Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen
- Goldmann
- Erschienen: September 2023
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Von Untertassen und fehlenden Tassen
„Ich kanns nur nicht erwarten, E. T. endlich in den Arsch zu treten!“
-Captain Steven Hiller (anno 1996… so um Anfang Juli rum)
Tja, wie mögen sie wohl aussehen? So’n grundsympathischer Faltensack mit Kulleraugen und Telefon-Macke, wie Steven Spielberg ihn uns vor mittlerweile 42 Jahren auf die Erde zauberte? Eher angriffslustig und säurehaltig, mit saugfähigem Hang zur Nachkommenablage im lebenden Organismus? Vielleicht klein, behaart, großmäulig und „tierlieb“ (vorzugsweise Katzen)? Oder doch eher im klassischen und nie aus der Mode kommenden Mausgrau? Im Laufe der Jahrzehnte wurden uns medial schon etliche Vertreter aus entfernten Welten vorgestellt. Von liebenswürdigen Knuddelwesen bis hin zum tödlichen Allesfresser war so ziemlich jede erdenkliche Art vertreten, doch die schlanken Burschen mit übergroßer Murmel haben sich irgendwie durchgesetzt, wenn es um die wahrscheinlichste Form von möglichen Besuchern aus dem Weltall geht. Ihr wisst schon… die, die vorzugsweise nachts ungefragt ins Schlafzimmer poltern, Euch auf einen Kurztrip mitnehmen und dann bei lustigen Doktorspielchen allen möglichen Scheiß mit, in, und an Euch vollführen. Und morgens war’s dann wohl doch nur ein böser Traum, abgesehen vom miesen Brennen im Unterstübchen. Jaja, soll alles schon vorgekommen sein… zumindest, wenn man den Ausführungen vermeintlicher Entführungsopfer glauben schenken mag. Kein plötzlicher TikTok-Trend, der schneller wieder vorbei ist, als ich eine Dose 8x4 leernuckeln könnte, sondern ein seit Jahrzehnten präsentes Phänomen. Dem kann man Glauben schenken… oder halt nicht. Ebenso wie der ungeklärten Frage, ob wir denn nun allein in den Weiten des Alls herumschwirren, oder es in entlegenen Winkeln des Universums doch noch intelligente(re)s Leben gibt. Oh Gott, ich hoffe es… sonst wäre das – gemessen am Weltgeschehen – eine ziemlich arme Pointe. Ähnlich formulierte es auch schon Jodie Fosters Dad im Streifen „Contact“ von 1997, bevor er den Löffel reichte.
Sculler & Muldy… oder so ähnlich
An dieser Frage aller Fragen haben sich schon ausgewiesene sowie selbsternannte Experten die Prothesen rundgebissen (dazu später mehr). Noch immer werden hitzige Diskussionen darüber geführt, die sogar Freundschaften auf eine harte Probe stellen können, sofern unterschiedliche Meinungen härter kollidieren, als Roland Emmerich und Michael Bay gemeinsam unseren gebeutelten Planeten crashen könnten. Was dem Fox seine Dana, ist dem Christian der Christian. Moment… anders: Wo Fox Mulder derjenige ist, der der ganzen Alien-Nummer aus vielerlei Gründen glauben schenken will, ist Christian Alt sein reales Pendant… bis auf den FBI-Ausweis, den gibt’s nur unter Trump für’n Dollar und ‘ne Tube orangene Schuhwichse. Christian Alt möchte glauben. Daran, dass wir nicht allein sind. Dass UFO-Sichtungen von vermeintlichen Augenzeugen nicht nur Fakes, Mumpitz, Wichtigtuerei oder rational erklärbar sind. Der andere Christian, Christian Schiffer, geht eher Hand in Hand mit Dana Scully, der skeptischen Seite des X-Akten-Ermittlerduos. Doch wie kam es dazu, dass Christian Alt und Christian Schiffer sich überhaupt mit dieser Thematik (sehr intensiv!) auseinandersetzten?
Nun, dieses Abenteuer begann, wie so viele, während einer sehr merkwürdigen Zeitspanne, an deren Beginn es irgendein Vogel in Wuhan für eine tolle Idee hielt, sich einen Bat-Snack mit fragwürdigem Haltbarkeitsdatum in den Wanst zu schieben. Ja, genau… DIESE dubiose Zeit voller Ungewissheiten, deren Auswüchse irgendwelche Aliens, sofern sie existieren, per se schon mit angezogener Handbremse im großen Bogen um unseren blauen Kirmes-Planeten hätte driften lassen.
