Star Wars - Die letzten Jedi
- Penhaligon
- Erschienen: Januar 2018
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Aus Film wird Buch – kann das überhaupt gelingen?
Der zweite Film der neuen Star-Wars-Trilogie wurde von den Fans – gelinde gesagt – sehr gemischt aufgenommen. Während die einen „Star Wars – Die letzten Jedi“ als den besten Star-Wars-Film aller Zeiten anpreisen, ist er für andere der letzte Müll. Ob das Buch zum Film es schafft, der Kritik entgegenzuwirken?
Die Romanisierung eines Films oder der Versuch, einen Film aufzuwerten
Die Handlung vom Roman zum Film „Star Wars – Die letzten Jedi“ ist ganz einfach: Es passiert das, was im Film passiert. Der Stützpunkt des Widerstands wird von der Ersten Ordnung zerstört, die Besatzung des Stützpunktes kann jedoch fliehen. Es folgt eine Verfolgungsjagd durch die halbe Galaxie. Poe, Finn und Rose wollen es nicht darauf ankommen lassen und wollen die Flotte im Alleingang retten. Währenddessen hat sich Rey auf den Weg gemacht, um beim legendären Jedimeister Luke Skywalker ausgebildet zu werden. Der ist aber nicht mehr der, der er mal war. Also muss Rey alles versuchen, um ihn wieder zu dem Helden zu machen, der er einst war.
Bücher werden im Akkord verfilmt – Filme hingegen werden nur selten zu Büchern gemacht. Bei manchen Filmreihen hingegen hat genau das schon Tradition. Zu allen Filmen der Star-Wars-Reihe sind die passenden Romane erschienen, und auch andere klassische Sci-Fi-Filme wurden in Buchform veröffentlicht (wie z.B. „Alien“ oder viele der Star-Trek-Filme).
Warum aber sollte man sich die Bücher kaufen und lesen, wenn man sich schön gemütlich auf dem Sofa den Film angucken kann? Ein entscheidender Unterschied zwischen Büchern und Filmen ist der Zeitfaktor. Eine Seite im Drehbuch entspricht in etwa einer Minute Film, deswegen kann ein Drehbuch keine 400 Seiten haben. Mittlerweile haben Blockbuster-Filme eine Dauer von ca. zwei Stunden. Viel mehr konnte noch nicht einmal Rian Johnson durchboxen (die erste Schnittfassung des Films war über drei Stunden lang). Ein Roman von über 400 Seiten hat also mehr Zeit.
Tiefere Einblicke in die bekannten Charaktere, Einführung neuer Figuren helfen beim Worldbuilding
Mehr Zeit bedeutet, dass Charaktere besser beleuchtet und kleinere Figuren eingeführt werden können. Das ist eine große Stärke des Romans „Star Wars – Die letzten Jedi“. Wie im Film wechseln sich die Handlungsstränge ab und man bekommt die Handlung aus verschiedenen Perspektiven präsentiert. Als hätte der Autor Jason Fry sich die Kritiken zu Herzen genommen und seinen Roman so aufgebaut, um Logikfehler oder Ungereimtheiten zu tilgen. Eine der am meisten kritisierten Figuren des Films war zweifelsohne Rose. Man würde ihr Handeln und ihre Beweggründe nicht verstehen. Dadurch, dass viele Kapitel im Roman aus ihrer Perspektive erzählt werden, hilft dem Leser, sie besser zu verstehen.
Aber auch andere Figuren, die im Film fast nur als Randnotizen behandelt werden und mehr oder weniger nur für Lacher sorgen sollen, bekommen ein bisschen mehr Raum. General Hux bekommt eine gute Geschichte verpasst, die seiner Figur mehr Tiefe gibt. Er ist der Sohn eines ranghohen Mitglieds des ehemaligen Imperiums, der vor der neuen Republik geflohen ist. Sein Sohn will nun sein Erbe antreten, aber auf seine eigene Art und Weise: mit den Werten des alten Imperiums, aber mit den militärischen Vorzügen der modernen Technologie. Für ihn ist die Macht – und somit auch Kylo Ren und Snoke – ein Mittel zum Zweck, das nach Erreichen seiner Ziele ausgelöscht werden soll.
