Der Dachs, der Wind und das Webermädchen

  • Even Terms Press
  • Erschienen: Januar 2021
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Der Dachs, der Wind und das Webermädchen
Der Dachs, der Wind und das Webermädchen
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Nina Pimentel Lechthoff
68°1001

Phantastik-Couch Rezension vonDez 2021

Generisches Märchen, wunderbar vorgetragen

Es war einmal eine junge Frau, die im Winter geboren wurde und was ganz Besonderes war... Es war einmal ein Dachs, der von dem Fuchs übers Ohr gehauen wurde. Und es war einmal ein Kaiser, der endlich eine kleine Tochter bekam. In „Der Dachs, der Wind und das Webermädchen“ werden drei Geschichten eingeführt, die nach und nach ineinander verwebt werden und am Ende zum großen Finale führen.

Jay Kay hat seine Geschichte in ein japanisches Setting verfrachtet, das sehr gut im Rahmen eines Märchens funktioniert. Es gibt die hinterlistigen Yokai (japanische Dämonen) wie den Dachs und den Fuchs, mächtige Kami (japanische Götter) wie der Nordwind und eine tapfere junge Heldin, die sich dadurch auszeichnet, dass sie bescheiden ist und bereit ist, alles zu tun, um die Menschen um sie herum zu retten.

Denn als der menschenhassende Dachs den Nordwind in eine Falle lockt und einsperrt, stehen die Menschen vor einer Katastrophe. Der Nordwind, der die Seelen der Toten ins Jenseits leitet, bringt auch den Schnee – und damit das Wasser, das für die Ernte im Frühling wichtig ist. Um ihn zu befreien, muss Ayumi sich Kräften stellen, die ihr weit überlegen sind. Doch mit Mut, Ausdauer und der Hilfe ihres Kindheitsfreundes schafft sie es, den Nordwind zu befreien. Diese Heldentat verbreitet sich schnell durch das Land. Das führt einerseits dazu, dass Ayumi sich mit der Tochter des Kaisers anfreundet und mit ihr die Plätze tauscht. Andererseits aber facht dies den Hass des Dachses auf die Menschen - und insbesondere auf Ayumi selbst - an.

Als Hörbuch ein Genuss

„Der Dachs, der Wind und das Webermädchen“ habe ich als Hörbuch gehört, was meiner Meinung nach genau der richtige Weg ist, um diese Geschichte zu erleben. Vorgetragen wird es von der Synchronsprecherin Elisabeth Günther. Auch wenn die Geschichte nicht aus der Ich-Perspektive von Ayumi erzählt wird, habe ich das so wahrgenommen. Ich hatte das Gefühl, ganz und gar in Ayumis Welt einzutauchen. Ich glaube, das hat der Geschichte viel mehr Tiefe gegeben. Wenn ich „Der Dachs, der Wind und das Webermädchen“ als Buch gelesen hätte, wären mir die Figuren zu oberflächlich geblieben. Denn wenn ich genau darüber nachdenke, kann ich nicht genau sagen, was die Figuren genau für einen Charakter haben. Ich könnte nicht sagen, ob Ayumis Liebe zum Nachbarsjungen echt oder nur da war, weil sie so gut in das Märchen passte. Oder warum der Dachs die Menschen so abgrundtief hasste. Das Hörbuch hat für mich der Geschichte einen zusätzlichen Level an Tiefe gegeben, der sonst mir sehr gefehlt hätte. Denn so ist das Märchen für mich eher durchschnittlich mit etwas generischen - weil nur oberflächlich dargestellten - Figuren. Mit der Stimme von Elisabeth Günther ist aber „Der Dachs, der Wind und das Webermädchen“ zu einer Geschichte geworden, die im Gedächtnis bleibt.

Die Sache mit dem Bonus...

Das Einzige aber, was mir schleierhaft geblieben ist, ist das Gedicht. „Das Licht“ erzählt von einem verlassenen Anwesen, geisterhaften Erscheinungen und einer unerfüllten Liebe. So richtig eine Parallele zum Märchen „Der Dachs, der Wind und das Webermädchen“ konnte ich nicht erkennen. Denn das Gedicht erinnert eher an eine gotische Gruselgeschichte, wie sie Edgar Allen Poe oder Mary Shelley geschrieben hätten.

An dieser Stelle muss man auch erwähnen, dass ein bisschen Etikettenschwindel betrieben wurde. Auf dem Cover der CD wird damit geworben, dass die Stimmen von Arwen (Elisabeth Günther) und Faramir (Nicolas Böll) aus den „Herr der Ringe“-Filmen zu hören sind. Das stimmt zwar, aber so wie es draufsteht, könnte man meinen, dass „Der Dachs, der Wind und das Webermädchen“ von den beiden gesprochen wird. Nicolas Böll liest aber „nur“ das Gedicht vor. Wenn man also erwartet, die Stimmen der beiden wieder vereint zu hören, wird man enttäuscht werden.

Fazit:

Die Hörbuchfassung von „Der Dachs, der Wind und das Webermädchen“ hat mir sehr gefallen. Die Stimme und die Vortragsweise von Elisabeth Günther haben dem Märchen etwas gegeben, dass mir in der Buchfassung gefehlt hätte. Durch ihre Erzählung haben die Figuren mehr Tiefe bekommen, als sie auf Papier gehabt hätten. Allein deswegen würde ich das Hörbuch empfehlen. Nur das Gedicht, das als „Bonus“ am Ende zu hören ist, passt meiner Meinung nach nicht. Die Gruselgeschichte erinnert eher an Poe als dass sie zu einem japanischen Märchen passt. Auch, dass „mit den Synchronstimmen von Arwen und Faramir“ geworben wird, finde ich seltsam. Denn man könnte meinen, dass man beide Stimmen vereint hört. Hier aber liest Elisabeth Günther allein „Der Dachs, der Wind und das Webermädchen“, während Nicolas Böll das Gedicht vorträgt.

Der Dachs, der Wind und das Webermädchen

Jay Kay, Even Terms Press

Der Dachs, der Wind und das Webermädchen

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