Jurassic World: Das ultimative Kompendium

  • Panini
  • Erschienen: November 2022
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Jurassic World: Das ultimative Kompendium
Jurassic World: Das ultimative Kompendium
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Michael Drewniok
80°1001

Phantastik-Couch Rezension vonFeb 2023

Sie kehren und beißen eindrucksvoll zurück

1993 war es wieder einmal Stephen Spielberg, der die Geschichte des Blockbuster-Unterhaltungskinos um ein weiteres Kapitel erweiterte. „Jurassic Park“, die Verfilmung eines Romans von Michael Crichton, war nicht nur ein Mega-Erfolg, der an den Kassen Fabelgewinne generierte, sondern auch ein moderner Klassiker, der mit den Jahren weniger alterte als reifte. Spielberg protzte nicht einfach mit bemerkenswerten Spezialeffekten - letztlich traten die Saurier insgesamt kaum eine Viertelstunde auf -, sondern band sie in eine Story ein, die den klassischen Qualitätsanforderungen des erzählenden Kinos entsprach, also das Publikum ansprach, statt es einfach zu überwältigen.

„Jurassic Park“ trieb Figuren, die man mögen oder hassen konnte, durch ein nicht unbedingt originelles, aber ungemein spannendes Abenteuer. Spielberg traf wie so oft einen Nerv: Dinosaurier faszinieren die Menschen, und hier präsentierten sie sich in einer optischen Qualität, die sie buchstäblich zum Leben erweckte und mit den Darstellern interagieren ließ. Kein Wunder also, dass „Jurassic Park“ fortgesetzt wurde. Teil 2 inszenierte 1997 Spielberg noch einmal selbst, Teil 3 übergab er 2001 an Joe Johnston.

Danach ruhte die Serie, die sich längst zu einem Franchise entwickelt hatte, das eine Flut von Computerspielen, Comics oder „Live-Action“-Figuren auf den Markt warf. Dass man neue Filme drehen würde, stand außer Frage. 2015 war es soweit. „Jurassic World“ setzte die Serie nicht nur fort, sondern wurde aufgrund des abermaligen Erfolgs zum Start einer neuen Trilogie, die 2018 bzw. 2022 weitergeführt wurde.

Nächste Runde: Hollywood als Filmfabrik

„Jurassic Park“ und „Jurassic World“ sind nicht nur Filme, sondern auch populärkulturelle Großveranstaltungen. Hier wird nie gekleckert, sondern stets geklotzt. Das Ziel ist einerseits der größte gemeinsame Publikumsnenner, während man andererseits auf die Geldbörsen einer möglich kopfstarken Zuschauerschar zielt. Dieses Kino stößt „Produkte“ aus, die global möglichst komplikationsfrei vermarktet werden und Mega-Gewinne einfahren sollen. Jene Widerhaken, die eine Geschichte einzigartig machen, aber ihr Publikum abschrecken können, bleiben unbedingt außen vor. Schauen und genießen bzw. zahlen und konsumieren lautet die Devise - ein Punkt, den dieses Buch eher unfreiwillig zur Sprache bringt.

„Jurassic World - Das ultimative Kompendium“ ist ein Blick auf die bemerkenswerte Leistungskraft, die das Hollywood-Kino auch im 21. Jahrhundert an den Tag legt. Autor James Mottram dokumentiert ein Handwerk, das in seinen besten Momenten Kunststatus erreicht. Dabei konzentriert er sich auf die Schauwerte der neuen Trilogie, obwohl er auch den Darstellern breiten Raum bietet. Doch obwohl oder gerade weil Mottram sich sehr ins Zeug legt, kommt es zu Momenten, in denen man als Leser über Brüche stolpert.

Dazu kommen wir später, denn als Dokumentation darüber, wie modernes Unterhaltungskino entsteht, ist dieses Kompendium eine Fundgrube und dazu ein Prachtband, der auf 256 Seiten jedem der drei „Jurassic-World“-Filme viel Darstellungsraum einräumt. Mottram konnte als ‚offizieller‘ Autor auf die Unterstützung der filmbeteiligten Unternehmen zählen. Sie öffneten ihre Archive, und zahlreiche Mitwirkende vor unter hinter der Kamera ließen sich bereitwillig interviewen.

Macht und Pracht der Bilder

„Jurassic World“ folgt nur noch vorgeblich jenem Spielberg-Rezept, das eingangs erläutert wurde. Obwohl Spielberg als Produzent weiterhin im Boot war und angeblich diverse Ideen beisteuerte, steht nicht mehr die Story, sondern die Bildwucht im Vordergrund. Die neue Trilogie bietet Aktion und Hektik, erreicht aber selten die emotionale Kraft des Originals. Dennoch beeindruckt die schiere Kraft eines Kinos, das heute praktisch jede Illusion glaubhaft umsetzen kann.

Mottram macht dabei deutlich, wie mehr als ein Jahrhundert Filmhandwerk mit den Errungenschaften der digitalen Moderne verbunden wurden. Zwar könnte man quasi sämtliche Spezialeffekte im Computer erzeugen, doch diesen Fehler beging man nicht: Weiterhin vermag das menschliche Auge sehr wohl zu erkennen, wo allzu offensichtlich getrickst wurde. Deshalb baute man für die „Jurassic-World“-Trilogie viele Saurier als „animatronisch“ bewegliche Modelle in Lebensgröße. Die Darsteller stehen ‚echten‘ Ungeheuern gegenüber, was sich in ihrem Schauspiel widerspiegelt: Sie können reagieren.

