Das Gesetz der Natur
- Diogenes
- Erschienen: September 2022
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Eine Postapokalypse der besonderen Art
Nach einer globalen Katastrophe richten sich die Menschen nur noch nach dem Gesetz der Natur. Sogenannte „Mutanten“ sind unerwünscht und werden gejagt, weshalb die Mutantin Gaia zusammen mit ihrem Lehrer und einem Jäger allein im Wald lebt. Hier lernt sie Lesen und Schreiben, eine Fähigkeit, die die Menschen längst verlernt haben. Gaia besitzt deshalb eine besondere Gabe, die auch für ihre Feinde enorm wichtig ist. Diese schicken sie auf eine gefährliche Suche, um die letzten Bücher der Menschheit zu finden.
Auch mit viel Geduld kaum zu bewältigen
Obwohl dieses Buch thematisch in die Kategorien Fantasy und Science Fiction einzuordnen ist und mit einer großartigen Idee punkten kann, sei hier ganz klar gesagt: Dieses Werk richtet sich nicht an typische Genreleser. Stattdessen stellt sich die Frage, welche Zielgruppe hier überhaupt angesprochen werden soll. Denn der eigenwillige Schreibstil von Solomonica de Winter ist nicht vergleichbar mit der gängigen phantastischen Literatur. Er ist überaus distanziert (noch nie kam mir der Kampf um Leben und Tod so belanglos vor), oft viel zu erklärend (an den falschen Stellen) mit poetischen Anwandlungen und Stakkato-Sätzen, die sich mit brutaler Intensität in die Köpfe der Leser hineinzuhämmern versuchen. Das Resultat ist eine der emotionslosesten Geschichten, die ich je erlebt habe und die sich Dank ständiger Wiederholungen so lange im Kreis dreht, bis man im Gesicht so grün wird wie das Titelbild auf dem Cover. Wer von Büchern erwartet, in eine fremde Welt hineingezogen zu werden, mit den Figuren mitfiebern zu können oder eine spannende Geschichte zu erleben, sollte zu etwas anderem greifen.
An welche Leser richtet sich denn nun aber dieses Experiment, wenn man weder bei Figuren noch bei der Handlung Tiefe erwarten darf? Denn sogar Fans der sprachlichen Bizarrerie werden bei dem Inhalt rasend schnell an ihre Grenzen stoßen. Die Ausgangssituation ist zwar interessant, führt aber lediglich zu einem Roadtrip mit einer Figur, zu der man absolut keinen Zugang findet. Selbst in den Dialogen hat man eher das Gefühl, Robotern zu lauschen, die mit beschädigtem Sprachchip ihren Text herunterrattern. Hat man dann das langersehnte Ende erreicht, stellt sich nur noch die Frage, warum das alles eigentlich erzählt wurde – denn so wirklich bemerkenswert war nichts davon. Auch die philosophische Komponente, die man angesichts des Themas über die Bedeutung von Literatur in einer postapokalyptischen Welt erwarten könnte, kommt viel zu kurz. Und das alles (und noch viel weniger) auf 600 Seiten.
Fazit:
„Das Gesetz der Natur“ ist ein Buch, das man entweder mag oder eben nicht. Für die einen ist es ein langwieriges wie langweiliges Dystopie-Desaster, für die anderen ein ästhetisches und kunstvoll zusammengefügtes Meisterwerk. Vor dem Kauf sollte man deshalb mithilfe der Leseprobe unbedingt klären, zu welchem Lager man selbst gehört.
Solomonica de Winter, Diogenes
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