Kull - Verbannt aus Atlantis
- Festa
- Erschienen: Januar 2016
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Vor Conan war Kull, Barbarenkönig von Valusien
- Klaus Schmitz: Einleitung, S. 9-12
- Verbannt aus Atlantis (Exile of Atlantis, 1967), S. 13-22: Zwar ist er unter wilden Tieren aufgewachsen, doch es ist eine Geste des Mitleids, die Kull dazu zwingt, seine Heimat Atlantis zu verlassen.
- Das Schattenkönigreich (The Shadow Kingdom, 1929), S. 23-72: Die schlangenhaften und zauberkundigen Ureinwohner von Valusien sind keineswegs ausgestorben; sie haben Kulls Hof unterwandert, sind bereit zum Königmord und zum Griff nach der Macht.
- Die Spiegel von Tuzun Thune (The Mirrors of Tuzun Thune, 1929), S. 73-88: Ein tückischer Magier lockt König Kull in seinen Palast, wo er ihm allmählich seine Lebenskraft raubt.
- [Entwurf ohne Titel] (1978), S. 89-118
- Die Katze und der Schädel (The Cat and the Skull, 1967), S. 119-154: König Kull wird Opfer eines Komplotts und ins Reich der fast vergessenen Seemenschen gelockt, wo er allerdings nicht wie vorgesehen ein schnelles Ende findet.
- Der kreischende Schädel der Stille (The Screaming Skull of Silence, 1967), S. 155-166: Einmal mehr tappt König Kull in die Falle eines Intriganten bzw. dorthin, wo die Stille mörderisch Gestalt und Willenskraft annimmt.
- Das Schlagen des Gongs (The Striking of the Gong, 1976), S. 167-174: Durch einen zufälligen Riss im Gefüge des Universums ‚fällt‘ König Kull in eine fremde Dimension, die keineswegs unbewohnt ist.
- Der Altar und der Skorpion (The Altar and the Scorpion, 1967), S. 175-180: Zaubermeister Gurun bringt ein junges Paar in seine Gewalt, hat aber die Rechnung ohne die Götter bzw. einen ganz bestimmten Gott gemacht.
- Der Fluch des Goldenen Schädels (The Curse of the Golden Skull, 1967), S. 181-186: Von Kulls Schwert niedergestreckt, spricht ein Magier einen letzten Fluch, der viele Jahrzehntausende später den ahnungslosen Entdecker seines Grabes trifft.
- Die schwarze Stadt [unvollendetes Fragment] (The Black City, 1978), S. 187-192
- [Fragment ohne Titel] (1978), S. 193-198
- Die Axt sei mein Zepter! (By This Axe I Rule!, 1967), S. 199-228: Geschickt schüren Revoluzzer den Widerstand gegen König Kull, um ihn schließlich in seinem Schlafgemach zu ermorden; erwartungsgemäß bleibt es beim Versuch.
- Schwerter des Purpurnen Königreichs (Swords of the Purple Kingdom, 1967), S. 229-264: Thronräuber rotten sich zusammen, um den König von Valusien in eine tödliche Falle zu locken.
- Der König und die Eiche (The King and the Oak, 1939), S. 265-268
- Könige der Nacht (Kings of the Night, 1930), S. 269-317: Um den römischen Invasoren Widerstand leisten zu können, ist Piktenkönig Bran Mak Morn bereit, einen seit Äonen toten Helden an seine Seite zu rufen - Kull von Valusien!
