Im Dienst der Föderation: Die Abenteuer von Torin Kerr
- Plan9
- Erschienen: September 2020
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Kolonialistischer Sci-Fi
Eigentlich sollte es nur eine langweilige diplomatische Mission werden. Doch die Truppe um Sergeant Torin Kerr hätte sich wahrscheinlich lieber bei den endlosen Paraden und Gala-Events gelangweilt, anstatt ums nackte Überleben zu kämpfen. Im Auftrag der Föderation sollte sie Diplomaten begleiten, die einen Kooperationsvertrag mit der neu entdeckten Zivilisation auf dem Planeten Silsvah unterschreiben und so einen neuen Partner für die Föderation gewinnen sollen. Als ihr Flugschiff von Unbekannten angegriffen wird und die Soldaten und Diplomaten im Nirgendwo landen, müssen alle dafür kämpfen, heil aus der Sache rauszukommen.
Spaßige Lektüre mit einem Touch Militär-Fetischismus
Wenn es um Machwerke geht, in denen die Hauptfiguren einer wie auch immer gearteten Form von Militärstruktur angehören, bin ich immer etwas skeptisch. Denn sehr oft schwingen für mich fast unerträgliche Noten von Patriotismus und Gewalt mit, mit denen ich mich nicht anfreunden kann. Das ist hier in „Im Dienst der Föderation“ gewissermaßen auch vorhanden: Es gibt jede Menge hartgesottener Soldatinnen und Soldaten, die sich über die diplomatische Fraktion, die sie beschützen sollen, und ihren Idealismus lustig machen. Denn Diplomatie hin und oder her, richtige Erfolge erzielt nur das Militär.
Es hilft auch nicht, dass neben Sergeant Torin Kerr, der eigentlichen Protagonistin, den Irrungen und Wirrungen einer kleinen Truppe gefolgt wird, da diese wie aus der Klischeekiste gegriffen scheint. Es gibt immer wieder Sticheleien und kleine Scherze auf Kosten des einen oder der anderen und sie scheinen nichts wirklich ernst zu nehmen. Aber wenn es hart auf hart kommt, sind sie in Sekunden bereit zum Angriff und halten sich gegenseitig den Rücken frei. Obwohl sie sehr klischeehaft sind, macht es trotzdem Spaß, ihren Neckereien beizuwohnen.
Auch die eigentliche Protagonistin Torin Kerr ist eine Figur, bei der man gerne länger verweilt. Die Autorin Tanya Huff war nicht gerade subtil, als sie Torin Kerr zu Papier gebracht hat. Sie ist der Inbegriff des Berufssoldaten, der sich hochgearbeitet hat, mit wenig Liebe für die hochrangigen Militärs, die ihre Leute eigentlich nur als Kanonenfutter für abstrakte politische Ziele benutzen. Doch wirklich etwas dagegen unternehmen ist nicht drin, denn ihre Loyalität gegenüber dem Militär ist ungebrochen.
Viele kleine Ungereimtheiten
Wie schon erwähnt, wechselt die Erzählperspektive immer mal wieder zwischen Torin und der kleinen Soldatentruppe. Dabei unterscheidet sich die Erzählweise jeweils deutlich, denn die Gedanken und Gefühle der Soldatinnen und Soldaten werden nie so ausführlich dargestellt wie Torins. Die Soldatentruppe dient hier meiner Meinung nach als „comic relief“, also als kleinen Ausflug in eine etwas humorvollere Atmosphäre.
Was mich aber sehr oft gestört hat, ist, dass sich an manchen Stellen die Perspektive geändert hat, aber man weder Torin, noch die Soldatentruppe im Fokus hatte. Dadurch sind manche Stellen im Buch sehr unübersichtlich, vor allem wenn die Action die Geschichte in schnellem Tempo voranbringt.
Außerdem sind in meiner Fassung vom Roman sporadisch Fehler drin. Teilweise fehlen Wörter oder es sind welche doppelt vorhanden.
Aber Nina, warum nur 25°?
Am Ende von „Im Dienste der Föderation“ war mein Fazit eigentlich: Ganz okay, kann man lesen. Aber dann kam das Nachwort. Laut der Autorin basiert die Schlacht, die Torin und ihre Kameradinnen und Kameraden auf Silsvah schlagen, auf realen Ereignissen. Tanya Huff hat sich von der Schlacht um Rorke’s Drift, eine der frühen Schlachten des Zulukrieges im späten 19. Jahrhundert, inspirieren lassen.
Das hat mich schon etwas wütend gemacht. Denn kein Wort wird über den Kolonialismus verloren, der damals allgegenwärtig war, sondern nur über den Mut und die Standhaftigkeit der britischen Soldaten. Und dann habe ich angefangen über die Figuren in „Im Dienst der Föderation“ nachzudenken. Während die Diplomaten Spezies sind, die „anders“ aussehen – es gibt riesige Spinnen, Faultiere und Vögel –, sind die Mitglieder des Militärs entweder Menschen oder menschenähnliche Kreaturen. So weit, so gut. Aber wenn man sich überlegt, dass das Militär der Föderation die britische Armee sein soll, dann ist die nächste Schlussfolgerung: ihre Gegner müssten eigentlich die Zulus sein. Und da steckt für mich der Wurm drin und der Grund für die sehr niedrige Bewertung. Denn das Militär der Föderation kämpft gegen Echsen.
In verschiedenen Bereichen der Geisteswissenschaften gibt es den Begriff des „Othering“, auf Deutsch manchmal als „Fremd-Machung“ übersetzt. Alle, die nicht zu der eigenen Gruppe gehört, werden abgegrenzt und als andersartig und fremd beschrieben. Was ist also fremder für ein Säugetier als eine Echse?
Und es reicht auch nicht, dass die menschlichen oder menschenähnlichen Mitglieder des Militärs gegen die „andersartigen“ Spezies kämpfen, an vielen Stellen im Roman werden Mitglieder der Silsviss – die Spezies, die auf Silsvah beheimatet ist – von verschiedenen Soldatinnen und Soldaten despektierlich als „Echse“ bezeichnet. Bin nur ich das, oder könnte man dieses Wort mit einer anderen herabwürdigen Bezeichnung austauschen?
Fazit:
Nach dem Nachwort der Autorin kann ich nicht anders, als „Im Dienst der Föderation“ mit einem sehr schlechten Nachgeschmack zu verbinden. Bis dahin war der Roman eine okaye Sci-Fi-Geschichte mit ein paar Flüchtigkeitsfehlern. Aber jetzt kann ich darin im schlimmsten Fall kolonialistische Propaganda sehen. Kann aber auch sein, dass die Autorin das nicht beabsichtig hat und das nicht so gemeint hat. Aber da frage ich mich, ob das nicht viel schlimmer wäre…
Tanya Huff, Plan9
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