Jedenfalls begab es sich zu jener Zeit, 2021 um genau zu sein, dass der amerikanische Ex-Präsident Barack Obama in eine Late-Show unverblümt zugab, dass es eine Menge Dinge bezüglich Aliens gäbe, die er nicht öffentlich sagen könne. Ausschlaggebend war ein geleaktes Video des US-Verteidigungsministeriums. Hinzu kamen Berichte in renommierten Nachrichtensendungen, Aussagen und Interviews von und mit Navy-Piloten, die bezeugten, mehrfach mit einem „Unidentified Aerial Phenomenon“ (UAP; grob übersetzt „fliegendes Gedöns am Himmel von unbekanntem Ursprung“) konfrontiert worden zu sein. Als Sahnehäubchen auf der Eisbombe gab das Pentagon zu, dass sogar ein ganzes Programm zur Erforschung dieser (noch?) unerklärlichen Phänomene existiert. Huch! Das kam überraschend… und führte bei Christian und Christian zu ausgiebigen Diskussionen. Gemeinsam schrieben die beiden bereits 2018 das Buch „Angela Merkel ist Hitlers Tochter: Im Land der Verschwörungstheorien“ (erschienen im HANSER Verlag) und entlarvten dort so einigen Wahnsinn, der uns mittlerweile tagtäglich on- und offline begegnet. Während so mancher Verbreiter abwegiger Theorien wohl vor der großen Frage stand, ob er aus seiner restlichen Alufolie lieber ein schickes Mützchen klöppeln soll oder darauf lieber sein Crack aufkocht, zogen Christian Alt und Christian Schiffer 2021 zur Abwechslung mal nicht an einem Strang. Sie vertraten unterschiedliche Standpunkte. Hmmmmm… daraus ließe sich doch was Interessantes machen…
„Auf jeden Fall kriegt das auf meiner Abgefucktheits-Skala ganz klar 'ne 9,0!“
-James Darrell Edwards III. (alias Agent J)
Gesagt, getan. In sechs umfassenden Kapiteln durchforsten die beiden Autoren in „Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen: Was der neue Ufo-Hype über uns Menschen verrät“ (so der volle Titel des Buches) die gesamte Historie der UFO-Sichtungen. Sie starten damit im Jahr 1947, haben dazu unzählige Akten und Berichte gesichtet, brettern dann Richtung Roswell, New Mexico, wo im Juli selben Jahres angeblich eine fliegende Untertasse aufprallte. Sie versuchen Erklärungen zu finden, warum die Menschheit so fasziniert von außerirdischem Leben ist und wann ein solcher Glaube fanatische Züge annimmt. Ihre ganz eigene „unheimliche Begegnung der dritten Art“ haben Christian Alt und Christian Schiffer dann, als sie den Schweizer Buchautor Erich von Däniken treffen. Der Schreiber zahlreicher Bestseller hat nicht nur bezüglich UFOs und Außerirdischer seine ganz eigenen Theorien. Als Papst der Pseudowissenschaften von seinen Anhängern verehrt, tingelt der Prä-Astronautik-Pionier selbst im hohen Alter noch von Vortrag zu Vortrag und wird nicht müde, seine schon oft als unhaltbar bewiesenen Thesen an den Hobby-Schwurbler bzw. die -Schwurblette zu bringen. Natürlich steht außer Frage, dass von Däniken laut eigenen Angaben selbst schon Kontakt mit Außerirdischen hatte. Dass Aliens dann aber in unserer Evolutionsgeschichte fleißig mitgemischt haben sollen, steht dann noch mal auf einem anderen Zettel… und haut mir vor Kopfschütteln die Plomben aus der Verankerung. Natürlich geben die Christians auch noch weitere Berichte von angeblichen Augenzeugen wieder.
Auf den 240 Seiten des Buches bekommen wir Leser aber keine staubtrockenen Aneinanderreihungen von Fakten bzw. Behauptungen vor den Latz geknallt, sondern einen spannenden Querschnitt durch die oft haarsträubende Geschichte der UFO-Sichtungen präsentiert. Das ist unglaublich amüsant geschrieben und setzt weder einen wissenschaftlichen Titel voraus, noch muss man irgendwelches Vorwissen aus dem Bereich mitbringen. Ein reines Interesse an der Materie reicht aus, um einige gute Stunden mit den oft brüllend komischen Texten von Christian Alt und Christian Schiffer zu verbringen. Natürlich kann es nicht schaden, mit den gängigsten Genre-Titeln aus Kino- und TV-Landschaften vertraut zu sein, denn popkulturell wird hier reichlich zitiert.
Fazit:
Egal, ob Skeptiker oder Gläubiger: Wer sich nur ansatzweise für angebliche UFO-Sichtungen, Alien-Verschwörungen, geheime Forschungen der dritten Art, Entführungen oder die reine Existenz außerirdischen Lebens interessiert, sollte bei diesem mehr als unterhaltsamen Schmöker unbedingt zugreifen. Dass die GROSSE FRAGE abschließend natürlich nicht zweifelsfrei geklärt werden kann, sollte dabei klar sein… sonst hätte die Zeitung mit den vier Buchstaben E. T. schließlich schon vor die Linse gezerrt. Das macht aber nichts, denn die beiden Autoren liefern mit viel Wortwitz spannende Denkanstöße und berichten von Storys, die Ihr zuvor bestimmt noch nirgendwo gehört habt. Und jetzt… gehabt Euch wohl, Erdlinge. SCOTTYYYYY…?
Christian Alt, Christian Schiffer, Goldmann
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