Eden

  • Cross Cult
  • Erschienen: Oktober 2020
  • 0
Eden
Eden
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Nina Pimentel Lechthoff
68°1001

Phantastik-Couch Rezension vonFeb 2021

Der Mörder ist immer der … Garten?

Überschwemmungen, Dürren, Tornados – als die Folgen der Klimakatastrophe nicht mehr einzudämmen sind, haben die Regierungen der Welt einen Pakt geschlossen. Überall auf der Welt werden „Virgin Zones“ errichtet, die wie Naturschutzreservate dienen sollen. Der Unterschied: Damit die Natur sich von jeglichem menschlichen Einfluss erholen kann, werden die Grenzen dieser Zonen paramilitärisch bewacht.

Doch auch wenn sie für Menschen verboten sind, ziehen diese Zonen genau diese magisch an. So wie Dylan und seine Truppe. Sie sind eine Gruppe sehr unterschiedlicher Menschen, die eines vereint: ihre Liebe zu extremen Situationen. Gemeinsam haben sie schon verschiedenste Abenteuer erlebt – unter anderem das Überqueren der einen oder anderen Zone. Doch noch nie waren sie in Eden. Die Abenteurer rund um Dylan wollen die älteste Zone mit einem Mindestmaß an Ausrüstung durchqueren.

Mit von der Partie ist Dylans Tochter Jen. Ihre Teilnahme geht aber über das bloße Suchen nach dem großen Abenteuer hinaus. In einer letzten Nachricht an Jen hat ihre Mutter Kat ihren eigenen Plan, Eden zu überqueren, mitgeteilt. Seit Kat die Familie vor Jahren verlassen hat, hat Jen ihre Mutter nicht mehr gesehen. Deswegen will Jen unbedingt nach Eden, um nach ihrer Mutter zu suchen. Was sie aber vor Ort findet, ist eine Welt, die den Menschen nicht allzu wohlgesonnen ist.

Ein Slasher-Film im Dschungel

Schon hier sei gesagt: Der Roman „Eden“ ist nichts für schwache Nerven. Er wird ja auch beworben mit dem meiner Meinung nach sehr schönen Genre Horror-Öko-Thriller. Obwohl das wie aus einem Genre-Generator zu kommen scheint, passt die Bezeichnung sehr gut zu „Eden“. Eine kleine Gruppe Menschen geht in den tiefen, mysteriösen Dschungel – was kann da schon schiefgehen, was? Autor Tim Lebbon schafft es sehr gut, den Spannungslevel subtil, aber stetig anwachsen zu lassen. Es fängt an mit dem Überqueren der Grenze, die die Zone von der normalen Welt trennt. Die Figuren müssen durch das Unterholz schleichen und an den Wachen vorbeikommen. Als das erst einmal geschafft ist, entspannt sich die Gruppe – und ich als Leserin auch. So geht es immer weiter, erst mit dem Eintreten in Eden und den Eindrücken, die die Figuren sammeln. Dann, als die Figuren sich akklimatisiert haben, fallen ihnen Kleinigkeiten auf, die sonderbar erscheinen. Bis hin zu dem Zeitpunkt, als sie die wahre Gefahr erkennen. Doch dann ist es zu spät, sowohl für die Figuren als auch für den Leser. Man ist – wie man es so schön in Neudeutsch sagt – gehookt.

Jen, Dylan und ein paar Figuren aus der Konserve

Lebbon hat ein sehr gutes Erzähltempo drauf. Auch wenn er sich viel Zeit nimmt, die Umgebung, vor allem die Pflanzenwelt von Eden, detailreich zu beschreiben, ist nie Stillstand. Genau wie die Figuren ist man immer in Bewegung. Das passt zwar gut zum Setting, hat aber auch dazu geführt, dass ich mich an die Figuren kaum noch erinnern kann. Zwar kommen die Protagonisten Jen und Dylan, aus deren Sicht man die Geschichte erzählt bekommt, dabei noch gut weg, die anderen Figuren bleiben aber sehr blass. Das wäre an sich schon schade, wenn nicht auch noch – Achtung, Spoiler – die Figuren ganz in Slasher-Manier auf grausamer Art und Weise dahinscheiden würden. Die anderen Figuren reagieren geschockt, traurig und wütend. Mir als Leserin waren diese Tode aber mehr oder weniger egal. Ich hatte leider zu keiner Zeit das Gefühl, dass die Nebenfiguren tatsächlich eigene Leben gehabt hätten. Für mich waren sie einfach nur Statisten mit ein paar Zeilen Dialog, die aber zur Handlung nichts wirklich beigetragen haben.

Worldbuilding in Randnotizen

Spannender als die Nebenfiguren ist auf jeden Fall die Zukunftsvision, die Tim Lebbon mit „Eden“ entworfen hat. Man bekommt einiges von dieser Welt mitgeteilt, durch die Gedanken der Protagonisten und ihren Gesprächen mit den anderen Figuren. Viel interessanter finde ich aber, dass Lebbon anhand von „Found Footage“-Material diese Welt weiter vertieft. Vor jedem Kapitel gibt es kurze Posts oder Auszüge aus Artikeln und wissenschaftlichen Publikationen, die aus dieser Zukunft stammen. Da liest man z.B. über die Umsiedlungsmaßnahmen, die nötig waren, um die Zonen überhaupt zu errichten und wie die Menschen damit fertig werden mussten. Oder man liest einen kurzen Tweet eines Aktivisten, der das Vorgehen der paramilitärischen Einheiten kritisiert, die an den Grenzen der Zonen patrouillieren. Diese kurzen Auszüge liefern, losgelöst von der Haupthandlung, viele interessante Informationen und geben der Welt von „Eden“ mehr Tiefe.

Fazit:

Ich bin etwas zwiegespalten, was „Eden“ von Tim Lebbon angeht. Einerseits erzählt er die Geschichte in einem angenehm zügigen Tempo, ohne dabei an Details zu sparen. Zumindest was die Umgebung angeht, denn bei den Figuren fehlt mir die Charakterisierung dieser. Bei den Protagonisten ist das noch halbwegs in Ordnung, aber die Nebenfiguren wirken sehr blass. Ich hatte bei keiner der Nebenfiguren das Gefühl, das könnten richtige Menschen sein. Dafür aber gefällt mir die Art und Weise, wie Lebbon anhand von „Found Footage“-Material die Welt von „Eden“ anreichert, ohne alles haarklein erklären zu müssen.

Eden

Tim Lebbon, Cross Cult

Eden

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