Transzendenz

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2006
  • 4
Transzendenz
Transzendenz
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Peter Kümmel
55°1001

Phantastik-Couch Rezension vonAug 2006

Drohende Klimakatastrophe kontra metaphysisches Gelaber

Wir befinden uns in der Mitte des 21. Jahrhunderts. Durch die Klimakatastrophe hat das Meer bereits weite Küstenstriche überschwemmt. Autos wurden bereits vor vielen Jahren verboten. Weite Reisen sind auch kaum noch notwendig, denn mittels VR-Projektion lässt sich ein Abbild des eigenen Körpers an jeden beliebigen Ort transferieren. Man erlebt so seine Umwelt, als ob man wirklich dort wäre. Nur die Wichtigen und Reichen können sich noch Flugreisen leisten, aber auch VR-Projektionen sind teuer.

Als Michael Poole die Nachricht erhält, daß sein Sohn Tom bei einem Forschungsprojekt in Sibirien schwer verletzt wurde, scheut er jedoch weder Mühen noch Kosten, um mit ihm in Kontakt zu treten. Vater und Sohn verstehen sich nicht besonders, seitdem vor siebzehn Jahren Michaels Frau Morag und deren ungeborenes Kind ums Leben kamen, was Michael bis heute nicht verwinden konnte und dadurch seinen Sohn vernachlässigte. Sowohl Michael als auch Tom haben sich der Wissenschaft verschrieben, doch ihre Ansichten sind sehr unterschiedlich. Michael ist der Forscher und Träumer, Tom dagegen packt lieber mit an und beschäftigt sich mit aktuellen Problemen. Seine Verletzungen bei der Explosion eines Methanhydratlagers stellen sich zum Glück als nicht lebensbedrohlich heraus.

Diese Hydratlager bilden eine große Gefahr für die gesamte Menschheit und Wissenschaftler sind der Meinung, daß man nur noch etwa zehn Jahre Zeit hat, um etwas gegen die große Bedrohung für die Menschheit zu unternehmen. Gea, die größte Künstliche Intelligenz, hat Michael dazu ausersehen, den Kampf gegen die drohende Katastrophe aufzunehmen. Michael kann sowohl seinen Sohn als auch dessen Freundin für das Projekt gewinnen und gemeinsam mit ein paar weiteren Leuten beginnt man, Ideen zu sammeln und siese schließlich auch in die Tat umzusetzen.

Die ";Transzendenz"; versucht Kontakt aufzunehmen

Als großes Hindernis stehen Michael jedoch immer wieder diese seltsamen Erscheinungen im Weg. Seit Jahren begegnet ihm immer wieder der Geist seiner Frau Morag. Sein Sohn und sein Bruder John versuchen, dies als Spinnerei abzutun, doch Michael muß wissen, was es mit der Geistererscheinung auf sich hat.

Was Michael nicht weiß, ist, daß sein gesamtes Leben von einem Mädchen namens Alia aus der Zukunft beobachtet wird, die in der Gestalt seiner Frau erscheint und schließlich versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Etwa eine halbe Million Jahre sind vergangen und Alia ist dazu ausersehen, in die ";Transzendenz"; einzutreten. Die Sterblichkeit hat diese kleine Gruppe bereits hinter sich gelassen, doch was diese ";Transzendenz"; wirklich ist und was sie bezweckt, das ist Alia ebenso wie dem Leser nicht so ganz klar.

Baxter schildert die Begebenheiten im 21. Jahrhundert kapitelweise abwechselnd mit den Geschehnissen in ferner Zukunft, wo Alia auf vielen verschiedenen Planeten unserer Galaxie ganz verschiedene Lebewesen kennenlernt, die sich aus der uns bekannten Menschheit durch andere Lebensbedingungen in unterschiedliche Richtungen entwickelt haben. Diese Parallelentwicklungen hat Stephen Baxter bereits im vorangegangenen Xeelee-Zyklus betrieben, sie wirken hier jedoch quasi als nebensächliches Beiwerk.

Weniger wäre hier mehr gewesen

";Transzendenz"; setzt zwar die mit ";Der Orden"; und ";Sternenkinder"; begonnene Serie ";Kinder des Schicksals"; fort, bildet jedoch eine in sich abgeschlossene Handlung. Das Geschehen um Michael Poole mit den Problemen, die von unserer aktuellen Situation gar nicht so weit entfernt sind, weiß zu fesseln. Baxter entwirft eine nahe Zukunft, die mit Einzelheiten teilweise zu faszinieren vermag, wenn auch vieles nicht logisch fassbar ist. Da hat Baxter oftmals seiner Phantasie zu viele Freiheiten gelassen. Der Beginn ist sehr vielversprechend und das plastisch geschilderte ökologische Szenario, das Baxter entwirft, scheint eine reale Weiterentwicklung unserer Gegenwart zu sein. Doch mit zunehmender Seitenzahl geht die Realität verloren. Der Vater-Sohn-Konflikt wirkt gut als Kontrast zu wissenschaftlichen Fakten. Die Charaktere dagegen können nur teilweise überzeugen. Es wird doch allzu viel Beziehungsstoff eingearbeitet, der einem Familiendrama entsprungen sein könnte.

Gegenüber der befriedigenden Geschichte um Michael Poole aber bilden die Kapitel um Alia jedesmal einen Bruch in der Handlung. Zuviel esoterisches Gelaber und eine Zukunft, bei der sich der Autor alle Freiheiten nimmt, wobei er wohl der Meinung ist, daß nach einer halben Million Jahre keine Schlußfolgerung mehr fundiert sein muß.

Insgesamt gesehen zeigt ";Transzendenz"; gute Ansätze, ist jedoch für einen Kult-Autor wie Stephen Baxter eine große Enttäuschung. Man hätte mehr davon gehabt, wenn sich Baxter auf den Kampf gegen die Klimakatastrophe beschränkt hätte und das ganze metaphysische Gestochere in fremdartigen Hirnen einfach weggelassen hätte. So muß man sich über einzelne Abschnitte oftmals hinweg quälen.

Transzendenz

Stephen Baxter, Heyne

Transzendenz

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