Das Kloster des geheimen Baumes - Die Thronfolgerin (A Day of Fallen Night 1)
- Penhaligon
- Erschienen: Juli 2023
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Der Feind meines Feindes ist mein Freund
„Das Kloster des geheimen Baumes – die Thronfolgerin“ ist der erste Band der Prequel-Reihe zu Samantha Shannons Dilogie „Der Orden des geheimen Baumes“. Im Einband versteckt sich ein Zitat, welches die Autorin als weibliches Pendant zu George R. R. Martin beschreibt. Neben animierenden Klappentexten sind solche Zitate gern gesehene Gäste. Ob dieses kaufanregende Zitat seine Berechtigung hat, schauen wir uns im Folgenden mal näher an.
Die Prinzessinnen sind los
Wir erleben das Buch aus verschiedenen Perspektiven, die sich vor allem durch liebevoll gestaltete Protagonisten auszeichnen.
Dumai wächst in einem Kloster in eisiger Höhe eines Berges auf der Insel Seiiki auf. Zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Kindheitsfreund Kanifa erledigt sie pflichtbewusst ihren Dienst als Gottessängerin. Obwohl ihr Leben kaum Annehmlichkeiten bietet, fühlt sich Dumai wohl und geborgen. Umgeben von ihren Liebsten fehlt es ihr an nichts. Der Gemütszustand der Zufriedenheit ändert sich jedoch schlagartig, als Seiikis Oberhaupt höchstpersönlich im Kloster erscheint und Dumai offenbart, dass sie eine Prinzessin des Kaiserreiches sei. Schlagartig findet sich die Neu-Prinzessin am kaiserlichen Hofe wieder, umgeben von Etiketten und Intrigen, denen sie nicht gewachsen zu sein scheint.
Königin Sabran Berethnet ist die neunzehnte Königin von Inys und hat das Königreich nach Episoden der Schwäche wieder zu alter Stärke geführt. Ihre Legitimation zu herrschen lässt sich auf den ersten König von Inys zurückführen, der der Legende nach den namenlosen Einen, ein Geschöpf geboren im Schoße des Furchtberges, erschlagen und gebannt hat. Von nun an wird er in Inys, aber auch über die Landesgrenzen hinaus, als Heilliger verehrt und ist die zentrale Figur der Staatsreligion des Königinnenreiches. Die Herrschaft des Geschlechtes Berethnet gilt als Gewissheit für das Todbleiben des namenlosen Schreckens.
Prinzessin Glorian Hraustr Berethnet ist die Tochter Königin Sabran Berethnets und König Bardholt Haustrs, der über das nördlich gelegene Hroth herrscht. Sie leidet sehr unter ihrer vermeintlich gefühlslosen Mutter, die Glorian zu mehr innerer Stärke erziehen will und der Abwesenheit ihres Vaters. König Bardholt, der sich die meiste Zeit in Hroth aufhält, überschüttet seine Tochter dagegen förmlich mit Zuneigung und Liebe.
In König Bardholts Gefolge befindet sich ein junger Krieger mit geheimnisvoller Vergangenheit, der das Glück gepachtet zu haben scheint, äußerst ausweglose Situationen zu überleben. Seine Herkunft rückt hierdurch immer wieder in den Mittelpunkt und er sieht sich deshalb einigen unangenehmen Fragen ausgesetzt.
Verborgen vor den meisten Augen der Menschen, ist die Priorei des Orangenbaumes unermüdlich dabei, Kriegerinnen auszubilden, um die Menschen bei einer möglichen Rückkehr des namenlosen Einen zu beschützen. Die Frucht des Orangenbaumes verleiht besondere Kräfte, die dabei helfen, die Gefahren des Furchtberges zu bannen. Das Leben in der Schwesternschaft wird uns dabei aus Sicht von Tunuva Melim geschildert, einer erfahrenen Kriegerin der Priorei.
Verschiedene Perspektiven
So unterschiedlich die einzelnen Charaktere auch sind, so eint sie doch der Kampf gegen einen gemeinsamen Feind. Denn als der Furchtberg wieder Feuer spuckt, überzieht er die Königreiche nicht nur mit Lava und Rauch, sondern auch mit unheimlichen Kreaturen und einer tödlichen Krankheit. Die authentisch gezeichneten Protagonisten sind jeder für sich in den Netzen ihrer Vergangenheit und Gegenwart gefangen, müssen sich jedoch von nun an gegen einen uralten und mächtigen Feind behaupten.
Dumai kann dabei auf die Unterstützung von Drachen, Seiikis Göttern, hoffen, muss sich aber zu jeder Zeit vor den Intrigen eines konkurrierenden Adelsgeschlechts in Acht nehmen. Prinzessin Glorian kämpft mit ihrer Verpflichtung zu heiraten, um einen Erben für das Haus Berethnet zu zeugen. Gleichzeitig muss sie in diesen außergewöhnlichen Zeiten Stärke beweisen und beißt sich daran die Zähne aus. Tunuva und die Priorei wollen die Menschen vor der drohenden Gefahr warnen, stoßen jedoch auf eine gefährliche Welle der Ignoranz vor der möglichen Rückkehr des namenlosen Einen. Zudem muss sich die Kriegerin auch auf ihre Ziehtochter fokussieren, die genug hat von den alteingesessenen Strukturen der Priorei des Orangenbaumes.
All dieser Zwiespalt, all diese Ränkespiele, die sich nicht vor den Intrigen rund um den Eisernen Thron von Westeros verstecken brauchen, bieten einen wunderbaren Nährboden für eine spannende Geschichte. Nun muss ich aber leider konstatieren, dass aus diesem Nährboden über weite Strecken wenig von eben dieser Spannung gedeiht. Das Buch vermag es kaum, eine Sogwirkung zu entwickeln, die einen mit kribbelnden Fingern die Seiten umblättern lässt. Das ist deswegen besonders schade, weil es der Autorin wunderbar gelingt, die Ereignisse rund um den Verderbnis spuckenden Furchtberg aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und in den Mittelpunkt zu rücken. Hierdurch wird die Tragweite der Geschehnisse in all seinen Nuancen offenbart und bietet damit dem Leser wunderbar gelungene Einblicke in die einzelnen Schicksale dieses Buches.
Fazit:
Samantha Shannon hat mit dem ersten Band dieser Prequel-Dilogie liebevoll gestaltende Protagonisten entworfen, deren Schicksale die Lust der Leserschaft entfacht, die Reise rund um den Kampf gegen den namenlosen Einen weiter zu begleiten. Das Interesse wäre umso größer, sofern die toll erzählte Geschichte mit adäquatem Nervenkitzel ausgestattet wäre.
An dieser Stelle möchte ich abschließend noch eine Lanze für das toll gestaltete Cover dieses Buches brechen. Eine Feststellung mit wenig Einfluss auf das Geschriebene, dafür aber eine Wohltat fürs Auge.
Samantha Shannon, Penhaligon
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