Verschiedenes
Die Fragmente zu Am-ra von den Ta-an
- Sommermorgen (Summer Morn), S. 322
- Am-ra der Ta-an (Am-ra The Ta-an, 2002), S. 323-325
- Die Geschichte von Am-ra (The Tale of Am-ra, 1998), S.326
- [Unvollendetes Fragment ohne Titel], S. 327-331
- [Unvollständiges Fragment ohne Titel], S. 332-335
- Das Schattenkönigreich [Entwurf] (The Shadow Kingdom [Draft]), S. 336-343
- Die Katze der Delcardes [Entwurf] (Delcardes‘ Cat [Draft]), S. 344-378
- Der König und die Eiche [Entwurf] (The King and the Oaks [Draft]), S. 379/80
- Klaus Schmitz: Nachwort, S. 381-404
- Veröffentlichungsnachweise und Anmerkungen zu Howards ursprünglichen Texten, S. 405-411
Die frühe Weltgeschichte als freie Bühne
Vor Conan, dem Barbar, war Kull, der Barbarenkönig von Valusien. Das macht Kull zum Vorläufer des ungleich erfolgreicheren Schlagetots (der übrigens ebenfalls einen Königsthron für sich eroberte), ohne ihn zu einem bloßen Schatten herabzuwürdigen, der erst in Conan echte Gestalt annahm. Tatsächlich war - und ist - Kull eine überaus selbstständige literarische Gestalt, die in der kurzen Zeit ihrer ursprünglichen Präsenz Marksteine setzte, vor denen viele Jahrzehnte später Fantasy-Leser voller Bewunderung stehen.
Diese Leistung ist umso höher zu bewerten, als Kull nur in drei Kurzgeschichten auftauchte, die zwischen August 1929 und November 1930 im Pulp-Magazin „Amazing Stories“ erschienen, wobei „Könige der Nacht“ - die letzte dieses Trios - eigentlich dem (ebenfalls überschaubaren) Reigen von Howard-Storys um den Pikten-König Bran Mak Morn angehört und Kull eher als ‚Gaststar‘ auftritt.
Dem ausführlichen Vor- und Nachwort, verfasst von Klaus Schmitz, ist zu entnehmen, dass Howard für Kull eine Art Geistesblitz verantwortlich machte, nach dem sich dieser im Hirn des Verfassers für eine Weile häuslich niederließ. Mit der für ihn typischen Intensität stürzte sich Howard auf Kull und investierte viel Zeit darauf, die imaginäre Vergangenheit von Atlantis und Valusien stimmig und farbenfroh ins Bild zu setzen. Noch war das „hyborische Zeitalter“, in dem Howard seine fiktive Vergangenheit und die reale Weltgeschichte kombinierte, eine vage Vorstellung, doch auf dem Weg dorthin wurde Kull ein wichtiger Weichensteller.
König zu werden ist nicht schwer...
Als Howard zum ersten Mal von Kull erzählt („Das Schattenkönigreich“), hat dieser anders als Conan die unsteten Wanderjahre der Jugend bereits hinter sich und ist König von Valusien. Eine Rückblende („Verbannt aus Atlantis“) blieb unveröffentlicht; sie transportiert keine ‚richtige‘ Handlung, ermöglicht aber einen Blick auf Kulls Charakter: Der Barbar mag aus Sicht seiner ‚zivilisierten‘ Zeitgenossen ein grober Wilder sein, doch gerade deshalb hat er sich einen Sinn für Recht und Unrecht bewahrt, dem er später als König folgen wird, obwohl ihn das ständig in Konflikt mit Gesetzen und Regeln bringt.
Vor allem in „Die Axt sei mein Zepter!“ und „Schwerter des Purpurnen Königreichs“ hadert Kull mit seinem Schicksal. Sein Amt hat er barbarisch errungen, indem er seinen Vorgänger umbrachte und sich dessen Krone aufsetzte. Nach archaischem Recht (und dank ihm gewogener, schlagkräftiger Verbündeter) war Kull damit König von Valusien. Dass ihn dies gleichzeitig zum Knecht uralter Vorschriften macht, muss Kull erst lernen. Keineswegs immer beugt er sich; dies gilt vor allem, wenn das Gesetz seinem Sinn für Gerechtigkeit widerspricht oder/und eine junge Liebe dadurch verhindert wird.
Paradoxerweise ist Kull ein guter König, der für das Wohl seiner Untertanen sorgt. Deshalb wundert er sich, dass ‚man‘ trotzdem gegen ihn intrigiert. Für politische Ränken ist er zu naiv, weshalb man ihn wie in „Die Spiegel von Tuzun Thune“, „Die Katze und der Schädel“ oder „Der kreischende Schädel der Stille“ recht einfach in magisch verstärkte, eigentlich tödliche Fallen locken kann. Doch immer kommt der Moment, in dem bloße Körper- und Willenskraft den Ausschlag geben. Am Ende mag Kull aus tausend Wunden bluten, aber seine Widersacher liegen mausetot zu seinen Füßen.
