Der Mary Shelley Club

  • Festa
  • Erschienen: Februar 2024
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Der Mary Shelley Club
Der Mary Shelley Club
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Marcel Scharrenbroich
55°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJul 2024

Mit Genre-Zitaten gespickter Teenie-Whodunit

Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast

Ein Jahr liegt das prägende Ereignis nun zurück, welches Rachel Chavez noch immer auf Schritt und Tritt verfolgt. Zwei schwarzgekleidete Männer mit weißen Masken verschafften sich Zutritt zum Haus, wurden jedoch von der Teenagerin auf frischer Tat ertappt. Todesangst, Panik und ein gepfeffertes Trauma, das sich auch durch einen Umzug von Long Island nicht in Luft aufgelöst hat. Und in New York City Anschluss zu finden, fällt Rachel nicht gerade leicht. Neue Umgebung, neue High School, neue Gesichter. Und an der Manchester Prep läuft es haargenau so, wie man es aus 99% aller gängigen High-School-Filme kennt. Die Coolen hängen mit den Coolen ab, die Sportler mit den Sportlern, die Nerds mit den Nerds und die Cheerleader mit den Cheerleadern. Umso überraschender für Rachel, dass sich mit Saundra Clairmont ziemlich schnell ein beliebtes Mädchen der Schule ihrer angenommen hatte. Das liegt zwar erst drei Wochen zurück, aber Rachels Mutter freut sich über die Tatsache, dass ihre Tochter mal aus dem Haus kommt. Immerhin war dies eine aufgestellte Regel für die gebeutelte Teenagerin: Freunde finden… und die Schule nicht vernachlässigen. Regel Nr. 2 wird mal kurz ausgeblendet, als Saundra Rachel recht widerwillig auf eine Party im benachbarten Stadtteil schleift. Soziale Kontakte und so.

Scary Stories to Tell in the Dark

Auf der Party angekommen, ist Rachel schnell überfordert von den ganzen Reizen. Eher früh als spät bereut sie, dass sie sich von Saundra zum Mitgehen hat überreden lassen. Erst recht, als sie - im übertragenen Sinne - der Schul-Zicke Lux McCray auf die Füße tritt. Nicht zum letzten Mal an diesem Abend, denn die Nacht ist noch jung… und die aufgedrehten Teenager haben die beste Idee aller Zeiten: eine *gääähn* Séance. Wahnsinn, oder? Der harte Kern der Party-Granaten hat sich vorgenommen, mit der Geisterwelt in Kontakt zu treten. Dazu reichen scheinbar ein paar angesoffene Teenager und eine recht uninspirierte Gruselgeschichte, die nur die zartesten Pflänzchen hinter dem Ofen hervorlocken könnte. Ein nicht klar erkennbarer Spaßvogel nutzt aber die Gelegenheit, um Hui Buh zuvorzukommen. Ein offensichtlicher Streich, bei dem lediglich Rachel zum Lachen zumute ist. Dumm nur, dass die Nummer auf die Kosten der eh schon angefressenen Lux geht. Toll, da hätte Rachel sich auch gleich einen Stempel mit den roten Lettern „Arschkarte“ auf die Stirn drücken können, denn fortan lässt Lux keine Möglichkeit aus, die Außenseiterin noch weiter ins Aus zu schieben.

Freaks of Nature

Rachel hat gesehen, dass ein unscheinbarer Mitschüler namens Freddie in den Streich verwickelt zu sein scheint. Und von Saundra erfährt sie, dass die Nummer auf Lux‘ und nachfolgend auch ihre Kosten nicht der erste Prank dieser Art war. An der Manchester treibt scheinbar ein „Spaßvogel“ mit Sinn für derbere Scherze sein Unwesen. Dank des Flurfunks (Saundra) kann Rachel mehr über Freddie Martinez herausfinden, den sie bei einer geeigneten Gelegenheit zur Rede stellt. Zwar streitet der Horrorfan eine Beteiligung ab, doch Rachel lässt nicht locker. Mit detektivischem Scharfsinn entlockt sie Thayer, einem weiteren Mitschüler und Filmliebhaber, ungewollt, dass sich hinter dem vermeintlichen „Prankster“ eine ganze Gruppe verbirgt. Besser gesagt… ein Club. Rachel ist angefixt. Könnte es sein, dass sie dort tatsächlich Gleichgesinnte trifft?

