Narrenkrone

  • Droemer-Knaur
  • Erschienen: Mai 2021
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Narrenkrone
Narrenkrone
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Andrea Betschart
73°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJan 2022

Auf die Hecke, fertig, los!

Mit "Narrenkrone" legt uns Boris Koch die Fortsetzung zu "Dornenthron" vor, und beendet zugleich seine Dilogie um die Neuinterpretation des Märchens "Dornröschen". Die Handlung setzt ohne grosse Rückblenden genau dort ein, wo der Vorgänger aufhört, nämlich an der riesigen, unüberwindbaren Dornenhecke. Was bleibt mir da mehr zu sagen als "Willkommen zurück in Ycena".

Die Wurzel allen Übels

Rund ein Monat ist vergangen, seit die magische Dornenhecke still und leise ihr erstes Blatt verloren hat. Doch noch immer präsentiert sie sich als praktisch unzerstörbares Hindernis, welches den Kaiserpalast mit ihren Ranken überwuchert. Ukalion, der uneheliche Sohn von König Tiban, ist verzweifelt. Was er auch versucht, er schafft es einfach nicht, sich einen Weg durch die vermaledeiten Dornen zu bahnen. Aber er hat sich geschworen nicht aufzugeben, bis er die schlafende Kaisertochter im Palast wachgeküsst und sich somit selbst zum Kaiser gekrönt hat. Nur so kann er seinen verhassten Vater vom Thron stürzen und Rache üben. Kurz vorm verzweifeln erhält Ukalion einen entscheidenden Tipp: Wie es scheint, hat die Hecke eine Schwachstelle in Form einer riesigen Wurzel, die sich tief unter dem Erdboden verbirgt. Die Frage ist nur, wo?

Rund um die Hecke treffen wir noch weitere "Sucher" an. Sie alle haben ganz unterschiedliche Beweggründe, weshalb sie den Kaiserpalast erreichen wollen. Denn nicht immer sind es die unermesslichen Reichtümer, welche innerhalb der Palastmauern warten. Dem homosexuellen Paar Levith und Parikles geht es um Akzeptanz, die Leibeigene Perle sucht Freiheit und der Schreiber Inrico hofft, vergessenes Wissen wiederzufinden.

Närrisches Treiben

Das Einzige, was sich König Tiban in Freybruck erhofft, ist Regen. Seit Monaten wird das Land von einer Dürre geplagt und es drohen Hungersnöte. Da er der Überzeugung ist, die Götter nur mit Opfern gnädig zu stimmen, lässt er immer mehr Menschen am Galgen aufknüpfen. Dieses beinahe wahnhafte Treiben des Königs verhilft dem Hofnarren Arlac zu einer tragenden Rolle in dieser Geschichte (was der Titel ja schon erahnen lässt). Dass er sich mit seinem messerscharfen Verstand und beissendem Spott über alles und jeden lustig macht, ist bekannt. Neu ist dafür, ihn als selbstkritische Person zu erleben, die sich trotz aller drohenden Konsequenzen nicht davor scheut, dass zu tun, was richtig ist. Diese Weiterentwicklung macht Arlac zu einer sehr interessanten Figur, bei der unter all der Häme und Albernheit auch Feingefühl und Empathie steckt.

Weniger Schauplätze, mehr Figuren

Wie beim Vorgänger wird uns "Narrenkrone" aus der Sicht verschiedener Charaktere erzählt. Zu den bereits bekannten kommen noch einige neue Figuren dazu. Dies schafft zwar neue Perspektiven, lässt den einzelnen Personen jedoch weniger Handlungsraum und erschwert es, ihnen wirklich Tiefe zu verleihen. Für den Verlauf der Geschichte tragen auch nicht alle Charaktere wirklich etwas bei, so dass hier weniger vielleicht mehr gewesen wäre...

Bei den Schauplätzen bleibt es dagegen übersichtlich. Wir bewegen uns hauptsächlich in Ycena und Freybruck. Durch diese wenigen Szenenwechsel kamen mir einige Passagen ziemlich lang gezogen vor. Gerne hätte ich noch einen anderen Ort bereist, denn gerade das Wordbuilding von Boris Koch war für mich eine der grossen Stärken von "Dornenthron". Ein neuer Schauplatz hätte überdies wieder für Spannung gesorgt, welche bei den vielen Handlungssträngen an der Hecke manchmal ein bisschen zu kurz kam.

Sprachlich punktet "Narrenkrone". Der Schreibstil ist flüssig und liest sich fast von selbst, so dass die etwas zäheren Passagen nicht sehr ins Gewicht fallen. Dazu schafft es Koch erneut, die einzelnen Handlungsfäden geschickt miteinander zu verknüpfen und dazu so manch überraschende Wendung einzufügen. Und was er sich für die Kaisertochter ausgedacht hat, finde ich schlicht genial.

Fazit:

"Narrenkrone" liest sich trotz einiger Längen spannend und ist ein gelungener Abschluss der "Dornröschen"-Dilogie. Die gekonnt eingefügten Wendungen des Autors sorgen für gute Unterhaltung und man kann sich nie ganz sicher sein, wer denn nun zuerst im Kaiserpalast ankommt. Das Ende der Geschichte präsentierte sich dazu ganz anders, als ich erwartet habe. Koch hat mich hier positiv überrascht. Schade nur, dass es etwas gar abrupt ist und für mich zu viele Fragen offen lässt.

Narrenkrone

Boris Koch, Droemer-Knaur

Narrenkrone

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