Die Krone der Elemente
- Heyne
- Erschienen: Dezember 2018
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Ein deutsches Game of Thrones?
Seit langer Zeit befindet sich das Heilige Reich Salischer Völker im Frieden - nun, zumindest nominell. Mit den unterworfenen Völkern bestehen gewisse Beziehungen, soll heißen, dass auf der einen Seite die Fürsten, allen voran der Kaiser und die Soldaten herrschen, während die eroberten Stämme im Heer, beim Bau und auf den Feldern dienen. Nominell herrscht Gleichberechtigung, doch die Ressentiments sind deren viele und zudem tief verwurzelt.
Die Adeligen sind mehr damit beschäftigt ihren jeweiligen Einfluss auszudehnen und ihre Pfründe zu sichern, als dass sie sich groß ums Reich kümmern würden. Jeder ist sich selbst der Nächste, die Intrigen sprießen ebenso wie Bestechung und Verrat.
Solch eine Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Das Reich ist alt und satt geworden, die die es verwalten korrupt und weich, die Seher kehren zumeist mit undeutbaren Orakeln aus den Traumlanden zurück, der Kaiser ist senil und gebrechlich.
Da ist es wenig überraschend, wenn die lieben Nachbarn die Zeit für reif halten, dem alten Kaiserreich den Gnadenstoß zu versetzen. Aus Chimrien droht Unheil. Die Oberbefehlshaberin hat mit brutalen Mitteln nach etwas gesucht, das lange verschollen war. Etwas, das tief unter der Erde vergraben war, etwas, das dem, der es besitzt, gottähnliche Kräfte verleiht.
Ein Reif, eine Krone gar mit deren Hilfe das Reich gestürzt und die Trägerin zur neuen Herrscherin berufen werden soll.
Damit noch nicht genug, haben erstmals seit Jahrhunderten alle Seher das gleiche Orakel - das Ende des Zeitalters droht ...
Es wird gedemütigt, gelitten und gestorben
Matthias Oden hat mit seinem Debut "Junktown" auf sich aufmerksam gemacht. In diesem Roman hat er auf höchst beeindruckende Art und Weise Dystopie mit politischer Aussage und einer Kulisse, wie man sie seit Jeffrey Thomas´ "Punktown" nicht mehr gelesen hatte, gekreuzt und etwas ganz Eigenes vorgelegt. Zurecht war der Roman mit Lob förmlich überschüttet worden.
Wenn sich solch ein Autor, der nicht nur stilsicher zu fabulieren, sondern auch inhaltlich etwas zu erzählen und auszusagen hat einer archaischen Fantasy-Welt zuwendet, dann ist ihm die Aufmerksamkeit des Feuilletons und der Fans gleichermaßen gewiss.
Der Verlag hat sich nicht lumpen lassen. Geprägte Spot-Lackierung, jede Menge Werbung und Rundumfarbschnitt sollen das Buch aus dem monatlichen Allerlei der Novitäten herausheben.
Inhaltlich wandelt der Autor auf Martin´ schen Spuren. Der Beginn der Romans - wie sich dies für ein Fantasy-Werk so gehört natürlich nur der Auftakt einer umfangmäßig noch nicht näher bezifferten Saga - stellt uns zunächst ganz unterschiedliche Protagonisten vor.
Viele von diesen ereilt schon bald ihr zum Teil grausames Schicksal, es wird gedemütigt, gelitten und gestorben dass es ein Trauerspiel ist.
Immer dann, wenn der Leser meint, eine Figur gefunden zu haben, in deren Haut er oder sie schlüpfen kann, mit der man sich identifizieren kann, dann verhält sich diese kurze Zeit später nicht eben nett oder wird gemeuchelt.
Ähnlich, wie es George R R. Martin in seiner gefeierten Saga vorexerziert, atmet Odens Plot so Realität. Die Figuren sind habgierig, egoistisch und bereit, um ihr Ziel zu erreichen, buchstäblich über Leichen zu gehen. Das passt zu einer Welt, in der das Recht des Stärkeren zählt, in der die Standesunterschiede deutlich sind und ein Aufstieg aus einer anderen Schicht kaum möglich erscheint.
Oden setzt das Fantasy-Stilmittel der Magie sehr dosiert ein. Die Suche nach dem Artefakt beschäftigt ihn und den Leser zu Beginn weit mehr, als die Krone selbst. Auch die Auguren, die Seher und Orakel die versuchen im Traumreich Visionen von der Zukunft zu erhalten, dabei aber auch als Boten über weite Entfernungen genutzt werden, werden eher behutsam eingeführt und zunächst am Rande beleuchtet. Dem Verfasser geht es mehr darum, uns zunächst seine Welt vorzustellen, deren politisch-wirtschaftliche Ausrichtung aufzuzeigen und die bevorstehende Umwälzung vorzubereiten.
Fazit:
Der Tisch ist gedeckt, die Leser, die nach Lesefutter a la Game of Thrones gieren werden hier stilistisch bestens bedient, erhalten das realistisch wirkende Bild einer archaischen Welt voller Gewalt, Neid und Intrigen, das sich nach einem langsamen, sorgfältigen Auftakt zu einem großen Gemälde entwickelt.
Matthias Oden, Heyne
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