Nordnacht - Die Saga der Blutgeschworenen 1
- Blanvalet
- Erschienen: Oktober 2021
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Der Auftakt zu einer langatmigen Wikinger-Saga
So idyllisch die Landschaft auch sein mag, so erbarmungslos ist das Leben in Virgid. Kriegerin Orka muss das am eigenen Leib erfahren, als ihr Sohn verschwindet und sie sich auf die gefährliche Suche nach ihm begeben muss, die sie von ihrem abgelegenen Hof quer durchs Land führt. Auch dem ehemaligen Sklaven Varg ergeht es nicht besser. Sein Drang nach Rache führt ihn zu den Blutgeschworenen, legendären Kriegern, die ihre eigenen Ziele verfolgen. Zur gleichen Zeit ist die junge Elvar bestrebt, ihren Schlachtenruhm zu vermehren und vor ihrem alten Leben als Tochter eines Jarl zu fliehen. Obwohl grundverschieden sind die drei untrennbar miteinander verbunden – und müssen sich dem Kampf gegen die Götter stellen.
Die geballte Ladung Wikinger
Mit „Nordnacht“ legt Bestseller-Autor John Gwynne den ersten Band seiner Blutgeschworenen-Reihe vor. Mit der Verbindung von Fantasy und Wikinger-Romantik trifft er den Nerv der Zeit; sind die Nordmänner doch durch erfolgreiche Serien wie „Vikings“ oder „The Last Kingdom“ in aller Munde. Tatsächlich gelingt es Gwynne den Wikinger-Charme einzufangen und in seinem besonderen Setting zur Geltung zu bringen: Aufbrausende Kriegerinnen und blutrünstige Drengr katapultieren sich hier vor nordischer Kulisse gegenseitig mit Inbrunst nach Valhalla. Gespickt mit düsterer Magie und mysteriösen Wesenheiten kommt aber auch der Fantasy-Aspekt nicht zu kurz. Das Ergebnis ist ein brutales Spektakel, das aber trotz Ideenreichtum ziemlich schwach auf der Brust ist.
Ein Königreich für ein Scramasax!
John Gwynnes Schwäche für Details wird in „Nordnacht“ einmal mehr deutlich. Sein ausschweifender Schreibstil unterbricht die Handlung immer wieder, um die Leser über Haarfarbe und Kleidungsstil des Gegenübers zu informieren, inklusive Einblick in die Webtechnik, mit der die Hose hergestellt wurde. Unter solchen Eskapaden ächzt die Dramaturgie verständlicherweise. Besonders in den Kampfszenen ist man mehr mit Augenrollen denn mit Zähneklappern beschäftigt. Unfreiwillige Komik gibt es dann noch obendrauf, wenn Orka und ihre Familie erst einmal die Landschaft genießen und einen Infodump zum Besten geben, bevor sie den schreienden Nachbarn, die gerade niedergemetzelt werden, zu Hilfe kommen. Auch Helden haben eben ihre Prioritäten.
Die Stärke des Buches, sich der Wikinger-Mythologie zu bedienen, ist gleichzeitig auch seine Schwäche. Denn wer sich auf diesem Gebiet nicht auskennt, muss sich auf längeres Begriffe-Nachschlagen einstellen. John Gwynne verwendet nordische Namen, Bezeichnungen und Ausdrücke mindestens genauso gerne wie seine Figuren ihre Scramasaxe – gefühlt auf jeder Seite.
Obwohl bei Orka, Varg und Elvar einiges los ist, stellt sich beim Lesen doch immer wieder die Frage, wo das alles eigentlich hinführen soll. Das große Ganze wird nicht deutlich und auch wenn die Fäden am Ende zusammengeführt werden, hat man das Gefühl, dass es erst am Schluss so richtig losgeht und man die ganze Zeit mit einem 600-seitigen Prolog verbracht hat. Alles in allem leider ein recht seichtes Abenteuer, das in den folgenden Bänden hoffentlich an Fahrt aufnimmt und sich mehr auf Handlung und Figuren konzentriert und weniger auf unwichtige Details.
Fazit:
Wikinger in einer Fantasy-Welt – die Erwartungen sind hoch. Leider ist die Geschichte durch den ausufernden Schreibstil ziemlich schwerfällig geraten. Wer sich an den ewig langen Ausführungen nicht stört und sich für die Thematik begeistern kann, sollte aber einmal reinlesen.
John Gwynne, Blanvalet
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