Der schwarzzüngige Dieb
- Klett-Cotta
- Erschienen: August 2022
- 6
Er stiehlt das Gold der Reichen und die Geduld der Leser
Kinsch Na Schannak verdient seinen Lebensunterhalt als Dieb, und das auch recht erfolgreich. Das Problem ist nur, dass er von einer Gilde ausgebildet wurde, die von ihm nun horrende Schulden einfordert. Seine einzige Chance, die stets wachsamen Augen der Diebesgilde loszuwerden, besteht darin, sich der Kriegerin Galva anzuschließen, die auf einer ganz eigenen Mission unterwegs ist. Eine ganz spezielle Katze und eine Hexe vervollständigen die Gruppe, die sich bald in einem turbulenten Abenteuer wiederfindet.
Schwarz- und scharfzüngig
Auch wenn Kinschs Abenteuer durchaus spannend ist, in erster Linie hat man mit dem eigenwilligen Dieb eine Menge Spaß! Als Ich-Erzähler nimmt der Meisterdieb kein Blatt vor den Mund, was immer wieder zu den komischsten Beschreibungen und Vergleichen führt. Auch bei den nicht gerade sparsam eingesetzten Beschimpfungen beweist Kinsch Einfallsreichtum. Ein wenig Vulgarität muss man dabei aushalten können, genauso wie einen starken Magen bei so manchen Kampfszenen. Dennoch ist der gewitzte und mitunter auch schräge Kinsch (wer will schon an Münzen lecken, die bereits durch diverse schmutzige Finger gewandert sind?!) ein Protagonist und Erzähler, dem man sich gerne anvertraut. Genauso wie der gesamten Reisegesellschaft, die durch die Anwesenheit der Katze einiges an Charme gewinnt.
Auch die Welt, die Buehlman entwirft, kann absolut überzeugen. Neben schrulligen Figuren wird sie auch von Riesen, Kobolden, Kraken und anderen Unholden bewohnt, die unseren Helden nach dem Leben trachten. Eine gute Portion Magie rundet das Spektakel ab. Es handelt sich also um ein klassisches Fantasy-Abenteuer, das jedoch durch originelle Charaktere und Ideen punkten kann. Wäre da nicht diese lästige Krankheit, mit der so manche High-Fantasy-Werke zu kämpfen haben …
Eigentlich wollte ich keine Enzyklopädie lesen
Der Name dieser unsäglichen Krankheit lautet: Infodump. So sehr Kinsch als Protagonist auch überzeugen kann, so gerne möchte man ihn regelmäßig kräftig schütteln. Nämlich immer dann, wenn er sich in interessanten Momenten plötzlich in Details verliert und die Leser erst einmal über das Münzsystem des Reiches aufklärt oder die Dialekte seiner Gesprächspartner erörtert. Keine Chance, sich diesen ganzen Kram zu merken, aber wie sich herausstellt, ist das auch gar nicht nötig: Die Infos braucht man nie wieder. Und so ist man seitenweise damit beschäftigt, zähneknirschend irgendwelche Erklärungen zu überfliegen, bis Kinsch endlich wieder mit der Handlung fortfährt – nur um eine Seite später einen Exkurs zu den historischen Hintergründen des Dorfes zum Besten zu geben. Von der Kunst, Spannung aufrechtzuerhalten, hat Kinsch leider gar keine Ahnung.
Fazit:
Sarkasmus, Zynismus, Schrägheit, Humor und High Fantasy – was will man mehr? Antwort: Handlung und weniger Details. Hoffentlich gelingt es Christopher Buehlman in den folgenden Bänden, sich mehr auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Christopher Buehlman, Klett-Cotta
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