Ecce Machina - Die Seele der Maschine

  • Piper
  • Erschienen: April 2023
  • 1
Ecce Machina - Die Seele der Maschine
Ecce Machina - Die Seele der Maschine
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André C. Schmechta
91°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJun 2023

Ein Highlight moderner Science-Fiction

Nikolai South, Agent bei der Staatssicherheit der Kaspischen Republik, erhält einen überraschenden und ungewöhnlichen Auftrag. Er soll eine KI bei der Identifizierung der Überreste ihres Mannes begleiten. Überraschend, dass ausgerechnet der wenig ehrgeizige South für einer derart bedeutende Mission ausgewählt wird. Ungewöhnlich, da hier in dem diktatorisch geführten Land jegliche künstliche Intelligenz verboten ist und es sich bei der KI zudem um Lily Xirau handelt. Sie ist die Witwe des ermordeten politischen Propagandisten Paulo Xirau, Und der war, wie sich nach seinem Tod feststellt, ebenfalls eine KI…

Konfuzius, George und Athene

Doch wahre Brisanz soll der Auftrag für Nikolai South dadurch erhalten, dass Lily Xirau seiner verstorbenen Ehefrau zum Verwechseln ähnlichsieht. Er gerät in einen inneren Konflikt. Die Ausübung seiner Pflichten für die Kaspische Republik, Licht in das Dunkel um die Ereignisse bringen und dem Drang, seinen Sehnsüchten nachzugeben, die durch diese ungewöhnliche Begegnung geweckt werden und seine traurige Vergangenheit neu aufleben lassen.

Es ist interessant, wie gut es Neil Sharpson gelingt, die moderne zukünftige Welt - gut 200 Jahre in der Zukunft angelegt - mit nur wenigen Details in die Geschichte zu verflechten. Es sind vorrangig Zitate oder Aufzeichnungen fiktiver historischer Persönlichkeiten, die den Werdegang in eine von Künstlicher Intelligenz gesteuerten Zukunft aufzeigen. Androiden leben als gewöhnliche Bürger unter den Menschen, das Leben findet nicht nur irdisch statt und die Digitale Transmission hat gewaltige Ausmaße angenommen. Konfuzius, George und Athene sind die Bezeichnungen der Super-KIs, die das Leben auf der Welt steuern und die Entscheidungen aller Regierungen treffen.

Intensive Atmosphäre

Nur die Kaspische Republik schwört jedweder Maschine ab. Hat sich den „Wahren Menschen“ verschrieben. Das hat für die Menschen, die hier leben einen hohen Preis. Es wird mit fester Hand und straffer Organisation regiert. Staatssicherheit und Parteisicherheit sorgen dafür, dass Angst und Einschüchterung die Bevölkerung in die gewünschten Bahnen lenken. Mal mit mehr mal mit weniger Erfolg. Immer mehr Menschen machen von der Möglichkeit Gebrauch Ihre Seele zu digitalisieren, um sie dann in der neuen Welt zu transferieren und so den Fesseln der Diktatur zu entkommen.

Sharpson zeichnet eine düstere Realität, in einem System in dem jeder und jede damit rechnen müssen, verraten zu werden. Für den Erhalt der Machtstrukturen ist jedes Mittel recht. Es entsteht eine dichte, intensive und teils beklemmende Atmosphäre. Mittendrin ist Nikolai South, der bald spürt, dass er nicht mehr objektiv urteilt und zunehmend persönlich motiviert handelt. Zu sehr schon fühlt er sich zu Lily Xirau hingezogen.

In diesem nuanciert austarierten Spannungsfeld gelingen Neil Sharpson hervorragend gezeichnete Figuren. Feinfühlige Dialoge, in denen stets vorsichtig und behutsam agiert wird, wohlwissend, dass falsche Äußerungen drastische Konsequenzen nach sich ziehen können. Wer ist Freund? Wer ist Feind? Das Risiko einen falschen Schritt zu unternehmen ist groß. Ursprünglich als Theaterstück konzipiert, entsteht ein fesselndes und feinfühliges, psychologisches Kammerspiel, in dem Sharpson auch immer mal kurz dezenten zynischen Humor durchblitzen lässt.

Unnötig kompliziert und komplex gerät allerdings das Ende, das noch einmal zahlreiche politische Entwicklungen auffächert und mit Figuren der Geschichte verknüpft. Für einen Moment verliert der Roman an Dichte und Intensität.

Fazit:

Neil Sharpson gelingt ein ungemein faszinierender und packender Thriller um Künstliche Intelligenz, Politik und Macht, den Sehnsüchten des Menschen. „Ecce Machina“ ist ein Highlight moderner Science-Fiction, das auch durch die Gegensätzlichkeiten der entworfenen Lebenswelten nachklingt. Ich lege ich das Debüt des irischen Theaterschriftstellers schonmal auf meine persönliche Liste „Buch des Jahres“.

Ecce Machina - Die Seele der Maschine

Neil Sharpson, Piper

Ecce Machina - Die Seele der Maschine

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