Die wahren Herrscher der Lüfte
Nordische Wesen, nordische Mythen und Untote – die Themen, mit denen sich der schwedische Illustrator Johan Egerkrans in seinen bisherigen Bildbänden beschäftigt hat, sind Hauptbestandteile der Phantastik. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis sich Egerkrans DEM Fantasy-Klassiker überhaupt zuwendet: Drachen. In seinem neuesten Werk vereint er Mythologien, Legenden und Sagen der geflügelten Monster zu einem wunderbaren Grundlagenwerk über abend- und morgenländische Drachentraditionen. Egerkrans Zeichnungen bieten dabei ganz eigene Interpretationen der Stoffe und lassen Leser und Betrachter in die Welt der feuerspuckenden, mysteriösen und mitunter auch hilfsbereiten Wesen eintauchen.
Willkommen zur Drachen-Parade
Der Bildband legt bereits spannend los: In der Einführung präsentiert Egerkrans verschiedene Theorien zur Herkunft des Drachenglaubens, erläutert die Unterschiede zwischen Drachen aus Ost und West und stellt gängige Elemente in Drachen-Geschichten vor. Der anschließende Hauptteil ist in drei Abschnitte gegliedert. Bei den kosmischen Drachen geht es um Drachen aus Schöpfungsgeschichten verschiedener Kulturen. Hier treffen wir auf Apep aus dem Alten Ägypten, Tiamat aus Babylonien und die biblischen Monster Behemoth und Leviathan. Weiter geht’s mit Drachen und Drachentötern. Hier stellt Egerkrans Sagen und Legenden vor, bspw. über Sankt Georg und den Sumpfdrachen, Fafnir und Sigurd, den Lindwurm von Lambton, den Basilisken und der Melusine. Hier ist alles dabei, was die westliche Welt an Drachen zu bieten hat. Zum Schluss wirft Egerkrans noch einen Blick auf die asiatischen Vertreter aus China, Japan, Indien und den Philippinen. Anders als ihre westlichen Verwandten sind diese Drachen oft freundliche Wesen, die den Menschen sogar hilfsbreit zur Seite stehen.
Da sich Egerkrans hauptsächlich auf europäische und asiatische Mythen konzentriert, werden Drachen aus anderen Kulturen, wie z. B. den Maori oder den nordamerikanischen Völkern ausgespart. Dies hätte verständlicherweise den Rahmen gesprengt, wie im Nachwort auch betont wird, dennoch ist es ein wenig enttäuschend. Wahrscheinlich wären gerade diese in unserer Kultur eher unbekannten Geschichten besonders spannend gewesen. Zumal Egerkrans’ Definitionen mitunter etwas schwammig wirken und manche der vorgestellten „Drachen“ locker gegen Vertreter aus anderen Kulturen hätten ausgetauscht werden können. Denn auch wenn Egerkrans in der Einführung auf die Bedeutung von Schlangen für Drachen-Mythologien hinweist, stellt sich mir bspw. die Frage, was die Schlange aus der biblischen Schöpfungsgeschichte hier zu suchen hat. An einen Drachen hätte ich hier überhaupt nicht gedacht … Doch das ist Jammern auf hohem Niveau, denn was Egerkrans hier neben den Texten bildlich abliefert, ist ganz große Klasse!
Johan Egerkrans Drachen machen mächtig Eindruck
Egerkrans’ einzigartiger Stil ist wie gemacht für alles, was phantastisch ist – ganz besonders, wenn es um majestätische Wesen geht wie die Drachen. Ein bisschen eckig und kantig mit düster-schönen Farbkompositionen präsentieren sich hier monstermäßige Bilder, welche die Macht und Größe der Drachen gekonnt einfangen und natürlich auch messerscharfe Zähne und glühende Augen zur Geltung bringen. Daneben strahlen die asiatischen Drachen Erhabenheit und Schönheit aus. Diese Vielfältigkeit präsentiert Egerkrans bravourös, sodass man immer wieder gerne in das Buch hineinschaut. Dabei fasziniert vor allem Egerkrans’ Einfallsreichtum, bekannte Drachen-Wesen in neuem Licht erstrahlen zu lassen. Die Melusine hat man so garantiert noch nie gesehen!
Fazit:
Ein toller Bildband für Drachenfans und Hobby-Mythologen. Johan Egerkrans’ einzigartiger Zeichenstil haucht dem alten Thema neues Leben ein. Es bleibt spannend, welchen Wesen sich der Erfolgsautor und -illustrator als Nächstes widmen wird!
Johan Egerkrans, Woow Books
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