Was aber vor allem für den Roman spricht, ist die Einführung von bisher unbekannten Figuren. Ganz am Anfang wird aus der Perspektive von Paige Tico, Roses Schwester, erzählt. Durch ihre Augen lernt der Leser Rose das erste Mal kennen, was sehr vorteilhaft ist. Denn dadurch ist man Rose gegenüber etwas aufgeschlossener. Der Leser bekommt nicht direkt Roses Gedanken zu lesen, sondern wie eine andere Figur über sie denkt. Außerdem hat die Schlachtszene vom Anfang des Films eine ganz andere Dimension, denn Paige Tico ist ein Teil der Bomberflotte, die komplett dezimiert wurde. Man weiß eigentlich, was passieren wird, und das macht erstaunlicherweise die Spannung des Kapitels aus. Genau wie das Kapitel, das aus der Sicht einer Pilotin erzählt wird, die beim zweiten Angriff der Ersten Ordnung auf dem Hangar des Schiffs getötet wird. Im Film werden solche Tode schnell vergessen, man ist nur froh darüber, dass die Hauptfiguren überleben. Aber weil sie im Buch nicht nur einen Namen, sondern auch ihre Gedanken und Gefühle, ihre Eigenheiten und Sprechweise Platz bekommen, empfindet der Leser diese Figuren als Menschen und ihre Tode wirken etwas realer.
Mehr Zeit bedeutet aber auch mehr Zeit für unnötige Szenen
Leider sind aber nicht alle Kapitel gelungen. Der Witz an Figuren wie die Droiden R2D2 und BB-8 und an Chewbacca ist doch, dass man sie nicht versteht, dass man nur durch ihre Körpersprache und der Reaktionen anderer Figuren auf sie den Zusammenhang erkennt. Deswegen sind Kapitel, in denen breit erklärt wird, wie BB-8 seine Subprogramme dazu benutzt, Situationen zu erkennen und dementsprechend zu reagieren, oder wie er mit dem Sternjäger kommuniziert, sind für mich verschwendete Seiten in einem eigentlich ganz guten Roman. Was vor allem einen komischen Nachgeschmack hinterlässt ist die Szene, in der BB-8 verzweifelt versucht, die Schaltkreise des Sternjägers zu reparieren, um dann seinen Kopf in das Board zu rammen. Was im Film funktioniert und sehr lustig aussieht, wird im Roman plump erklärt und verliert somit an Spontaneität und an Humor.
Nette Lektüre, mehr aber auch nicht
Der Roman von Jason Fry ist eine nette Lektüre, die man nebenbei weglesen kann. Für Fans des Films bietet er interessante Einblicke in die Welt von Star Wars, abseits der Hauptfiguren und ohne die zeitlichen Zwänge eines zweistündigen Blockbusters. Vor allem die wechselnde Perspektive konnte bekannten Figuren mehr Tiefe und neuen Charakteren Raum bieten. Dies ist Segen, aber auch gleichzeitig Fluch, denn man bekommt die Handlung aus Perspektiven erzählt, die man nicht braucht. So werden jedoch Figuren wie beispielsweise BB-8 in gewisser Hinsicht zu normalen Figuren. Sie sind in den Filmen eben deswegen interessant, weil man nicht genau weiß, was sie denken. Dass dies nun möglich ist, ist ein bisschen Schade.
Fazit:
Jason Frys „Star Wars – Die letzten Jedi“ ist nett, aber mehr auch nicht und ist vor allem für eingefleischte Star-Wars-Fans empfehlenswert. Sowohl die Liebhaber des aktuellsten Teils der neuen Trilogie, als auch deren Hasser könnten dem Roman etwas abgewinnen. Für den Otto-Normal-Leser ist das Buch eher uninteressant.
Jason Fry, Penhaligon
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