschöpfung von den Werken von Robert E. Howard (1906 – 1936) inspiriert, Schöpfer der bekannten Figuren „Kull“, „Solomon Kane“ und selbstverständlich „Conan der Cimmerier“. Ordnete man „Conan“ zuvor eher der heroischen Fantasy zu, wo der Fokus auf einem meist einsamen Helden in einem geerdeten Setting lag, definierte Leiber die Grenzen noch mal neu. Während Autor Michael Moorcock („Elric von Melniboné“) Howards Schaffen eher der epischen Fantasy zuordnete, in der es nicht selten um das Schicksal ganzer Welten geht und ähnlich der High Fantasy komplexere Geflechte verschiedenster Völker und Rassen beleuchtet, sind die Abenteuer der Sword & Sorcery charakterbezogen. Heute ordnet man „Conan“ & Co. auch gerne der Low Fantasy zu, obwohl in vielen Geschichten Magie und monströse Ungeheuer allgegenwärtig sind. Oft ist es ein schmaler Grat, irgendwelche Genre-Grenzen zu ziehen. Meist sogar – zumindest aus meiner Sicht – einfach Ansichtssache… und nicht selten von Story zu Story neu zu bewerten.
Mal was Neues wagen
Haha… eine Eigenschaft, die dem modernen Hollywood schon lange abhandengekommen zu sein scheint. Werden wir seit einigen Jahren mit Remakes, Reboots und generischem Einheitsbrei zugeschissen, gab es tatsächlich mal eine Ära, in der man in der Traumfabrik bereit war, Wagnisse einzugehen. Heute muss man interessante Stoffe abseits des uninspirierten Fast-Food-Mainstreams mit der Lupe suchen. Hat eine Produktionsfirma mal etwas zu viel Geld übrig bzw. ist bereit, für die Visionen kreativer Autoren und Regisseure etwas tiefer in die Tasche zu greifen, springen im Erfolgsfall die Trittbrettfahrer gleich scharenweise auf den Zug auf. Folge: Übersättigung beim Publikum. „Star Wars“, Superhelden, Legacy-Reboots… was bei den Zuschauern erst gut ankommt, kann schnell ermüdend und ausgelutscht wirken. Besonders dann, wenn keine frischen Ideen mehr folgen und immer nach dem gleichen Schema runtergekurbelt wird. Nun muss man aber auch anmerken, dass effektgeladene Mainstream-Streifen die Budgets von intellektuell angehauchten Arthouse-Filmen, kammerspielartigen Dramen oder Biopics nicht selten um ein Vielfaches übertreffen. Sollte ein solcher meist im Vorfeld schon als „Blockbuster“ angepriesener Multi-Millionen- Kracher dann an den Kinokassen krepieren, schmerzt es die Studios so richtig.
Dass es aber auch deutlich günstiger geht, hat zuletzt der japanische „Godzilla Minus One“ bewiesen… und Hollywood nicht nur die lange Nase, sondern auch den Finger gezeigt. Mit einem geschätzten Budget von ca. 15 Millionen US-Dollar (welches von Regisseur Takashi Yamazaki nochmals nach unten korrigiert wurde), spielte der Echsen-Knüller nicht nur weltweit mehr als 110 Millionen Dollar in die Kassen, er gewann 2024 auch noch den Oscar für die besten Spezialeffekte!
Ein ziemlich ähnliches Budget hatte der 1982 veröffentlichte „Conan der Barbar“. Zugleich Startschuss für Arnold Schwarzeneggers weltweiten Erfolg, als auch einer ganzen Armee von Sword-&-Sorcery-Ablegern. Von der Qualität vor und hinter der „Conan“-Kamera konnten „Gunan - König der Barbaren“ (1982), „Ator - Herr des Feuers“ (1982), „Beastmaster - Der Befreier“ (1982), „Talon im Kampf gegen das Imperium“ (1982), „Einer gegen das Imperium“ (1983), „Er - Stärker Als Feuer und Eisen“ (1983), „Thor - Der unbesiegbare Barbar“ (1983), „The Throne of Fire“ (1983), „Das Schwert des Barbaren“ (1983), „Hundra - Die Geschichte einer Kriegerin“ (1983), „Der Todesjäger“ (1983), „Barbarian Queen“ (1985), „Iron Warrior“ (1987) oder „Die Barbaren“ (1987) allerdings nur träumen. Der pure Nackedei-Trash-Overkill!!!
„Conan the Barbarian“…
…handelt von einem Burschen namens (Überraschung!) Conan, der im hyborischen Zeitalter unter denkbar schlechten Bedingungen aufwächst. Als Kind muss er nicht nur mitansehen, wie seine Eltern vom tyrannischen Schlangenkult, angeführt von Thulsa Doom (James Earl Jones), niedergemetzelt werden, nein, er wird auch gleich noch in die Sklaverei verfrachtet. Das jahrelange Schuften stählt seinen Körper… und das ist nicht nur so dahergeredet. Er mutiert zum öligen Brocken (Arnold Schwarzenegger), der sich später in Gladiatorenkämpfen beweisen muss und dort seine Skills schärft. Dabei hat er stets ein Ziel vor Augen: sich irgendwann blutig an Thulsa Doom und seinen Schergen zu rächen. Nach seiner Freilassung streift Conan durch die Lande, trifft mit dem Dieb Subotai (Gerry Lopez), dem weisen Hexer Akiro (Mako) und der schönen Kriegerin Valeria (Sandahl Bergman, die im späteren Spin-off „Red Sonja“ als finstere Königin Gedren die Rollen tauscht) Weggefährten, die ihn in seinem Kampf unterstützen und seiner gnadenlosen Rache Stück für Stück weiter bringen.
