Der Geisterhügel

  • Pabel
  • Erschienen: Januar 1973
  • 0
Der Geisterhügel
Der Geisterhügel
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Michael Drewniok
10°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJun 2021

Zug der Dämonen (Touristenklasse)

Drei Jahre hat Terry Amberly seinen Bruder Malcolm nicht gesehen. Nun kehrt er zurück nach Redferne in Mittelengland, um den Älteren zu begraben. Als Selbstmord wurde Malcolms Tod ad acta gelegt, was Terry nicht recht glauben mag: Mit einem Dolch im Herzen lag Malcolm im Schatten der „Drohenden Steine“ auf Cranston Hill, dem „Geisterhügel“. Dort soll es des Nachts umgehen, wie die abergläubische Dorfbürgerschar munkelt.

Vor Nachforschungen wird Terry eindringlich gewarnt. Wie üblich, wenn Spuk (oder fauler Zauber) im Spiel ist, drücken sich jene, die mehr wissen, so kryptisch aus, dass Terry schnurstracks zum Geisterhügel stürmt. Dort wird ihm dämonisch wunderlich ums Hirn, weshalb nun Quellenstudium angesagt ist. In Malcolms Haus findet Terry Beweise dafür, dass sich der Privatgelehrte intensiv mit schwarzer Magie beschäftigt hat, die in Redferne seit jeher zum Alltagsleben gehört. Schon im Mittelalter kam der Teufel in Gestalt des furchtbaren Edward Cranston über die Dörfler. Zu seinen Hohepriestern schwangen sich die Mitglieder der Familie de Grinley auf.

Derer hat man sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zwar gewalttätig entledigt, doch ausgerechnet Richard, der schlimmste de Grinley, verschwand, aber offenbar nicht so spurlos, wie es wünschenswert wäre. So munkelte jedenfalls Malcolm in seinen hinterlassenen Aufzeichnungen, aus denen hervorgeht, dass wieder Schwarze Messen auf Cranston Hill stattfinden und Menschenopfer gebracht werden. Dem war Malcolm auf die Spur gekommen, aber dabei zu seinem Pech nicht unentdeckt geblieben.

Nun begibt sich Terry auf den gefährlichen Pfad. Er steht glücklicherweise nicht allein. Ralph Treherne, Malcolms bester Freund, und die schöne Angela Cowdrey, Malcolms Braut, leisten ihm Schützenhilfe. Die kann er gut brauchen, als sich die Zeichen dafür mehren, dass das Böse mutig und dreist wird in Redferne. Terry muss sich ihm stellen, obwohl ihn Schreckliches erwartet, wie er spätestens weiß, als auf dem Friedhof Malcolms Sarg gefunden wird: leer und aufgebrochen - und zwar von innen ...

Schrecken (und Trash) ohne Erbarmen

„Der Geisterhügel“ ist - dies sei umgehend beklagt - ein drittklassiger, aus zusammengeklaubten Versatzstücken bestehender, nur ansatzweise (leidlich) unterhaltsamer Horror-Heuler bzw. purer Pulp, d. h. Lektüre-Fast-Food ohne literarischen Anspruch, weniger geschrieben als routiniert bzw. mechanisch abgespult von einem gänzlich uninspirierten Verfasser - John Stephen Glasby (1928-2011), der (klug) ein Pseudonym verwendete.

Nur in Umrissen lässt sich hin und wieder etwas erkennen, was eine Story sein könnte. Allerdings kommt sie - obwohl mehr als vorhersehbar - niemals in Schwung, sondern quält sich holprig und ohne jegliches Gespür für Gruselatmosphäre in ihr banales Finale. Horror wird nur behauptet, nie heraufbeschworen. Da das Talent des Verfassers sich selbst zur Geisterstunde nicht manifestieren würde, muss der Leser rätseln, wovor er sich eigentlich fürchten soll. (Es liegt übrigens nicht an einer gekürzten Übersetzung; das Original ist ebenso seitenarm wie die deutsche Ausgabe.)

Immerhin orientierte (und vergriff) sich Autor Crawford an einer meisterhaften Vorlage: H. P. Lovecraft (1890-1937) wird zurecht für den von ihm geschaffenen Cthulhu-Mythos gerühmt, der die Erd- und Menschheitsgeschichte mit einer Kosmologie unterfütterte, die das Universum als Spielfeld fremdartiger Wesenheiten interpretierte, deren gleichgültiges, aber grausames Wirken sich immer wieder auch auf der Erde manifestierte.

Warum dann dieser Bericht?

„Der Geisterhügel“ ist also ein zu Recht vergessenes Büchlein. Interessanter ist die Reihe, in der er in Deutschland veröffentlicht wurde. Die „Vampir“-Taschenbuchreihe des Pabel-Verlags künden von einer Zeit, als das deutsche Publikum für phantastische Literatur so zahlreich war, dass sogar Schund wie „Der Geisterhügel“ seine Käufer fand.

Den „Vampir“-Taschenbüchern vorausgegangen war eine gleichnamige Heftroman-Serie, die oft sogar noch stumpfsinnigeren Gruselmurks (und manchmal unterhaltsamen Simpel-Horror) an seine Leser brachte. Der Erfolg gab den Verlag Recht, und so wurden 1973 als Ergänzung die Taschenbücher für ein (etwas) anspruchsvolleres Publikum auf den Markt gebracht. Sie hielten sich bis 1981 und brachten es auf insgesamt immerhin 81 Bände, die heute zum Teil begehrte Sammlerware darstellen.

Jeder zweite Band der „Vampir“-Taschenbücher war eine Storysammlung. Obwohl auch hier schräge Sachen erschienen, lohnen vor allem diese Bände das Sammeln bzw. Lesen. Die Romane (lange erkennbar an der Reihennummerierung mit ungeraden Ziffern) sind dagegen fast ausnahmslos furchtbar oder besser: fürchterlich. Der Bodensatz der angelsächsischen Phantastik wurde hier aufgerührt.

Horror, handgemalt

Den wahren Sammler wird dies natürlich nicht schrecken. Tatsächlich gibt es einen Grund, sich in diese seltsamen Taschenbücher zu verlieben: Die Titelbild-Gestaltung ist einfach unwiderstehlich. Die unbekümmert bunte, brutale, politisch herrlich unkorrekte Welt der 1970er Jahre lebt auf, wenn man die mit Lust und Liebe zum Makabren, Grotesken und Absurden gezeichneten Cover betrachtet, die ganz sicher nicht aus anonymen, nichtssagenden Bildbänken kopiert wurden.

Heute würde solcher augapfeltriefender, fäulnisschwangerer sowie gern frauennackter Krawall-Horror zuverlässig politisch korrekte Geister auf den Plan rufen. Wer diese Cover gesehen hat, vergisst sie nicht. „Der Geisterhügel“ gibt sich da moderat, fast stimmungsvoll, was leider deutlich mehr verspricht, als der Inhalt halten kann.

Fazit:

Krudes Machwerk, das nicht einmal Trash-Qualitäten beanspruchen kann und allein als erster Band einer obskur-legendären Horrorroman-Reihe der Erinnerung wert ist.

Der Geisterhügel

John Crawford, Pabel

Der Geisterhügel

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