Im Namen des Ordens - 1. Die Asche des Lazarus
- Lübbe
- Erschienen: April 2023
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„Todesursache Arroganz wird auf meinem Grabstein stehen. Wahrscheinlich unterstrichen.“
Ein magischer Geheimbund
Menschen die im Geheimen gegen Übernatürliches Prügel austeilen? Eingebettet in ein gegenwärtiges Setting? Da kommen Erinnerungen an Sam und Dean Winchester in mir hoch. Das bedeutet zweierlei: Einerseits unbändige Vorfreude, aber anderseits auch Angst vor einer Enttäuschung. Mal sehen, was uns erwartet.
Ursprünglich ist „Im Namen des Ordens“ als reine Hörbuchreihe erschienen. Nun folgt der Weg vom Hörbuch zum Paperback. Auf dem Cover ziert der Name Robin G. Hunter. Hinter diesem Pseudonym steckt ein ganzes Autorinnenteam. Diana Itterheim, Lara Lorenz, Ann-Kathrin Karschnick, Daniela Pusch und Sandra Grauer entführen uns in das heutige London. Neben den gewöhnlichen Menschen existieren dort im Untergrund allerlei paranormale Wesen. Der Hermetische Orden, an dessen Spitze magiebegabte Menschen die Fäden ziehen und sich selber wahrscheinlich als Wächter des Friedens bezeichnen würden, sorgt für Recht und Ordnung. Dieser Geheimbund, der unter dem Radar der übrigen Bevölkerung agiert, hat es sich zur Aufgabe gemacht, alles magische Wissen unter sich zu vereinen und unter Verschluss zu halten. Zur Verfügung stehen ihm dabei schnelle Eingreiftruppen samt fleißiger Tatortreiniger, die immer dann zur Stelle sind, wenn es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen paranormalem und menschlichem Leben kommt.
Unter der Fuchtel
Alle paranormalen Lebensformen haben sich an die Regeln des Ordens zu halten. Diese zeichnen sich im Grunde genommen durch Folgendes aus: Haltet euch bedeckt und fügt keinem Menschen Schaden zu, ansonsten schicken wir unsere Vigilanten, die magischen Ermittler des Ordens, los und zerren euch zum Galgen. Dabei steht der Galgen nur symbolisch für den letzten Akt eines paranormalen Schwerverbrechers. Denn wie wir alle wissen, kann ein Vampir über einen Strick um den Hals nur müde lächeln.
Es kommt also wie es kommen muss und die Geschichte rund um unsere Protagonisten beginnt mit einem blutrünstigen Mord, der ganz laut ÜBERNATÜRLICH schreit.
Drei Perspektiven
Den männlichen Part unseres Trios übernimmt der Magier Caleb. Frisch zum Vigilanten ausgebildet, erhält er eine Führungsrolle einer Ermittlungsgruppe. Er ist besonders von sich selbst überzeugt und man kann ihm eine gewisse Arroganz andichten. In seinem Handeln ist er gefangen in den Traditionen und Konventionen des Hermetischen Ordens. Diese sind gelinde gesagt ziemlich konservativ. Frauen haben kaum Mitspracherecht und die paranormalen Wesen werden von Natur aus als böse und verachtenswert abgestempelt.
Da Caleb zu weiten Teilen des Romans treuherzig den Anweisungen des Ordens folgt, verkommt er oft zu einem naiven Schoßhündchen, das nicht fähig ist über den Tellerrand hinauszublicken. So sammelt er bei den Lesern keine Sympathiepunkte.
Die zweite im Bunde, Sally, ist ohne Eltern im Orden aufgewachsen. Sie arbeitet als Dienstmädchen und Obscura. Hinter letzterem verbirgt sich der Job einer Tatortreinigerin. Ausgestattet mit einem magischen Staubwedel lässt sie übernatürliche Spuren verschwinden oder hilft mittels eines speziellen Notizbuches die Gedächtnisse unerwünschter Zeugen zu löschen. Das Bild des in schwarz und weiß gekleideten Dienstmädchens, samt Haube auf dem Kopf und bewaffnet mit ihrem verzauberten Staubwedel passt in das von den Autorinnen skizzierte Konstrukt des Ordens, wirkt aber auch ein wenig überspitzt. Hier muss jeder für sich selbst entscheiden, ob einem diese Heldinnenzeichnung gefällt.
Man kann von Glück sprechen, dass Sally eine rebellische Ader hat und sich gegen die Männerdomäne des Ordens mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln aufbegehrt. Zu Anfang der Geschichte wird sie von Caleb und anderen Protagonisten kaum ernst genommen. Man sieht sie nur als Dienstmädchen, das für das Putzen und nicht für das Denken bezahlt wird. Sally lässt sich jedoch nicht unterkriegen und verschafft sich immer mehr Gehör und verstrickt sich dabei immer tiefer in den Schlamassel rund um die Ermittlungen der Vigilanten.
Dabei hat sie eine starke Verbündete im Orden. Lady Kaitlin ist Bibliothekarin des Ordens und sitzt somit auf sämtlichem bekanntem Wissen der magischen Welt. Lady Kaitlins Sicht beschafft dem Leser Einblicke in vergangene Geschehnisse des Ordens. Sie ist mit der Führung des Hermetischen Ordens in keiner Weise einverstanden und strebt Veränderungen an. Diese sind von langer Hand geplant, gewinnen aber im Laufe der Handlung immer mehr an Aktionismus.
Seichtes Fahrwasser
Das Potential der Geschichte wird leider kaum ausgeschöpft. Es fehlt insbesondere an Tiefe. So gut wie alle Aspekte des Buches kratzen nur an der Oberfläche oder erscheinen fragwürdig. Warum z.B. keine Funkgeräte genutzt werden, wenn es an einer magischen Verständigung fehlt und somit eklatante Kommunikationsschwierigkeiten in Kauf genommen werden, lässt den Leser stirnrunzelnd zurück.
Das Wirken der Magie, die Geschichte des Ordens, die Charaktere und vieles Weitere, bieten so viel Angriffsfläche für eine detailliert gestaltete und nachvollziehbare Weltenschöpfung. Man möchte einfach tiefer einsteigen und die Geschichte mit seiner Fantasie zum Leben erwecken, erhält hierfür aber leider nicht genügend Bausteine.
Fazit:
Letztendlich lässt mich dieser Roman etwas enttäuscht zurück. Urban-Fantasy-Liebhaber bekommen hier ein solides Genrefundament vorgesetzt, dem es aber an der nötigen Tiefe fehlt. Nichtsdestotrotz entfacht die Handlung gegen Ende meine Neugier, da die Entwicklung der Charaktere doch Einiges für den Folgeband verspricht. Die letzten Kapitel bieten genügend Zündstoff, um meine Wunschliste mit Band 2 zu bereichern.
Robin G. Hunter, Lübbe
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