Eine denkbar simple Story, die zuerst tatsächlich vom mehrfach Oscar-prämierten Regisseur und Drehbuchautor Oliver Stone („Platoon“, „Wall Street“, „Geboren am 4. Juli“, „JFK - Tatort Dallas“, „Natural Born Killers“) zu Papier gebracht wurde. „Conan“-Regisseur John Milius („Die rote Flut“, „Farewell to the King“) legte aber selbst noch mal Hand an, hatte er doch dank erfolgreicher Streifen wie der „Dirty Harry“-Fortsetzung „Calahan“, „Apocalypse Now“ und „1941 - Wo bitte geht’s nach Hollywood“ einige Erfahrung in Sachen Drehbücher. Nachdem bereits einige Jahre ins Land gezogen waren, um überhaupt die Rechte für „Conan“ an selbiges zu ziehen, wurde das Projekt an den erfolgreichen Produzenten Dino De Laurentiis (1919 – 2010) verhökert, der schon seit den frühen 40er-Jahren im Business bekannt war. War man sich sicher, ein starkes Drehbuch und mit dem aus einem Kantholz geschlagenen Schwarzenegger den perfekten Hauptdarsteller im Gepäck zu haben, stieß ausgerechnet der österreichische Youngster nicht auf die Gegenliebe des Produzenten. Ein erstes (extrem kurzes!) Treffen verlief katastrophal, indem Schwarzenegger sich gleich mal über die Körpergröße De Laurentiis‘ lustig machte. Ein gewaltiger Fauxpas, der glücklicherweise irgendwann beigelegt werden konnte…, denn es gab schlichtweg keinen Darsteller, der es nur ansatzweise mit Mucki-Arnold (und seinem Mega-Ego) aufnehmen konnte. Deshalb wurde Schwarzenegger beim Dreh auch ordentlich rangenommen, da er fast alle Stunts selbst ausführen musste. Gedreht wurde in Spanien, wo ein internationales Team gigantische Sets errichtete und vorhandene Bauten mit cleveren Kameratricks opulenter „gezaubert“ wurden. Der Aufwand hat sich gelohnt, denn „Conan der Barbar“ sieht selbst heute noch toll aus. Und ja, Arnold und Dino hatten sich später wieder lieb.
Maßgeblich hat der bombastische Score von Basil Poledouris (1945 – 2006) zur rauen und zugleich epischen Atmosphäre beigetragen. Milius und der Komponist kannten sich bereits von vorherigen Produktionen und arbeiteten auch später weiterhin erfolgreich zusammen. Aus Poledouris‘ Œuvre stammen auch die brachialen Soundtracks von „Flesh + Blood“, „Der stählerne Adler“, „RoboCop“, „Jagd auf Roter Oktober“ oder „Starship Troopers“.
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Nach einem Vorwort von Raffaella De Laurentiis, Tochter des „großen“ Dino, die „Conan der Barbar“ produzierte, feuert der Autor John Walsh in „Conan der Barbar: Die Entstehungsgeschichte des Kultfilms“ aus allen Rohren. Er versteift sich nicht ausschließlich auf die Filmproduktion, sondern geht erstmal auf die Ursprünge und Conans Schöpfer Robert E. Howard ein. Ein nicht unwichtiger Aspekt für die Popularität des Barbaren sind die Comics. Ab 1970 bei MARVEL erschienen, metzelte sich „Conan“ im Laufe der Zeit durch so manchen Verlag. Darunter die US-Publisher DARK HORSE, ABLAZE und aktuell TITAN COMICS. In Deutschland finden sich seine Abenteuer in verschiedenen Formaten bei PANINI und SPLITTER… mal mehr, mal weniger nah am Ursprungsmaterial. Howards Werke finden selbstverständlich ebenfalls Erwähnung, inklusive der großartigen Cover-Gestaltungen des wahnsinnig talentierten Künstlers Frank Frazetta (1928 – 2010). Einigen seiner Arbeiten werden ganze Seiten im überformatigen Buch gewidmet.
Herzstück ist aber der Blick auf den Kultfilm. John Walsh rollt die komplette Produktionsgeschichte auf und erheitert mit interessanten Hintergrundinformationen, Zahlen und Fakten und allen Widrigkeiten, denen Cast und Crew während der Dreharbeiten trotzen mussten. Das Ganze ist reich bebildert, wobei ich bemängeln muss, dass manches Foto qualitativ einfach nicht so viel hergibt, als dass man es ganzseitig hätte aufblasen müssen. Hier schwankt die Qualität enorm, sodass ich mir bei der Auswahl mehr Sorgfalt gewünscht hätte. Neben Szenenbildern, Pressefotos und Hinter-den-Kulissen-Material gibt es noch reichlich Konzeptzeichnungen, Skizzen, gezeichnete Storyboards, Cover-Abbildungen von CDs/LPs, Comics und Romanen sowie internationale Plakatkunst verwendeter und verworfener Motive.
Fazit:
Abzüge gibt es für die schwankende Qualität des Bildmaterials und dafür, dass Walsh dazu neigt, bereits angesprochene Punkte später noch mal aufzugreifen. Ansonsten erfährt man in CROSS CULTs Coffee-Table-Book zu „Conan der Barbar“ so ziemlich alles, was man über den Sword-&-Sorcery-Meilenstein wissen möchte.
John Walsh, Cross Cult
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