Star Wars: Solo - Der Roman zum Film
- Penhaligon
- Erschienen: Dezember 2018
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„Ich nehme nur von einem Menschen Befehle an, von mir.“ -Han Solo
„Ich weiß, Sie mögen mich, weil ich ein Schurke bin! Es gab leider nicht genug Schurken in Ihrem Leben.“
-Han Solo
Man liebt ihn, oder man… liebt ihn. Das charmante Raubein aus einer weit entfernten Galaxis. Einst in einer schäbigen Cantina im Zentrum von Mos Eisley von einem alten Zausel, der einen Bauern-Lümmel und zwei Blecheimer in Schlepptau hatte, engagiert, um gemeinsam mit seinem haarigen Ko-Piloten Space-Taxi zu spielen, nur um ohne Umwege ins wohl größte Abenteuer der gesamten Galaxie befördert zu werden. Der klappernde Haufen Schrott, den er Raumschiff nennt und welcher den Sprung durch die Lichtmauer bereits nach wenigen Fehlversuchten schafft (falls der Hyperantrieb nicht gerade wieder defekt ist), rettet den Rebellen im Kampf gegen das Imperium mehr als nur einmal den Hintern und ist maßgeblich daran beteiligt, dass Darth Vaders TIE-X1-Turbosternjäger sich (vorerst) strauchelnd in den Tiefen des Alls verabschiedet.
Der Schmuggler mit Herz, der problemlos ein Tauntaun ausweiden kann, um einen frierenden Kollegen hineinzustopfen und sich langsam aber sicher an eine gewisse Prinzessin heranschmust (nachdem diese einen ordentlichen Wookiee-Kuss ablehnt), ist halt mit allen Wassern gewaschen und kneift auch nicht den Arsch zu, wenn er mal eine tiefgekühlte Zwangspause in einem klobigen Karbonit-Block einlegen muss, nachdem er von einem alten Weggefährten nach allen Regeln der Kunst in die Pfanne gehauen wird.
Man plaudert in sonniger Atmosphäre mit einer schleimigen Riesenkröte, bei der man knietief in der Kreide - und bis vor kurzem noch als übergroße Statue im Wohnzimmer - steht und genießt den Ausblick auf das Erdloch eines freundlichen Sarlacc, der einen nur zu gerne in einige seiner vielen Tentakel-Arme nehmen möchte. Mit Freunden besucht der unkaputtbare Teufelskerl einen immergrünen Waldmond und freundet sich mit den putzig-kuscheligen Bewohnern an, die alle außer ihm zu hassen scheinen. Ja, so ist er. Herzensgut zu Mensch und Tier… und was da sonst noch so kreucht und fleucht. Ach ja, fast vergessen… die Prinzessin krallt er sich auch noch! Aber erst, nachdem diese fast mit ihrem Bruder in die Kiste gesprungen wäre. Was war da denn los?
„Ich hab da ein ganz mieses Gefühl…“
-Han Solo
DAS muss man sich auch im Hause Disney gedacht haben, als man die ersten Zahlen auf den Tisch bekommen hat. Nachdem man im Mai 2018 die Zweite von mehreren geplanten „STAR WARS“-Stories in die weltweiten Lichtspielhäuser brachte, stellte sich beim Micky Maus-Konzern schnell Ernüchterung ein. Wo „Rogue One“ noch auf ganzer Linie überzeugen konnte und für viele Fans (mich eingeschlossen) eine der besten Geschichten aus dem „STAR WARS“-Kosmos ÜBERHAUPT darstellt, schienen viele potentielle Kinogänger übersättigt vom „Krieg der Sterne“. Einerseits war dieser Effekt nur eine Frage der Zeit, denn seit der Disney-Übernahme war „Solo“ bereits der vierte Film, seit Ende 2015 die Haupt-Saga mit „STAR WARS: Das Erwachen der Macht“ fortgesetzt wurde… andererseits muss Disney sich den Misserfolg auf die eigene Fahne schreiben. Wobei… „Misserfolg“ ist auch immer so eine Sache. Immerhin hat der Streifen weltweit knapp 393 Millionen $ an den Kinokassen eingespielt. Rechnet man Heimkino-Verkäufe, TV-Verwertungsrechte und die Tonnen an Merchandise-Kram hinzu, wird dies die Produktionskosten von geschätzt 250 Millionen $ (plus Promotion-Kosten) wohl locker ausbügeln und die endgültigen Zahlen in den schwarzen Bereich schieben. Für das erfolgsverwöhnte Disney-Imperium dennoch eine ordentliche Klatsche, denn MARVEL-Produktionen, die regelmäßig an der Milliarden-Marke kratzen und diese bisweilen sogar übersteigen, sollte eine kultisch verehrte Marke wie „STAR WARS“ eigentlich in nichts nachstehen. Sollte… aber da muss man sich bei Disney auch mal die Frage gefallen lassen, wie man so größenwahnsinnig UND dämlich sein kann, einen „STAR WARS“-Ableger ins Kino zu bringen, nachdem nur wenige Wochen zuvor – Ende April 2018 – mit „Avengers: