Die alte Garde
- Heyne
- Erschienen: Februar 2024
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Mit dem Schwert gegen den Klimawandel
London steht wegen dem steigenden Meeresspiegel halb unter Wasser, Schottland und Wales haben sich für unabhängig erklärt, Essex wurde an China verkauft und durch Fracking ist ein uralter Drache wieder zum Leben erwacht: England steht vor schwierigen Herausforderungen. Doch wer soll den Inselstaat jetzt noch aus dem Dreck ziehen? Natürlich seine Nationalhelden: König Arthus und die Ritter der Tafelrunde. Ist Enlgand in Not, tauchen sie auf, um das Land zu beschützen. Ritter Kay hat das Land bereits mehrfach vor dem Untergang bewahrt, das letzte Mal im zweiten Weltkrieg. Doch dieses Abenteuer wird anders. Gegen Drachen haben die Ritter immerhin seit mehreren hundert Jahren nicht mehr gekämpft. Und selbst wenn der Drache besiegt wird: Wie kann man die Welt vor ihrem Untergang bewahren, wenn die Menschen ihre Fehler nicht einsehen?
Die Ritter der Tafelrunde als Superhelden
Als Kay nach mehreren Jahrzehnten Todesschlaf seinem Grabhügel entsteigt, trifft er zuerst auf die Aktivistin Mariam, die gerade eine Fracking-Anlage in die Luft sprengen will. Dabei erlebt Kay hautnah mit, zu was der Klimawandel und der Kapitalismus England gemacht haben. Wie es so weit kommen konnte, ist für den eher archaisch geprägten Helden unerklärlich. Sein Kollege Lancelot wird währenddessen von dem zwielichtigen Marlow, der die Seite der Umweltsünder vertritt, erweckt. Damit zieht sich die Kluft zwischen Protagonist und Antagonist mitten durch die Ritter der Tafelrunde. Das weiß Thomas D. Lee gut zu nutzen für einige überraschende Twists. Überhaupt wird sehr viel Fokus auf die Figuren und ihre inneren Konflikte gelegt. Denn neben ihrem Auftrag haben die Ritter noch mit eigenen Problemen zu kämpfen. So hat Lancelot zum Beispiel sehr unter dem Verlust seiner großen liebe Galehaut zu leiden.
Anders als man vielleicht erwarten könnte, kennen sich die Ritter schon recht gut in unserer modernen Welt aus, trotzdem gibt es immer wieder unterhaltsame Momente, in denen die altertümliche Gedankenwelt von Arthurs Recken mit den Gepflogenheiten der heutigen Menschen kollidiert. Dennoch: Die Geschichte ist ernster, als man denkt. Zumal einem das Lachen angesichts der präsentierten Auswirkungen des Klimawandels regelrecht im Halse stecken bleibt.
Trotz der düsteren Zukunftsvision kommen Kenner der Arthus-Legende auf ihre Kosten. Denn hier gelingt Lee eine ganz eigene Interpretation der mittlerweile etwas ausgelutschten Helden. Neben Kay und Lancelot muss man auch auf Merlin, Morgana oder Nimue nicht verzichten und Arthus selbst kommt noch einmal eine ganz besondere Rolle zu. Hier verwebt Lee die alten Sagen mit sehr aktuellen Themen, was (meist) gut funktioniert: Feminismus, Rassismus, Klimawandel – hier wird das volle Programm abgespielt. Das ist nur leider ein Grund, weshalb der Text in der Mitte ziemlich durchhängt. Wenn man immer wieder abdriftet, um den Lesern irgendwelche Details auf drei Seiten zu erklären, die nichts zur Handlung beitragen, ist das auch kein Wunder. Oft hat man nicht mal mehr eine Ahnung, wohin die Geschichte eigentlich führen soll.
Sprachlich kein großer Genuss
Das englische Original ist sprachlich schon kein großer Wurf, aber die leblose Übersetzung liest sich sogar noch hölzerner. In die Umsetzung des Textes wurde nicht viel Kreativität gesteckt, was das Lesen sehr anstrengend macht. Abgehackte Hauptsätze und emotionslose Wortwahl lassen einen nie in die Geschichte eintauchen – und mit diesem holprigen Stil muss man dann über 600 Seiten lang klarkommen. So gut die Ideen dann auch sein mögen, mit dem Buch wird man durch den eigenwilligen Stil nie richtig warm.
Fazit:
Eine tolle Idee mit aktuellem Bezug. Die Figuren sind das Herzstück des Buches und es macht Spaß zu sehen, wie sich die Charaktere der Arthus-Legende in einem dystopischen Setting schlagen. Sprachlich ist der Text jedoch nicht gelungen, und mit den Längen in der Mitte muss man etwas kämpfen. Fans von Climate Fiction und/oder der Arthus-Geschichten sollten jedoch einmal reinlesen.
Thomas D. Lee, Heyne
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