This Vicious Grace: Die Auserwählte (The Last Finestra 1)
- LYX
- Erschienen: Dezember 2022
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Es hätte so spannend sein können
Die Amerikanerin Emily Thiede lebt in Virginia, unterrichtet Kreatives Schreiben und arbeitet als Mentorin für angehende Autoren und Autorinnen. Ansonsten rettet sie streunende Katzen und versucht sich selbst im Schreiben. „The Vicious Grace“ und die Ereignisse um Finestra Alessia wurde zu ihrem Debüt. „Die Auserwählte“ ist der 1. Band der als Dilogie angelegten Serie, die im Herbst 2023 mit „Die Verbannten“ abgeschlossen werden soll.
Alessa muss liefern
Die Insel Saverio wird regelmäßig von zerstörerischen Wesen angegriffen. Rettung kann nur die Finestra bringen, die dafür ihre Kräfte mit denen ihres Fonte verbinden muss. Doch die gegenwärtige Finestra hat damit Probleme. Allesia kann ihre Kraft nicht kontrollieren, ihre Fonte sterben durch eine Berührung von ihr. Das Volk begehrt langsam auf und so sucht sich Alessia einen starken Leibwächter. Dante ist als Mörder gekennzeichnet und scheint auch sonst noch so manches Geheimnis zu haben. Das hält Alessia aber nicht ab, sich in ihn zu verlieben. Das Problem mit den Dämonen und ihrem bevorstehenden Angriff gibt es aber immer noch. Kann Alessia mit Dantes Hilfe einen neuen Fonte finden, der ihr gewachsen ist und mit dem sie die Insel und ihre Bewohner retten kann?
Farblos in jeder Beziehung
Thiede als Lehrerin und Mentorin für angehende Schreiberlinge sollte wissen, wie wichtig ein gutes Worldbuilding in der fantastischen Literatur ist. Doch davon ist in „Die Auserwählte“ nichts zu spüren. Hier wird man mit zwei sehr simplen Karten und wenigen Hinweisen zu den Örtlichkeiten abgespeist. Die Stadt heißt wie die ganze Insel, wird von einer Zitadelle dominiert und besitzt ein düsteres Hafenviertel – das war es auch schon. Verflechtungen mit anderen Inseln oder dem Festland oder anderen Völkern – Fehlanzeige! Dafür hat die Autorin eine ganz offensichtliche Vorliebe für alles Italienische. Die Sprache auf Severio, die Gewohnheiten, das Essen, die Lebensweise findet man so auch in Italien, sogar die Religion mit regelmäßigen Besuchen des Tempels und Anbetungen der Dea sind da nichts Neues. Lediglich die Finestra mit ihren Fonte und die dämonischen Scarabei sind Innovationen, wobei auch das Thema einer totbringenden Berührung nicht neu ist. Vielschichtige Charaktere hätten hier vielleicht noch einiges retten können, doch außer Äußerlichkeiten gibt Thiedes Figurenzeichnung nicht viel her. Sie lässt zwar Alessia in ständigen Wiederholungen über ihre Einsamkeit nachdenken, doch tiefschürfende Charakterzüge sucht man bei ihr und allen anderen vergeblich. Viele Figuren werden gar nicht eingeführt, sondern treten einfach auf. Woher die Fonte ihre Macht haben, was eine Finestra ausmacht und wie alle eigentlich erkannt werden, wird nie gesagt. Andere spielen ebenfalls eine tragende Rolle und bleiben ebenfalls unerklärt. So dümpelt das Geschehen vor sich hin. Spannung kommt nicht auf und selbst der extrem blumige Schreibstil mit seinen ständigen, sehr bildhaften Vergleichen lässt die Augenlider beim Lesen immer schwerer werden.
Inkonsistenz beherrscht das Buch
Was allerdings der letzte Todesstoß für das Buch sein könnte, ist die Inkonsistenz, die alle Bereiche betrifft. Schon die Figuren sind mit ihren Charakteren nicht einzuordnen. Kaum nimmt man Alessia als Opfer ihrer Bestimmung wahr, die schwer an ihrer Last trägt, ändern sie sich in eine hormongesteuerte Kratzbürste, die sich mehr Gedanken zu Aussehen und Outfits macht, als über die Rettung ihres Volkes. Derartige Wendungen findet man überall, von der schreienden Unlogik ganz zu schweigen. Da werden Kleider und Särge mit Juwelen besetzt, aber die Finestra muss ihre Unterwäsche per Hand waschen und in ihrem Bad aufhängen. Der Gipfel allerdings ist der Angriff der Dämonen, der in regelmäßigen Abständen und mit rechtzeitiger schriftlicher Ankündigung stattfindet – der Divorando. Auch so ein Begriff der ständig erwähnt wird, aber ohne Erklärung der Autorin von der Leserschaft selbst definiert werden muss. Diese Inkonsistenz durchzieht die ganze Geschichte und macht sie damit nicht gerade zu einem Lesevergnügen. Da können die über 500 Seiten ganz schön lang werden.
Fazit:
Ein spannendes Thema, das man schlechter kaum hätte umsetzten können. Nur wer absolut keinen Wert auf einen logischen Plot und gut gezeichnete Charaktere legt, könnte von Emily Thiedes Dilogie begeistert sein. Ich gehöre nicht dazu und will daher auch nicht wissen, wie es mit „The Last Finestra“ endet.
Emily Thiede, LYX
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