Sanguis Corvi - Das Blut des Raben
- Piper
- Erschienen: Mai 2021
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„Düsteres“ Märchen mit ungewollter Komik
Mitte des 16. Jahrhunderts ist Europa von Kriegen und Seuchen geprägt. Auch das Leben des jungen Krayan hat sich auf einen Schlag verändert, als sein Dorf vernichtet wurde. Auf der Suche nach Nahrung und Schutz schleppt er sich halb verhungert und krank durch einen Wald. Als er auf eine schwarze Mühle stößt, glaubt er sich gerettet – doch weit gefehlt. Der Müller zwingt ihn zu einem düsteren Pakt und Krayan, der nun auf den Namen Krabat hören soll, ist auf Gedeih und Verderb den Machenschaften seines Meisters ausgeliefert. Genauso wie die elf anderen Gehilfen, von denen der Müller für seine magischen Kräfte einmal im Jahr einen opfern muss. Es gibt kein Entkommen, keine Hoffnung und keine Rettung. Bis der Müller eines Tages hinter Krabats Liebe zu dem Dorfmädchen Luba kommt und sie tötet. Krabat gelingt es, das Zauberbuch seines Meisters zu stehlen und schließt sich der türkischen Armee an. Jahre später kehrt er als mächtiger Zauberer zurück und hat nur eines im Sinn: Rache zu üben und seine Brüder zu befreien.
Ein neuer „Krabat“?
Die sorbische Sage um Krabat wurde mittlerweile schon mehrfach adaptiert. Die bekannteste literarische Bearbeitung ist die von Otfried Preußler aus dem Jahre 1971, die sich mittlerweile zur beliebten Schullektüre gemausert hat. In weiten Teilen hat sich Jess A. Loup für „Sanguis Corvi“ an dieser Version orientiert, ihr Ende ist jedoch ganz anders: Anstatt Krabat und die anderen Gehilfen des Müllers von Krabats großer Liebe retten zu lassen, lässt sie den zehn Jahre älteren Zauberer zurückkehren und Rache üben. Doch auch diese Version ist nicht unbedingt neu: Sie wurde bereits durch die deutsche Band ASP und deren Krabat-Liederzyklus bekannt. Tatsächlich erinnern einige Szenen aus Loups Buch an diese musikalische Adaption, dennoch hat die Autorin ihrer Interpretation einen ganz eigenen Touch verliehen ...
Loup hat den Fokus auf die Geschichte des reiferen Krabat gelegt, die sich immer wieder mit Kapiteln aus seiner Vergangenheit als Gehilfe des Müllers abwechselt. Entstanden ist eine „düster-magische Märchenadaption“, die der Krabat-Sage neues Leben einhauchen sollte. Ein Versuch, auf den man leider hätte verzichten können.
Sprachverwirrung vom Feinsten
Damit es gleich raus ist: Der Schreibstil ist mit der schlimmste, den ich je lesen musste. So viele unnötige Adjektive und Wiederholungen hat man selten auf einem Haufen gesehen. Da die Geschichte im 16. Jahrhundert spielt, hat sich die Autorin bemüht, dem Ganzen einen altertümlichen Touch zu verleihen. Dieser wird aber immer wieder von modernen Wendungen ruiniert, wenn Krabat und „die Jungs“ beispielsweise „auf Tour“ gehen oder der schlaue Krabat ganz viele „Idiome“ kennt. Das ist nicht sehr durchdacht, fügt sich jedoch wunderbar in den ungelenken Stil ein. Gekrönt wird das alles nämlich von einem Ausmaß an stilistischen Schnitzern, das absolut unerträglich ist. So warten auf den mutigen Leser Schätze wie „Krabats Augenbrauen wanderten ohne sein Zutun in den Haaransatz“. Hier ist nicht etwa von einem misslungenen Zauberspruch die Rede, sondern von einem verwunderten Heben der Augenbrauen. Solche Stilblüten mögen am Anfang ja noch lustig sein, aber irgendwann möchte man einfach nur noch heulen. Klar, dass dabei die groß angekündigte düstere Stimmung gleich mal flöten geht.
Wer nun all seine Hoffnungen auf eine fesselnde Handlung setzt, wird ebenso enttäuscht. Immer wieder stößt man auf Stellen, wo verzweifelt versucht wurde, Spannung zu erzeugen. Doch nicht nur die sprachliche Unbeholfenheit setzt dem gleich ein Ende, auch inhaltlich hat die Geschichte nicht viel zu bieten. Es ist wirklich erstaunlich, wie die Handlung beinahe ohne Wendungen auskommt. Aber wie sollte es auch anders sein, wenn Krabat ein Überflieger ist, dem alles auf Anhieb gelingt? Richtig Sorgen macht man sich da weder um ihn noch um irgendeine der anderen blassen Gestalten. Die interessanteste Figur war da noch Lubas toughe Schwester Hanka, in die sich Krabat natürlich verguckt. Und der fiese Müller? Der ist ein wandelndes Klischee, das ausgelutschte Bösewicht-Phrasen von sich gibt.
Fazit:
Dieses Buch ist der Wahnsinn – und das leider nicht im positiven Sinne. Die sprachliche und inhaltliche Qualität hat mich hochgradig verwirrt und mit Augenbrauen im Haaransatz zurückgelassen. Sehr schade angesichts des tollen Stoffes.
Jess A. Loup, Piper
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