Infinity War“ DAS Blockbuster-Highlight des Jahres angelaufen ist? Und EBENFALLS aus dem Hause Disney stammt! Man holte sich quasi die eigene, hausgemachte Konkurrenz ins Kino und schaut dann blöd aus der Wäsche, wenn die Leute ausbleiben… zumal die zuvor gelaufenen drei „STAR WARS“-Kapitel allesamt im Dezember an den Start gingen und dort erfolgreich platziert wurden. Ganz nebenbei hätte man auch mal nach links und rechts schauen können und vielleicht wäre ja jemandem aufgefallen, dass mit „Deadpool 2“, dem Spielberg-Klopper „Ready Player One“ und dem Horror-Überraschungserfolg „A Quiet Place“ noch ernstzunehmende Konkurrenz am Start ist. Naaaaaja… hoffen wir mal, dass J.J. Abrams‘ kommender Saga-Abschluss im Dezember 2019 das „Schiff“ wieder auf Kurs und somit zu einem befriedigenden Ende der Skywalker-Geschichte bringt. DANN könnte man sich Gedanken darüber machen, wie es im „STAR WARS“-Universum weitergeht…
„Antiquierte Waffen und Religionen können es nicht mit einer guten Laserkanone aufnehmen.“
-Han Solo
Gut gesprochen, Sir! Denn, auch wenn die „Macht“ hier und da ganz nützlich sein kann und – im wahrsten Sinne des Wortes – einige Türen öffnet, reicht es auch manchmal schon aus, wenn man ein Herz aus Gold hat und dieses auf der Zunge trägt. Gut… dass diese Frei-Schnauze-Attitüde ausschlaggebend dafür ist, dass Han sich immer wieder selbst in die unmöglichsten Situationen manövriert, lassen wir jetzt mal ganz dezent unter den Tisch fallen. Immerhin wäre uns ohne seine große Klappe und den locker sitzenden Blaster sein erstes (Achtung: Wortspiel!) „Solo“-Abenteuer durch die Lappen gegangen!
Ein altes, weises Sprichwort besagt „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß“. Dies könnte locker auch das Lebensmotto des jungen Han sein… oder in Yodas Handbuch der „Jedi-Weisheiten für kleine Lehrmeister“ stehen. Han wünscht sich nichts sehnlicher, als das Drecksloch, das er Heimat nennt, hinter sich zu lassen. Vor Jahren hat das Imperium die Macht an sich gerissen und Verbrechersyndikate beherrschen seitdem die Armutsviertel von Corellia. Lady Proxima regiert hier mit harter Hand und schaltet und waltet ganz, wie es ihr beliebt. Als Kleinganove Han von ihr den Auftrag erhält, eine größere Menge Coaxium – eine flüssige und äußerst wertvolle Form, die für die Nutzung von Hyperantrieben genutzt wird – zu stehlen, wittert er seine Chance. Die große Beute bleibt zwar aus, doch mit der kleinen Phiole, die Han ergattern konnte, ließe sich Corellia locker verlassen. Scheiß auf Lady Proxima!
Zusammen mit seiner Jugendliebe Qi’ra macht er sich auf zum Raumhafen. Hier sollte man den Stoff schnell in Credits und das somit sichere Ticket hinaus umwandeln können. Leider steht die Lady nicht so drauf, verarscht zu werden und schneller als man denkt, haben Qi’ra und Han die Häscher der Unterwelts-Queen an den Fersen. Han gelingt die Flucht… doch Qi’ra bleibt zurück.
Um schnellstmöglich von Corellia zu entkommen, schließt sich Han in einem Rekrutierungsbüro den imperialen Truppen an. Hier könnte der talentierte Flieger als Pilot regelrecht durchstarten und Qi’ra schneller aus Proximas glitschigen Klauen befreien, als diese „Kowakianischer Eidechsenaffe“ buchstabieren könnte! Leider verlaufen Hans Pläne selten so einfach, wie sie sich in der Theorie anhören…
Drei Jahre später hat sich der Traum vom Piloten erledigt und auch das erhoffte Wiedersehen mit seiner großen Liebe ist entfernter als je zuvor. Wegen Ungehorsam hat man den aufmüpfigen Han Solo – wie er nun heißt – von der Akademie entfernt. Jetzt fristet er sein Dasein bei der imperialen Armee, was sich allerdings als Glücksfall erweist. Hier trifft er auf den Schmuggler und Ganoven Tobias Beckett. Dieser plant mit seinen Kumpanen Ausrüstung der imperialen Truppen zu stehlen, um einen gewinnbringenden Coup über die Bühne zu bringen. Han wittert seine Chance, das Imperium hinter sich zu lassen und ein paar schnelle Credits zu machen, was Qi’ra wieder in greifbarere Nähe rückt. Der mit allen Wassern gewaschene Beckett ist allerdings gar nicht begeistert von den Ambitionen des heißblütigen Jungspunds und lässt den angeblichen „Deserteur“ auffliegen.
