Der Untergang von Númenor
- Klett-Cotta
- Erschienen: November 2022
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Das Zweite Zeitalter – chronologisch!
Seit Amazon die erste Staffel seiner berüchtigten Serie „Die Ringe der Macht“ rausgehauen hat, ist das Zweite Zeitalter von Mittelerde plötzlich in aller Munde. Auf einmal kennen alle die Insel Númenor, wissen, wie es zum Schmieden der Ringe kam, und dass Sauron nach Morgoths Fall unerkannt durch Mittelerde streifte. Aber – wie das bei Verfilmungen häufig der Fall ist – wird die Serie der literarischen Vorlage nicht gerecht. Zumal sich die Produzenten eine Menge Freiheiten genommen haben, die eingefleischten Tolkien-Fans die Haare zu Berge stehen lassen. Doch nun wurde Abhilfe geschaffen: Brian Sibley, Gewinner des Outstanding Contribution Awards der Tolkien Society, hat sich die Mühe gemacht, alle versteuten Texte über das Zweite Zeitalter zusammenzutragen und chronologisch zu ordnen. Das Ergebnis ist ein übersichtlicher Leitfaden über die Historie eines lange stiefmütterlich behandelten Zeitalters von Mittelerde.
Zum Glück hat sich jemand die Mühe gemacht
„Der Untergang von Númenor“ enthält keine unbekannten und bisher nicht veröffentlichten Texte. Stattdessen hat sich Sibley an dem „Silmarillion“, den „Nachrichten aus Mittelerde“ und dem „Herr der Ringe“ bedient. Für deutsche Fans gibt es dennoch etwas zu entdecken; es finden sich nämlich auch Auszüge aus „The History of Middle Earth“, das bisher noch nicht vollständig auf Deutsch erschienen ist.
Obwohl belesene Fans nicht viel Neues entdecken werden, bietet Sibleys Werk den großen Vorteil, dass die Texte und Auszüge aus den verschiedenen Büchern zeitlich geordnet sind. Zum ersten Mal kann man sich also von Jahr 1 mit der Gründung der Grauen Anfurten bis ins Jahr 3441 mit Saurons großer Niederlage durcharbeiten. Die Mühe, die man sich als Hobby-Forscher also geben musste, um die ganzen verstreuten Informationen im Geiste zusammenzuführen, entfällt demanch. Aus diesem Grund ist das Buch v. a. für Neulinge geeignet, die durch die Serie auf den Geschmack gekommen sind und einen gut sortierten Einstieg ins Zweite Zeitalter suchen.
Und das lohnt sich, denn die Geschichte dieser Epoche hat es in sich: Sauron intrigiert, was das Zeug hält, und stachelt das stolze Volk von Númenor an, gegen die Unsterblichen Lande in den Krieg zu ziehen. Eine denkbar schlechte Idee – die Númenor buchstäblich mit dem eigenen Untergang bezahlt. Als schließlich die legendären Ringe geschmiedet werden, wird Sauron von den Elben durchschaut. Es kommt zum großen Krieg, an dessen Ende Isildur Saurons Ring an sich nimmt. Wie es im Dritten Zeitalter mit diesem Schmuckstück weiterging, weiß jeder, der sich mit „Der Herr der Ringe“ beschäftigt hat.
Obwohl die Geschehnisse spannend zu verfolgen sind, handelt es sich nicht um eine klassisch erzählte Geschichte wie es z. B. in „Der Herr der Ringe“ der Fall ist. Die Texte sind zusammenfassender Natur und erinnern stilistisch an altertümliche Chroniken. Darauf müssen sich Einsteiger gefasst machen, damit etwaige Erwartungen nicht enttäuscht werden.
Wieder einmal wunderschön aufgemacht
Die Aufmachung des Buches wird Tolkiens Werk absolut gerecht. Ausgestattet mit Lesebändchen, rot gedruckten Highlights, Zeittafeln, Karten und jeder Menge Anmerkungen und Nachweisen im Anhang, ist hier wieder ein kleiner Prachtband gelungen. Selbstverständlich dürfen auch Illustrationen und Bildtafeln des begnadeten Tolkien-Zeichners Alan Lee nicht fehlen. Die Mühe und Leidenschaft, die in dieses Buch geflossen sind, spürt man tatsächlich auf jeder Seite.
Fazit:
„Der Untergang von Númenor“ ist eine schöne Zusammenstellung von Texten über das Zweite Zeitalter Mittelerdes. Besonders für Neulinge ist es ein übersichtlicher Einstieg in Tolkiens Welt vor den Geschehnissen in „Der Herr der Ringe“ oder „Der Hobbit“. Und ganz sicher wäre es ein nützliches Handbuch für die Macher der Amazon-Serie gewesen.
Brian Sibley, J.R.R. Tolkien, Klett-Cotta
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