Insel zwischen den Sternen

  • Pabel
  • Erschienen: Januar 1956
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Insel zwischen den Sternen
Insel zwischen den Sternen
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Michael Drewniok
45°1001

Phantastik-Couch Rezension vonApr 2020

Metalunas Lektion für kriegslüsterne Erdlinge

Mit dem ihm eigenen Elan stürzt sich Radioingenieur Cal Meacham auf eine technische Herausforderung: Ein unbekannter ‚Gönner‘ hat ihm Bauteile einer Qualität und Leistungskraft geliefert, die ihm völlig unbekannt sind. In mühsamer Arbeit baut Meacham sie zu einem Gerät zusammen, das sich als „Astelesor“ herausstellt. Es dient der Kommunikation, denn umgehend meldet sich ein „Dr. Exeter“ bei Meacham und gratuliert ihm zu diesem Erfolg, der ihn qualifiziert, sich einer Gruppe hochbegabter Naturwissenschaftler anzuschließen, die ihr Wissen in den Dienst des Weltfriedens stellen.

Neugierig lässt sich Meacham in Exeters geheime Zentrale bringen. Dort trifft er tatsächlich viele große Geister sowie die Elektrotechnikerin und Psychologin Dr. Ruth Adams, die er vor Jahren kennengelernt hat. Meacham tritt in Exeters Dienst und produziert Astelesoren. Allerdings beginnt er die Motive seines Auftraggebers zu hinterfragen, als er feststellte, dass sich der Astelesor auch als ferngelenkte Waffe einsetzen lässt. Meacham und Adams denken an eine simple Verschwörung, aber die Situation ist erheblich komplizierter.

Exeter ist ein Bewohner des Planeten Metaluna, der mit den Bewohnern des Nachbarplaneten Zahgon Krieg führt. Um Sixal, das erlöschende Zentralgestirn des fernen Systems, zu ersetzen, wollen die Zahgoner Metaluna in eine Sonne verwandeln. Die Astelosoren wurden dringend für den Abwehrkampf benötigt, doch nun haben die Zahgoner den Abwehrschirm durchdrungen, der Metaluna bisher vor ihren Bomben schützte. Exeter wird zurückgerufen. An Bord seines Raumschiffs begleiten ihn Meacham und Adams nach Metaluna. Sie kommen zu spät - der Planet liegt in den letzten Zügen, und es sieht so aus, als würden auch die beiden Erdmenschen Metaluna nicht mehr verlassen können …

So kann es euch auch ergehen!

Die frühen 1950er Jahre ließen die US-Wirtschaft zwar förmlich explodieren, was den Bürgern einen Lebensstandard bisher unbekannter Höhe bescherte. Die Kehrseite der Medaille war ein „kalter“ Krieg mit dem „Ostblock“, der der in Korea bereits „heiß“ geworden war. Da sämtliche Kontrahenten mit Atomwaffen ausgerüstet waren, konnte jede falsche Entscheidung einen neuen und dieses Mal letzten Weltkrieg auslösen. Während die „Falken“ auf Stärke und ein „Gleichgewicht des Schreckens“ setzten, forderten die „Tauben“ eine nachhaltige Lösung, die sehr richtig in der Beseitigung der atomaren Bedrohung gesehen wurde. In dieser Ära aufgeheizter Ängste konnten sie sich nicht bzw. nur dort durchsetzen, wo ihre Appelle zwar gehört und wohlwollend aufgenommen, aber nicht umgesetzt wurden.

Viele Schriftsteller nahmen Stellung. Die Unterhaltungsindustrie nahm entsprechende Strömungen trivialisiert auf; schließlich waren Leser oder Zuschauer auch besorgte Bürger sowie Kunden, die man mit entsprechenden Büchern oder Filmen finanziell zur Ader lassen konnte.

Raymond F. Jones widmete sich dem Thema zwar redlich, aber eher unbedarft; so wird man es heute sehen. Doch in der Populärkultur seiner Zeit wimmelte es von kleinen, aber klugen und schlagkräftigen Gruppen, die sich nicht um politisch komplexe Realitäten kümmern mussten, sondern Gordische Knoten oft buchstäblich mit Superkräften durchschlugen. Die „Peace-Engineers“ entsprachen dem Raster: Nicht Geisteswissenschaftler, sondern Ingenieure = Männer der Tat sollten das (hoffentlich eben nicht) brennende Problem des Weltfriedens lösen! 1949 ließ Jones sie in „The Alien Machine“ erstmals auftreten. In diesem und im folgenden Jahr folgte je eine weitere Story, und 1952 flickte Jones die drei Erzählungen zu einem „Fix-up“-Roman zusammen, der den Titel „This Island Earth“ bekam.

Die Botschaft & das Geräusch klingender Münzen

„This Island Earth“ ist alles andere als ein Meisterwerk und nicht einmal ein gut lesbares Garn. Die drei Storys ergeben in toto beim besten Willen keine stringente Handlung. Die Ereignisse auf der Erde und auf Metaluna wollen sich nicht zusammenfügen, sondern funktionierten besser unabhängig voneinander; kein Wunder, denn so waren sie ursprünglich konzipiert.

