Die Empfänger
- Books on Demand
- Erschienen: August 2023
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Begegnungen mit dem Unbekannten
*piep* SIE HABEN… ELF… NEUE NACHRICHTEN *piep*
Zwei zusammenhängende – und dennoch unterschiedliche – Romane und einen Kurzgeschichtenband hat Michael Leuchtenberger bereits vorgelegt. Mit „Die Empfänger“ widmet er sich nun erneut knappen Storys, die ihre Wirkung jedoch nicht verfehlen. Oft ist es das Unbehagen, das dem fast Alltäglichen entwächst. Leiser Horror auf ebensolchen Sohlen, ohne großes Brimborium. In seinen elf Kurzgeschichten – mal kürzer, mal etwas länger – zeigt Leuchtenberger mit kreativer Beobachtungsgabe, wie scheinbar normale Situationen aus dem Ruder laufen können, wie schleichend das Übernatürliche in die greifbare Realität drängt. Auf lediglich 110 Seiten beschreibt er enorm viele Facetten der Phantastik. Vergleichbar mit der Anthologie-Serie „Black Mirror“, denn ähnlich den erfolgreichen TV-Staffeln, die sich vorwiegend und nicht selten makaber den Auswirkungen widmet, die Technik und moderne Medien auf unsere Gesellschaft haben, zieht sich ein roter Sender/Empfänger-Faden auch durch die elf abgedruckten Kurzgeschichten. Nicht immer stehen technologische Hilfsmittel im Vordergrund, denn mit den Augen abseits des Bildschirms, können Menschen ebenfalls (noch?) empfänglich für die unterschiedlichsten Botschaften sein.
Vielfalt mit Faden
In Am Ypsilon links, der ersten Geschichte des Buches, führt es einen Jungen an eine Weggabelung. Links ist er noch nie abgebogen. Nur rechts, so wie es seine Tante ihm eingeschärft hatte. Den Weg ins nächste Dorf kannte er bereits in- und auswendig… den Wald in der entgegengesetzten Richtung jedoch nicht. Noch nicht, denn Lukas wagt sich heute, unbekanntes Terrain zu betreten. Und abseits des Weges macht er eine mysteriöse Bekanntschaft.
Wo ist Lex? Diese Frage stellen sich drei Freunde, die als Geburtstagsüberraschung mal was ganz Außergewöhnliches geplant haben. Sie besuchen die Stadt der verlorenen Seelen. Eine Art übergroßer Escape-Room. Dort bekommen sie die Aufgabe, einen gewissen Lex Morgan zu suchen. Einen Mann mit schwieriger Vergangenheit. Angeblich sei er abgetaucht. Und im „Auftrag“ von dessen Eltern sollen Kendra, Moritz und Titus ihn nun in der abgeteilten Stadt finden. Bis zum Mittag des nächsten Tages sollen sie fündig werden. Als Hilfsmittel steht ihnen ein plapperndes Navi namens Neal zur Verfügung. So richtig hilfreich scheint Neil aber nicht… und mit zunehmender Dauer gerät das „Spiel“ aus den Fugen.
Roland ist Stammgast im Naturkundemuseum. Die Ausstellungsstücke kennt er aus dem Effeff, da macht ihm niemand etwas vor. Und obwohl er eigentlich keinen Audioguide mehr bräuchte, der ihn mit dem nötigen Hintergrundwissen versorgt, lauscht er heute der nur allzu vertrauten Stimme. Überraschenderweise scheint ein Raum neue Stücke zu beinhalten. Darunter eine imposante Uhr, gekennzeichnet mit der Nummer 55. Selbstverständlich hört Roland gebannt zu… und erfährt vom Guide, dass er lediglich die Tür hinter der Uhr durchschreiten muss, um zu Exponat 55a zu gelangen. Interessant… denn diese Tür war ihm bislang nie aufgefallen.
Es gibt sie noch… Kaugummiautomaten! Wer kennt sie nicht noch aus seiner eigenen Kindheit? Drei Schulkinder entdecken solch ein längst vergessen geglaubtes Relikt, welches überwuchert von einer Hecke vor sich hingammelte. Natürlich probieren die Kids es gleich aus. Neben einem Flummi und einem kleinen Drachen spuckte das Teil für Daphne eine leuchtend rote Glasmurmel aus. Als sie das schöne Stück daheim genauer betrachtet, fällt ihr ein kleiner Zettel auf. Darauf steht geschrieben, dass sie sich zu den wenigen Glücklichen schätzen darf, eine seltene Rarität von Kohlmanns Spielwaren in Händen zu halten. Angeblich existieren von diesen „weisen“ Murmeln nur drei Exemplare. Mit einigen Hinweisen und Regeln enthält die Notiz noch die nicht unwichtige Information, dass die Murmel die Macht besäße, ihr die Zukunft vorauszusagen. Alberner Mumpitz?
Neben diesen Geschichten aus dem Hier und Jetzt geht Michael Leuchtenberger in anderen Storys aber noch weiter… bzw. weiter zurück. Empfangen kann man nämlich nicht nur mit modernen Hilfsmitteln. Auch die Settings bieten viel Abwechslung. Vom vermeintlich einsamen Wanderpfad geht es über einen Besuch in einem Freizeitpark bis in den dunklen Keller eines Start-Ups.
Fazit:
Für seinen zweiten Kurzgeschichtenband hat Michael Leuchtenberger wieder einen interessanten Mix zusammengestellt, der beweist, dass selbst in vermeintlich banalen Gegenständen des Alltags spannende Stoffe für Geschichten schlummern können. Am Ende jeder Story geht der Autor kurz auf deren Entstehungsgeschichte ein. Einige sind mit Trigger-Hinweis-Kürzeln versehen, über die empfindsame Leserinnen und Leser sich auf der letzten Seite des Buches genauer informieren können.
Michael Leuchtenberger, Books on Demand
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