Das Raumschiff, das vom Himmel fiel
- Heyne
- Erschienen: September 2023
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Der Weg ist das Ziel
Die Menschheit hat Sterne und Planenten besiedelt, die Erde schon lange hinter sich gelassen. Doch die hier Zurückgebliebenen haben mit wenigen Ressourcen und rauen Lebensbedingungen neue Gesellschaftsstrukturen entwickelt. Sie klammern sich an eine letzte Hoffnung und ihren Glauben an die Götting Gaia. Bis einiges Tages ein Raumschiff auf die Erde stürzt…
Episodenhafter Aufbau
Die englische Autorin Grace Curtis entfaltet in ihrem Debüt einen reizvollen Genre-Mix aus Roadtrip und wildem Sci-Fi Western, der uns lange Zeit rätseln lässt, wo die Geschichte hinführen mag. Wir begleiten eine namenlose Frau. Sie ist Überlebende des Absturzes und sucht nach ihrer vermissten Liebe. Ihr Weg durch karge Landschaften in einer heruntergekommenen, nicht gerade lebenswerten Welt gestaltet sich unwegsam und gefährlich. Sie gerät in Schwierigkeiten, man trachtet ihr nach dem Leben, andere aber helfen in ausweglosen Situationen.
Mit episodenhaftem Aufbau gerät die Geschichte kompakt. Doch auch wenn wir wissen, dass diese einzelnen Abschnitte Teil eines Ganzen sind, so bleiben sie anfangs nur lose miteinander verflochten. Erst im letzten Drittel, wenn Grace Curtis den Roman mehr öffnet, sich mehr und mehr Hintergründe zu den Ereignissen offenbaren und langsam Details zu den Begebenheiten auf der Erde durchsickern, so werden auch die Figuren griffiger und die Geschichte entsprechend packender.
Wer sucht wen?
Bis dahin aber bleibt uns besagte Frau, deren richtigen Namen und Herkunft wir erst spät erfahren, sowie ihr Anliegen auf der Erde, fremd. Ihr Schicksal berührt noch wenig, wir bleiben lange auf Distanz. Andere Figuren können wir schwer einordnen. Sie tauchen auf, verschwinden wieder, um dann später doch noch einmal eine Rolle zu spielen. Nur eines ist klar, Deputy Seawall hat schon lange entschieden, dass er diese Fremde loswerden möchte. Denn sie steht seinen eigenen Plänen im Weg.
Der Entwurf der gegensätzlichen Welten - die alte Erde auf der einen Seite und die neue ferne Zivilisation auf der anderen - gelingt auf gerade einmal gut 330 Seiten nur bedingt. Denn häufig zu skizzenhaft geraten die Ausführungen, werden erst später, etwa in der pulsierenden Metropole New Destiny einnehmender. Die entwickelte Zivilisation der Menschheit im Weltall wird nur angerissen.
Dennoch gibt es immer wieder überaus spannende und wirklich gut ausgestaltete Passagen. Mit gutem Tempo, fein dosierter Action, stimmungsvoller Atmosphäre und teils skurrilen Ideen zieht uns Grace Curtis immer wieder in die Geschichte hinein. Langsam erkennen wir die gewachsenen Hierarchien in einem fragilen System, in der das Weltliche und das Spirituelle gegeneinanderstehen. Hier sucht die Frau nach ihrer großen Liebe und nimmt alles dafür in Kauf.
Fazit:
Auch wenn ich eigentlich ein Freund komprimierter Geschichten bin, so hätte ich mir diesmal ein etwas üppigeres Worldbuilding gewünscht. Dass Grace Curtis das mühelos gelingen dürfte, beweist sie an vielen gut erzählten Stellen und mit einem sehr schönen, flüssigen Schreibstil (Maike Hallmann hat ins Deutsche übersetzt). So bleiben Grundidee und Setting für mich hinter den Möglichkeiten zurück. Die Figuren sind nicht stark und einzigartig genug, um die Geschichte zu tragen. Die Liebesgeschichte auf einem bemitleidenswerten Planeten berührt auch am Ende zu wenig. Unterhaltsam war der Weg zum Ziel trotzdem und ich bin neugierig auf kommende Werke der noch jungen englischen Autorin.
Grace Curtis, Heyne
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