Jeder Aspekt der „Jurassic World“ ist künstlich, wird aber von einem Heer begabter Spezialisten in eine ‚Realität‘ verwandelt, die auf Leinwand und Bildschirm eine stimmige Welt entstehen lässt, die über eine profane Kulisse hinausgeht. Mottram dokumentiert den manchmal stupend wirkenden Aufwand, der dafür betrieben wird. Nicht nur die Schar der Saurier, sondern auch der Park mit seinen oft gewaltigen Bauten entstand im Maßstab 1 : 1. Um dies möglich zu machen, gab es eine schier endlose Flut von Hintergrundmaterial, das den Beteiligten half zu erschaffen, was oft vielleicht nur Momente sichtbar wird, aber dank seiner optischen Überzeugungskraft die Filmillusion unterstreicht.

Entwürfe für eine glaubhafte Illusion

Hunderte, womöglich tausende Personen sind an der Produktion moderner Multi-Millionen-Blockbuster beteiligt; kein Wunder, dass die Nachspänne dieser Filme endlos laufen! Was diese Männer und Frauen leisten, legt Mottram in seinem Kompendium offen. Skizzen, Designstudien, Pläne und Entwürfe für Logos, Eintrittskarten oder fiktive Werbung für die „Jurassic World“: Jedes Detail scheint bedacht worden zu sein. Der Aufwand ist immens, der Weg von der Idee zur Szene lang.

Moffat beschreibt, aber er illustriert auch. Die Kombination von Wort und Bild erleichtert das Verständnis einer oft komplexen Filmproduktion, die sich in ihren Abläufen von der Realität abkoppelt und eigenen Gesetzen gehorcht. Das Bildmaterial ist grandios. Es wird durch zusätzliche ‚Gimmicks‘ ergänzt: Storyboards, Konzeptdesigns, Grundrisspläne, sogar Sticker werden dem Buch eingeklebt. Sie bilden ‚Features‘, die noch einmal vertiefen, was Text und ‚normale‘ Bilder beschreiben.

Dieses Material wirkt auch deshalb so intensiv, weil es auf dickes, qualitativ hochwertiges Papier gedruckt ist. Hier schimmert nichts durch, und die Farben sind brillant. Dies hat seinen (Buch-) Preis, doch für sein Geld bekommt man einen zufriedenstellenden Gegenwert!

Der Kotau des Auftragsautoren - ein altes Problem

Während das Bildmaterial über jeden Tadel erhaben ist, gilt es den Text kritischer zu bewerten. Da ist erst einmal ein aktuell offenbar ‚schickes‘ Layout, das ältere und nicht mehr so augenstarke Leser anscheinend ausschließen soll - die Schrift-‚Größe‘ ist durchweg fällig für eine Lektüre per Lupe.

Inhaltlich kann Mottram dort punkten, wo er sich auf die Darstellung von Produktionsabläufen konzentriert. Heikel wird es, wenn er zu werten beginnt: Autoren wie er arbeiten nach dem Prinzip „Wes‘ Brot ich ess‘, des‘ Lied ich sing‘“. „Das ultimative Kompendium“ ist auch Teil eines studiofinanzierten Marketings, das über ‚echte‘ Werbung weit hinausgeht. Die Produktion eines Films läuft nie ohne Konflikte ab. Stets ist das Budget begrenzt, die Zeit knapp. Vor unter hinter der Kamera müssen die Beteiligten ‚funktionieren‘. Der Mensch ist keine Maschine. Streitigkeiten unter Stress sind vorprogrammiert. Die „Jurassic-World“-Filme blieben davon keineswegs verschont; man kann es im Internet recherchieren. Doch darüber schweigt sich Mottram aus. Schwierigkeiten deutet er höchstens an. Ansonsten gaukelt er uns eine Entstehungsgeschichte vor, in der alle einander schätzen und liebten - dies so plump auf die Spitze getrieben, dass man geneigt ist, dies als entlarvendes Stilmittel zu interpretieren.

Dass die neue Trilogie die Kassen klingeln ließ, wird natürlich herausgestellt. Dagegen bleibt die durchaus geteilte Zustimmung eines nicht wirklich mitgerissenen Publikums außen vor. Die Drehbücher der drei Filme sind keine Geniestreiche, und manche Bildsequenz ist eindrucksvoll, aber so übertrieben, dass es zum Schlimmsten kommt, was geschehen kann: Der Illusionsfaden reißt, als Zuschauer wird man aus der Geschichte geworfen. Insofern ist dies kein „ultimatives Kompendium“, sondern ein informativer Prachtband mit inhaltlichen Abstrichen.

Fazit:

Großformatiger, hochwertig produzierter und prall mit Informationsmaterial gefüllter Prachtband, dessen Text allzu offensichtlich auf der Harmonieschiene fährt und nur die (für die Produktionsfirma) positiven Aspekte einer Filmproduktion erwähnt: nichtsdestotrotz ein lesens- und vor allem sehenswertes Werk!

Jurassic World: Das ultimative Kompendium

James Mottram, Panini

Jurassic World: Das ultimative Kompendium

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