Old Country - Das Böse vergisst nicht
- Heyne
- Erschienen: Februar 2023
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Vier Jahreszeiten mit einem urzeitlichen Geist
Ex-Marine Harry und seine Frau Sasha haben beschlossen, zusammen mit ihrem Golden Retriever Dash das städtische Leben gegen eine abgelegene Ranch in den Bergen Idahos zu tauschen. Dort angekommen können die beiden ihr Glück kaum fassen. Sie sind überwältigt von der traumhaft schönen Natur und der Abgeschiedenheit. Die anfängliche Idylle bekommt jedoch erste Risse, als ihre Nachbarn Dan und Lucy von einem Geist berichten, der hier sein Unwesen treibt und durch besondere Rituale besänftigt werden muss, möchte man das eigene Leben nicht aufs Spiel setzen.
Vom Leben im Einklang mit der Natur
Mit detailreichen und stimmungsvollen Schilderungen entführen uns die Brüder Matt und Harrison Query in ihrem gemeinsamen Erstlingswerk in das ferne Idaho und lassen uns an den örtlichen Eigenheiten, der besonderen Natur und der überschwänglichen Lebensfreude von Harry, Sally und Dash teilhaben. Nur Dan und Lucy vermiesen gründlich die Neubeginn-Stimmung. So reagiert insbesondere Harry äußerst brüsk, als auf die offenbar bevorstehenden Heimsuchungen und die notwendigen Gegenmaßnahmen hingewiesen werden und weist diese als Spinnerei zurück. Doch langsam hält das Böse tatsächlich Einzug...
Es ist erstaunlich, wie mit wenigen und einfachen dramaturgischen Mitteln die sich aufbauende Spannung erzeugt wird. Die Query-Brüder gehen äußerst effizient zu Werke. Die je nach Jahreszeit unterschiedliche Manifestation des Geistes und das entsprechende Ritual um ihn zu abzuwehren, klingen dabei schon fast abstrus und eigentlich recht unspektakulär, greift typische Horror-Motive auf. Wenn aber das Grauen dann urplötzlich über Harry und Sasha einbricht, wird doch deutlich mit welcher ursprünglichen, bedrohlichen Macht und großer Gefahr es die beiden zu tun haben. Die komprimierten Horror-Momente werden dann packend, bildgewaltig und im wahrsten Sinne laut inszeniert. Schnell landen wir dann aber wieder im idyllischen Rancher-Alltag, wo die sich stetig festigende Nachbarschaft mit Dan und Lucy im Vordergrund steht.
Sasha und Harry, Harry und Sasha
„Old Country“ ist geradlinig erzählt. Abwechselnd wird aus der jeweiligen Perspektive von Harry und Sally in der Ich-Form erzählt. Das bringt uns umso dichter an das Paar und ihre Gefühls- und Gedankenwelt heran, während wir geduldig auf den nächsten angekündigten Zwischenfall warten müssen. Der jahreszeitliche Aufbau der Geschichte schafft ein gewissermaßen vorhersagbares Regelwerk durch das unweigerliche einige Längen entstehen, in denen auch die griffigen und gut zusammengestellten Figuren nur noch wenige Entwicklungen durchlaufen. Die immer wieder betonte Liebe und Harmonie zwischen Harry und Sasha, der sprunghafte Wechsel von zu Tode verängstigt bis cool abgeklärter Gegenwehr ist mir dann doch irgendwann zu dick aufgetragen.
Wehe, wenn das Böse herausgefordert wird
Dennoch - Harry, Sarah und Dash geben ein gut harmonisierendes Gespann ab, das mit vereinten Kräften den großen Traum verteidigt. Sie durchleben eine Achterbahnfahrt der Gefühle und ihnen wird in ihrer neuen Heimat wirklich alles abgefordert. Insbesondere die Hintergrundgeschichte von Harry mit seinen traumatischen Erlebnissen aus seinen Afghanistan-Einsätzen, die körperlichen und seelischen Auswirkungen sind dabei ein essentieller Bestandteil der Geschichte. So liebevoll und einfühlsam er auch zu Sarah und seinem Hund ist, so ungestüm und sprunghaft kann er sein, wenn er sich oder seine Liebsten in Gefahr sieht. Das ist nicht ohne Risiko.
Harrison Query hat bereits Treatments und Drehbücher z.B. für Netflix, amazon oder Lionsgate geschrieben und mit Filmgrößen wie Robert Zemeckis und Ridley Scott zusammengearbeitet. Der durch die Jahreszeiten episodenhafte dramaturgische Aufbau schreit dann auch förmlich nach einer Serienadaption. Und so verwundert es nicht zu lesen, dass niemand geringeres als das Erfolgsteam Shawn Levy und Dan Cohen - die Macher von „Stranger Things“ - „Old Country“ verfilmen werden. Da bin ich wirklich gespannt!
Fazit:
In stimmungsvoller Kulisse, mit dichtem Figurengeflecht und einem starken Paar, das fest zusammensteht, lassen uns Matt und Harrison Query vier ungewöhnliche Jahreszeiten mit dem manifestierten Bösen durchleben. Der Winter markiert dabei einen wahrlich stürmischen und aufreibenden Jahresabschluss, mit dann aber auch etwas dünner Auflösung, der die Verflechtung unterschiedlicher Aspekte - Gesetzte der Natur, Glaube und Tradition, der Mensch und seine Vergangenheit, sowie die Konsequenzen aus dem eigenen Handeln – nur wenig eindringlich gelingt.
Harrison Query, Matt Query, Heyne
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