Nichtsdestotrotz wurde Hollywood aufmerksam, wo eine schlechte Vorlage nie als Problem galt, weil sie für ein Drehbuch sowieso umgeschrieben wurde. In den 1950er Jahren erkannten die Filmstudios das Potenzial der Science Fiction. Filme wie „Destination Moon“ (1950; dt. „Endstation Mond“), „The Thing from Another World“ (1951; dt. „Das Ding aus einer anderen Welt“), „The Day the Earth Stood Still“ (1951; dt. „Der Tag, an dem die Erde stillstand“), „Invaders from Mars“ (1953; dt. „Invasion vom Mars“) oder „Them! “ (1953; dt. „Formicula“) lockten auch die jüngeren Generationen in die Kinos.

Die „Universal Studios“ setzten die Autoren Franklin Coen und Edward George O’Callaghan auf den Roman an. Sie brachten keineswegs Struktur in die Handlung, und auch die Figurenzeichnungen blieben vage (um es freundlich auszudrücken). Dass „Metaluna IV antwortet nicht“ - so der deutsche Titel - heute zu den Klassikern des phantastischen Kinos gehört, liegt primär an den für die Entstehungszeit aufwändigen und beachtlichen Spezialeffekten. Die Bilder vom Untergang Metalunas können auch heute noch beeindrucken, und der faktisch für das Geschehen unwichtige Fliegen-Mutant gehört zu den Kult-Monstern der Filmhistorie.

Drastischer Schritt in der SF-Diaspora

1956 erschienen bereits Romane, die Filmgeschehen in ‚Literatur‘ verwandelten. Solche „tie-ins“ waren selten; es dauerte Jahrzehnte, bis sie für das Merchandising elementar wurden. In den USA gab es den Film und den von Jones geschriebenen Roman, der vor allem im letzten Teil erheblich vom Drehbuch abwich. Mit dieser Dualität mussten die SF-Fans sich abfinden.

In Deutschland schien es noch schlimmer zu kommen: Zunächst wollte kein Verleih „This Island Earth“ in die Kinos bringen. Dies trieb Walter Ernsting (1920-2005), der hierzulande die SF einem möglichst breiten Publikum nahebringen wollte, schier zur Verzweiflung, wie sich seinem Vorwort zur deutschen Ausgabe des Romans entnehmen lässt. Er betrachtete „This Island Earth“ als den womöglich besten SF-Film, der je gedreht wurde. Deshalb enthielt besagte deutsche Ausgabe - die den Titel „Insel zwischen den Sternen erhielt“ (und damit die Intention des Originals wesentlich besser erfasste als das sinnfreie „Metaluna IV antwortet nicht“; es gibt kein Metaluna Nr. IV, und der Planet meldet sich vor seiner Zerstörung auf Anruf zuverlässig zurück) zwei Fotos aus dem Film.

Doch Ernsting ging weiter. In Absprache mit Jones - der dies in einem eigenen Vorwort signalisiert - schrieb er den Roman um. Ernsting passte die Handlung dem Film an, was es erforderlich machte, ganze Passagen neu zu verfassen. Dies bereitete ihm keine Probleme, denn Ernsting war selbst ein versierter Autor (der sechs Jahre später zusammen mit K. H. Scheer „Perry Rhodan“ erschuf). Aufgrund von Kriegserfahrungen zum Pazifisten geworden, lag Ernsting jenseits der trivialen, oft logikfreien Handlung die Botschaft am Herzen: Metaluna steht für eine Erde, die ihre Konflikte nicht lösen kann und deshalb untergeht. Das ist wie schon erwähnt eine schlichte Erkenntnis, was Ernsting (und die Mitglieder des „Science Fiction Clubs Deutschland“) als Zeitgenosse/n des „Kalten Kriegs“ offensichtlich anders werteten. Er betrachtete den Film, der viele jüngere Zuschauer erreichen konnte, als Transportriemen einer generellen Friedens-Botschaft.

Im Wissen darum fällt es leichter, „Insel zwischen den Sternen“ nicht nur als Roman zu werten. Der ist (trotz oder wegen Ernstings ‚Bearbeitung) schlecht strukturiert, was auf Kosten der Spannungskurve geht. Für nostalgische Milde sorgt die ‚Supertechnik‘ Metalunas, deren „Astelosoren“ mit Röhren und Kondensatoren funktionieren. Der Film ist dem Roman ungeachtet eigener Schwächen definitiv überlegen.

Fazit:

Die deutsche Fassung dieses SF-Romans wurde vom Übersetzer nachträglich dem etwa zeitgleich ins Kino kommenden Film angepasst. Unbereinigt blieben die Konzeptschwächen der Handlung und die profilschwachen Figuren: Interessanter als der Roman ist seine Veröffentlichungsgeschichte, und der Film bleibt ein Meilenstein des phantastischen Kinos.

Insel zwischen den Sternen

Raymond F. Jones, Pabel

Insel zwischen den Sternen

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