Spielball kosmischer Mächte
Robert E. Howard war ein Brieffreund von H. P. Lovecraft (1890-1937); die beiden tauschten sich angeregt über Ideen aus. Howard mochte Lovecrafts Konzept eines Universums, in dem die Erde und ihre Bewohner nur eine Nebenrolle spielen, während von ihnen selten bemerkt kosmische Wesenheiten seit Äonen gewaltige Kriege führen. In „Das Schlagen des Gongs“ greift Howard dies auf und lässt Kull durch Zufall hinter die Kulissen des Uni- bzw. Multiversums stolpern, wo ihm eine ausnahmsweise freundliche Entität einige Einblicke in die wahre Natur des Kosmos‘ gewährt.
In „Könige der Nacht“ wird die (naturwissenschaftliche) Ordnung des Universums - hier die Linearität der Zeit - abermals als Illusion entlarvt und Kull aus seiner Vergangenheit geholt, um sich an einer gewaltigen Schlacht zu beteiligen. Auch der böse Magier Rotath sprengt in „Der Fluch des Goldenen Schädels“, welcher sich erst in der Gegenwart (des frühen 20. Jahrhunderts) entlädt, die Grenzen von Zeit und Raum. Kulls Welt ist in dieser Hinsicht ‚fantastischer‘ als die Conans. Obwohl auch dort Magie und Monster ihr Unwesen treiben, spielt der transdimensionale Überbau keine so wichtige Rolle.
„Kull - Verbannt aus Atlantis“ beinhaltet zahlreiche Entwürfe, die Fragment geblieben sind. Howard war ein routinierter Autor; zu seinem Alltag gehörten Ideen, die sich nicht entwickeln wollten, vom Käufer abgelehnt und schließlich beiseitegelegt wurden. Selbst diese Bruchstücke lesen sich erstaunlich gut. Als Leser bedauert man es, dass Werke wie „Die schwarze Stadt“ aufgegeben wurden: Man hätte gern gewusst, wie die Geschichte weiter- und ausgeht.
Zuviel des Guten?
„Kull - Verbannt aus Atlantis“ ist als Sammelband ein Füllhorn und eine Fundgrube. In Sachen Kull lässt das Buch keine Fragen offen, wobei sich die Hintergrundinfos auf den ‚literarischen‘ Kull beschränken und beispielsweise Peinlichkeiten wie den „Kull“-Film von 1997 (mit Kevin „Das-ist-kein-Jim-Beam!“ Sorbo in der Titelrolle!) aussparen. Der Text ist reich illustriert, wobei das Urteil über die Qualität der Abbildungen dem jeweiligen Betrachter überlassen sei. Wichtiger ist eine vorzügliche Übersetzung, die hilft zu erkennen, dass hier nicht nur ein Berserker Köpfe ein- und Gliedmaßen abschlägt, sondern im besten Sinn triviale, d. h. spannende Geschichten erzählt werden.
Da Howard von diesen noch mehr zu bieten hätte, ist es traurig, dass zumindest der Festa-Verlag keinen Nachschub mehr liefern wird. Die Erklärung ist simpel: Ein Konkurrent ist aufgetaucht, hat Howards Storys - deren Copyright offenbar hierzulande oder überhaupt abgelaufen ist - rasch übersetzen lassen und wirft sie als E-Books kostengünstig auf den Markt. Damit gräbt er den Festa-Editionen, die gediegen aufgemacht sowie mit Hintergrundmaterial ausgestattet sind, das Wasser ab: Qualität hat ihren Preis, den nun zu wenige Leser zu zahlen bereit sind.
So mischt sich in die Freude über diese feine Edition mehr als ein Wermutstropfen. Ein letztes Mal können - und sollten - die Freunde klassischer Fantasy die Gelegenheit nutzen. Robert E. Howard belegt eine Tugend, die dem heutzutage zur Zwangs-Epik neigenden Genre leider abhandengekommen ist: Fantasy kann rasant, ‚eindimensional‘ und effektzentriert sein, ohne seinen Unterhaltungswert einzubüßen!
Robert E. Howard, Festa
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