Better Watch Out

Tatsächlich gelingt es Rachel, eine Einladung zu einem exklusiven Clubtreffen zu ergattern. Der „Mary Shelley Club“ vereint einen erlesenen und sorgfältig ausgewählten Kreis von Schülerinnen und Schülern. Zu Rachels großer Überraschung handelt es sich bei den Mitgliedern, neben Freddie und Thayer, noch um die rebellische Felicity und Bram Wilding… dem Freund von Lux McCray. Ausgerechnet!

Nie im Leben hätte sie gedacht, dass diese Vier mal an einem Tisch sitzen würden. Geschweige denn irgendwelche Gemeinsamkeiten hätten. Doch sie eint die Freude an Horrorfilmen. Das gemeinsame Anschauen diverser Klassiker und verpönter Gurken, um anschließend ausgiebig darüber zu diskutieren. Ja, hier fühlt Rachel sich angekommen und wohl. Allerdings gibt es da noch die sogenannten Angst-Tests, bei denen sich jedes Mitglied ein „Opfer“ auswählen und möglichst aufwendig in Todesangst versetzen muss. Ein Drumherum gibt es nicht, alle müssen an einem Strang ziehen. Planung, Inszenierung, Ausführung. Jeder muss ran, keine Ausnahme. Doch wenn aus Spiel plötzlich Ernst wird, kann auch dem abgebrühtesten Horror-Crack noch Angst und Bange werden…

Wrong Turn

Hmmm, wem würde ich „Der Mary Shelley Club“ nun in die Hand geben? Auf der einen Seite bestätigt Autorin Goldy Moldavsky, dass sie eine wahre Freundin guter und auch schlechter Horrorfilme ist, denn „Der Mary Shelley Club“ erwähnt immer wieder Gruselstoffe, die den meisten schon mal über den Weg gelaufen sein dürften. Auf der anderen Seite geht das leider nie richtig tief und erweist sich für die Handlung auch nur als nötiger Motor. Moldavsky nutzt halt ihre eigenen Vorlieben, um dem exklusiven „Club“ - benannt nach der Schöpferin des Klassikers „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ (1818 erstveröffentlicht) - Leben und auch Zweck einzuhauchen. Sicheres Terrain. Der gemeinsame Nenner für Charaktere, die unter normalen Umständen wohl wenig gemein und vermutlich noch weniger Sympathien füreinander hätten. Und gerade deshalb, weil die Autorin das Nerd-Fass schon aufgemacht hat, bin ich etwas enttäuscht über den doch recht simplen Plot. Wenn man sich wie Goldy Moldavsky als ausgewiesene Genre-Liebhaberin hervortuen will, sollte sich der filmische Horror-Fundus doch als wahre Goldgrube erweisen. Dafür wird zu viel in seichten Gewässern gefischt. Entsprechend konstruiert wirkt so mancher Weg, um die Figuren von A nach B und somit in Stellung für den nächsten vorhersehbaren Schachzug zu bringen. Hinzu kommen ein paar unnötige Schwärmereien, um das Konfliktpotential zu erhöhen, fertig ist das zunächst recht unblutige Teenie-Drama, welches immerhin im späteren Verlauf eine Schippe drauflegt und die Spannungsschraube anzieht. Vom Anschlag sind wir aber einige Drehungen entfernt.

Das bringt mich noch mal zur Eingangsfrage, für wen ein Beitritt zum „Mary Shelley Club“ wohl am ehesten geeignet wäre: Alten Horror-Hasen wird hier kein Schauer über den Rücken laufen. Eher sieht man manchen Twist zu früh kommen. Wer aber neu im Genre unterwegs ist, könnte hiermit einen guten Einstand und sogar einen kleinen Horror-Wegweiser für kommende Filmabende haben.

Fazit:

Wenig Horror, viel Drama und hin und wieder Thrill auf gediegenem Niveau. Gegen Ende bekommt man immerhin Slasher-Kost auf High-School-Level. Eher zäh und zahnlos, statt reißerisch und spannend. Schade, denn Potential für einen fiesen, gemeinen Horror-Trip wäre mit etwas mehr Konsequenz durchaus vorhanden gewesen.

Der Mary Shelley Club

Goldy Moldavsky, Festa

Der Mary Shelley Club

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