Über Umwege, die auch das Zusammentreffen mit einem pelzigen Kollegen vom Planeten Kashyyyk zur Folge haben, landen Han und sein neuer Begleiter doch noch an Bord von Becketts Schiff. Für seinen Plan, einen Waggon mit einer nicht unerheblichen Menge des wertvollen Coaxiums zu entwenden, kann der alte Haudegen noch zwei bis vier helfende Hände gebrauchen… was allerdings nicht bei allen Crew-Mitgliedern auf Gegenliebe stößt. Zu draufgängerisch sei der Möchtegern-Ganove mit dem überschäumenden Selbstbewusstsein. Pfff… Han doch nicht!
Alles andere, als dass der geplante Raubzug in einem heillosen Chaos endet, wäre eine gewaltige Überraschung und so kommt es, dass man nicht nur den Verlust der hochpreisigen Beute, sondern auch den zweier Mitglieder des Teams zu beklagen hat. Doch viel Zeit zur Trauer bleibt nicht, geht Beckett doch der Arsch beim Gedanken an seinen enttäuschten Auftraggeber gehörig auf Grundeis. Dieser ist nämlich kein geringerer als Dryden Vos… und der steht an der Spitze des skrupellosen und gefürchteten Verbrechersyndikats Crimson Dawn.
Han hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben und ist guter Dinge, die „Sache“ mit Vos aus der Welt schaffen zu können. Eine andere Möglichkeit, als sich dem Auftraggeber zu stellen, bleibt ihnen auch nicht, da sie sonst nirgends in der Galaxis mehr ihres Lebens sicher wären. Crimson Dawn scheint ein Verein zu sein, den man sich besser nicht zum Feind macht. Dagegen wirken Lady Proximas White Worms wie ein amateurhafter Kaffeekränzchen-Club, der sich launig bei einer gepflegten Partie Sabacc amüsiert! Also macht die verbleibende Crew sich auf zur Yacht des vermögenden und unberechenbaren Dryden Vos. Und Han traut seinen Augen kaum, als er dort auf Qi’ra trifft…
„Tut mir leid, die Sauerei!“
-Han Solo
Muss es nicht! Die preisgekrönte, amerikanische Podcasterin und Schriftstellerin Mur Lafferty macht mit ihrer „Solo“-Adaption nämlich einen hervorragenden Job. Nicht nur, dass sie die Handlung des Films sehr gut und flüssig wiedergibt, sie vertieft auch noch die ganze Geschichte und nimmt sich die Zeit und Freiräume, hier und da näher ins Detail zu gehen. So spendiert sie Nebencharakteren ihre eigenen kleinen Stories, wie am Beispiel einer corellianischen Grenzbeamtin zu sehen ist. So stehen nicht nur die ausgewählten Hauptfiguren im Fokus, sondern auch die lebendige Welt, die um diese herum gebaut wird. Bräuche und Gepflogenheiten werden näher thematisiert, Szenen ergänzt, genauer ausgeleuchtet und Hintergründe erklärt. Im Epilog gibt es sogar eine besondere – wenn auch kleine – Überraschung… quasi ein kleines, verbindendes i-Tüpfelchen für „STAR WARS“-Freunde. Auch der weibliche Droid L3-37, der sich voller Leidenschaft für die Rechte der Artgenossen einsetzt, bekommt mehr Aufmerksamkeit spendiert. Dies tut der Tiefe der Geschichte unglaublich gut, auch wenn der Charakter von vielen Zuschauern auf eine Stufe mit dem nervtötenden Jar Jar Binks aus der Prequel-Trilogie gestellt wird. Wünschenswert wären noch Einblicke in Hans Ausbildung an der imperialen Akademie gewesen, die immerhin eine Lücke von gut drei Jahren hinterlässt. Parallel hätte auf Qi’ras Schicksal während dieser Zeit eingegangen werden können, was aber zumindest angerissen wird. Wahrscheinlich hätte dies aber den Rahmen gesprengt, beziehungsweise sich zu weit von der Hauptstory entfernt. Wer weiß, vielleicht wird auf diese fehlenden Jahre ja noch an anderer Stelle eingegangen… Romane, Comics, Hörspiele, TV-Serien, Filme… „STAR WARS“ ist schließlich immer und überall präsent.
„Wo schielst du denn hin? Ich weiß schon, was ich mache.“ (Fazit):
-Han Solo
„Solo: Eine Star Wars Story“ ist für Genre-Freunde eine absolute Empfehlung. Mur Lafferty versteht es, die Kenner mit ordentlich Fan-Service zu versorgen. Ihre Beschreibungen sind treffend, auf den Punkt und sie verliert sich nicht in Nebensächlichkeiten, um diese unnötig seitenlang auszuwalzen. Ich kann bestätigen, dass man diesen Roman auch sehr gut lesen kann, wenn man den zugehörigen Film bereits gesehen hat (und welcher „STAR WARS“-Fan hat das nicht?). Man wird sich trotzdem nicht langweilen, da Lafferty drohende Längen gekonnt umschifft und dennoch neues Material zu bieten hat. Ein äußerst kurzweiliges Lesevergnügen, für das man garantiert weniger als 12 Parsecs benötigt.
Mur Lafferty, Penhaligon
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