Der Bücherdrache
- Penguin
- Erschienen: März 2019
- 0
Ein Traum von einer Geschichte
Kennen Sie den Kristallgarten? Oder die Lederne Grotte? Haben Sie schon mal von Buchlingen gehört? Wenn Sie diese Fragen mit „Ja“ beantworten können, sind Sie vermutlich bereits mit Literatur aus Zamonien in Berührung gekommen. Mit seinem neusten Werk „Der Bücherdrache“ nimmt uns Walter Moers erneut mit auf eine Reise zu diesem doch eher unbekannten Kontinent. Genauer gesagt geht es in den Westen, in die sagenumwobenen Katakomben von Buchhaim, wo hinter jeder Ecke Gefahren und Abenteuer lauern...
Buchhaim - Eine Stadt, wo sich alles um Bücher und Literatur dreht
Wer Bücher und Literatur liebt, für den ist Buchhaim ein Paradies. Die Stadt besteht gefühlt nur aus Buchhandlungen, Antiquariaten, Verlagen und Druckereien. Beinahe jeder Bewohner ist Schriftsteller, Dichter, Lyriker oder hat sonst irgendwas mit Büchern zu tun. Selbst die Süssigkeiten tragen klingende Namen wie z.B. "Dichterlocke". Unterhalb der Stadt erstreckt sich ein gewaltiges System aus Tunneln und Gängen: Die Katakomben von Buchhaim. Es erstaunt wenig, dass man in diesem Labyrinth vor allem eines antrifft: Bücher! Es gibt aber durchaus auch Leben hier unten. Buchlinge etwa, um nur eine Gattung zu nennen. Hierbei handelt es sich um kleine, zyklopenartige Wesen, die nichts mehr lieben als Bücher. Sie benennen sich nach einem Schriftsteller und lernen anschliessend dessen gesamtes schriftstellerisches Schaffen auswendig.
Nathaviel der Bücherdrache
In der vorliegenden Geschichte geht es um den Buchling Hildegunst Zwei. Dieser ist sehr bewandert mit dem Werk von Hildegunst von Mythenmetz, da er es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, dieses auswendig zu lernen. Doch nun möchte er lieber eine eigene Geschichte erzählen, weiss aber nicht, wie er das anstellen soll. Da hilft ihm sein Namensgeber natürlich gerne weiter und fordert den Buchling auf, etwas zu erzählen, dass er tatsächlich erlebt hat.
Dieser berichtet Hildegunst daraufhin von Nathaviel, einem gewaltigen Drachen, welcher im Ormsumpf der Katakomben hausen soll. Viele Legenden ranken sich um ihn: Er soll allwissend sein, auf jede Frage eine Antwort haben, ein Schuppenkleid aus Büchern tragen und sämtliche Sprachen Zamoniens beherrschen. Zu Beginn winkt der zamonische Schriftsteller noch ab. Er will keine erfundene Geschichte über einen Bücherwurm hören. Aber der Buchling lässt sich nicht beirren, und schildert Hildegunst von Mythenmetz weiter seine abenteuerliche Reise durch die Katakomben bis zum Ormsumpf.
Reminiszenz an Tolkien?
Am Ziel angekommen muss Hildegunst Zwei nicht lange warten, bis er sich Auge in Auge mit dem mächtigen Bücherdrachen gegenüber sieht. Seine anfängliche Unsicherheit lässt schnell nach, den Nathaviel erweist sich als äusserst eloquenter Gesprächspartner. Die Lektüre dieser Passagen machen als Leser besonders viel Spass. Moers spielt hier seine Stärke für pointierte, witzige und philosophische Dialoge voll aus. Auch mag sich manch einer unweigerlich an eine Szene aus Tolkiens „Der Hobbit“ erinnern. Gibt es doch Parallelen zur Begegnung von Bilbo Beutlin mit dem Feuerdrachen Smaug. Bleibt noch herauszufinden, ob Hildegunst Zwei die Begegnung mit Nathaviel so unbeschadet überstehen wird, wie dies Bilbo gelungen ist.
Richtig ins Bild gesetzt
Dass Walter Moers nicht nur Schriftsteller ist, sondern auch Comic-Zeichner, zeigt sich in diesem Buch sehr schön. So sind der Anfang und das Ende der Geschichte im Comic-Stil gezeichnet und die Textpassagen werden immer wieder mit tollen schwarz-weiss-Illustrationen bereichert. Moers versteht es, seinen skurrilen und fantastischen Bewohnern von Zamonien mit gekonnten Strichen Leben einzuhauchen. Und auch bei mehrmaligem Betrachten entdeckt man immer wieder neue Details in den wunderschönen Zeichnungen, die mal ganz klein daherkommen, mal mehrere Seiten schmücken.
Fazit:
Ohne Vorwissen liest sich das Buch anfangs etwas schwer. Wer sich aber trotzdem darauf einlässt, darf eine fantastischen Welt und deren einzigartige Bewohner kennenlernen. Und sich bei dieser Gelegenheit gleich mit dem Zamonien-Virus anstecken.
Für alle bereits infizierten ist „Der Bücherdrache“ die perfekte Geschichte, um die Wartezeit bis zur nächsten Zamonien-Reise etwas überbrücken zu können.
Walter Moers, Penguin
Deine Meinung zu »Der Bücherdrache«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!