Nanos - Sie bestimmen, was du denkst (Malek Wutkowski 1)
- Penhaligon
- Erschienen: Januar 2018
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Wie eine Gesellschaft unbemerkt in die Hand eines Mannes fällt
Nicht nur in den Medien macht das Thema Nanotechnologie immer mehr die Runde – „Nano – kleine Teilchen mit großer Gefahr für die Gesundheit?“ (Focus online), „Nanoteilchen in der Nahrung: riskant?“ (Apotheken Umschau) oder „Was Nanoteilchen im Essen und im Körper anrichten“ (Die Welt). Auch in vielen Romanen (und längst nicht mehr nur Science-Fiction) wird es verstärkt aufgegriffen.
Nun greift auch der deutsche Autor Timo Leibig zu und führt den Leser in ein zukünftiges Deutschland, in der die Nanotechnologie das Leben der Bürger bestimmt. Er beschäftigt sich mit der Frage: „Was wäre, wenn man das Denken der Bevölkerung über das Essen manipulieren könnte?“ Doch was sind diese Nanopartikel?
Es handelt sich um atomare Teilchen, die gezielt mit bestimmten Eigenschaften versehen werden, um sie beispielsweise in der Industrie oder Medizin einzusetzen.
In Leibigs neuem Roman hat es der Wissenschaftler Carl Fossey geschafft, Lebensmittel und Trinkwasser mit solchen Partikeln zu versetzen, die dann die Blut-Hirn-Schranke überwinden können (die normalerweise das Gehirn vor Krankheitserregern schützt), um im Gehirn die Kontrolle zu übernehmen. Dieses Potential erkennt schließlich sein Auftraggeber Johann Kehlis, der daraufhin die Lebensmittelindustrie revolutioniert, indem nur noch seine JK-Lebensmittel verkauft werden, die mit eben diesen Nanos versetzt sind.
Mittlerweile zum Bundeskanzler aufgestiegen, kontrolliert er damit praktisch ganz Deutschland sowie die Gedanken der Deutschen.
Doch womit er nicht gerechnet hat, ist, dass es immer mehr Intolerante gibt, die gegen die Nanos immun sind. Diese sind natürlich gefürchtet und werden gnadenlos verfolgt und weggesperrt – offiziell, um diese zu heilen. Einer von ihnen ist Malek Wutkowski, ein ehemaliger Sträfling, der nun auf der Flucht, in eine Widerstandsgruppe gelangt, die Kehlis stürzen will. Doch wie sie schnell herausfinden, nimmt Kehlis Größenwahn immer absurdere Züge an und damit auch die Möglichkeiten, die sich aus den Nanos ergeben.
Ein spannendes und gefährliches Gedankenspiel, dessen Relevanz größer denn je ist
Beängstigend – das ist wohl das erste Wort, das einem nach Beenden dieses Buches einfällt. Gleichzeitig motiviert es zum Recherchieren und Nachlesen, wie weit die Nanotechnologie bereits Einzug in unsere Gesellschaft gefunden hat. Dabei kann sie offenbar verschiedene Aufgaben übernehmen, von der besseren Vitaminzuführung, über die Veränderung von Nahrungsmitteln bis zur Verpackung empfindlicher Lebensmittel. Die Frage ist nur: Was können Nanos anrichten?
Leibig hat dieses Thema sehr radikal formuliert und in Buchform gebracht. Schonungslos hält er einen Thriller vor Augen, der Menschen durch Nanos zu willenlosen Geschöpfen mutieren lässt, denen selbst Empathie gegenüber geliebten Menschen verloren geht, wenn diese als Intolerante abgeführt werden. Dabei hat er eine plausible, wenngleich verstörende Gesellschaft geschaffen, die an Stasizeiten und Schlimmeres erinnert.
Der Anfang beginnt gleich rasant mit dem Kriminellen Wutkowski, der durch seine lange Haft nichts von den Veränderungen Draußen mitbekommen hat. Somit begibt sich der Leser auf das gleiche Wissenslevel wie Wutkowskis – ein elegantes Mittel, um diesen behutsam in die Welt einzuführen. Die eingängliche Spannung hält sich tatsächlich auch über einen Großteil des Buches hinweg. Allerdings schwächelt es etwas, wenn es um die Ausgestaltung der Charaktere geht. Durch das düstere Setting wäre ein charakterlicher Lichtblick wünschenswert gewesen, stattdessen triefen fast alle vor Zynismus und - obwohl meist willens, die Schlacht zu gewinnen- pessimistischen Zügen. Viele handeln unüberlegt und zügellos, andere wandeln sich von sympathischen Figuren ins genaue Gegenteil. Doch abgesehen davon handelt es sich um einen soliden, atmosphärischen und unerbittlichen Science-Fiction-Thriller, der zu kritischem Denken anregen will. Das Ende lässt erfreulicherweise vermuten, dass die Geschichte noch nicht zu Ende erzählt ist und dass mindestens ein weiterer Band folgt.
Fazit:
Ein fesselnder Thriller mit passender Stimmung in einem dystopisch anmutenden Deutschland. Um diese erdrückende Kost zu ertragen, fehlen leider Charaktere, die einem ans Herz gehen. Dennoch ist es flüssig zu lesen und ein Muss für alle Liebhaber von Gedankenspielen um die Zukunft.
Timo Leibig, Penhaligon
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