Die verlorene Puppe
- Feder & Schwert
- Erschienen: Januar 2016
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Ein Zirkus, Luftpiraten. Azteken und Inkas - hinein ins Abenteuer
Ganz Europa stöhnt unter einer neue Eiszeit. Während die Truppen des Osmanischen Reiches vor Venedig stehen, und die Europäischen Kolonien in Nordafrika von schwarzen Soldatenheeren angegriffen werden hört man aus Ængland von Shellys munkeln - künstlichen Menschen, die aus Leichen zusammengestückelt einfache Aufgaben übernehmen können. In dieser Welt lernen wir die Artisten eines Zirkus, des Circo Apocalíptico kennen. Sie alle verbindet die Liebe zur Manege, das Hochgefühl des Auftritts und die Anerkennung des Publikums. Doch ein jeder von ihnen birgt ein Geheimnis.
Während eines Auftritts im Norden Spaniens werden sie überfallen. Gar merkwürdige Krieger, wie man sie in Europa noch nie gesehen hat, nehmen sie gefangen und bemächtigen sich ihres Luftschiffes. Es geht gen Westen, über den Atlantik, eine Richtung, aus der noch nie zuvor eine Expedition zurückkam. Ihre Entführer, sie selbst nennen sich Inka ahnen nicht, dass sie bald selbst gefangen genommen werden. Ihre Gegner, die Mexica erobern das Luftschiff und nehmen alle gefangen. Ihr Schicksal scheint unabwendbar - auf der Spitze der Pyramide vom Priester mit einem Obsidianmesser das Herz aus den Rippen geschnitten zu bekommen - doch noch können die Artisten das Schlimmste abwenden, habe sie doch ihre besonderen Fähigkeiten ...
So muss Steampunk made in Germany sein
Steampunk, einst als next big thing gehypt hat auch bei uns seine Anhängerschar. Zwar hat sich das breite Publikum nie wirklich für die dampf- und aetherbetriebene Spielart der Fantasy begeistern können, blieb das Subgenre ein Nischenphänomen, das aber seine treue Lesergemeinde hat. Versorgt wird diese, nachdem die Großverlage ihre entsprechende Bemühungen abrupt und oftmals mitten in einer Serie eingestellt haben, von den rührigen Kleinverlagen. Feder & Schwert hat gar eine eigene Steampunk Edition lanciert in der sie anglo-amerikanische, wie heimische Autoren zu Wort kommen lassen. Auch nach dem Wechsel von F&S zum Uhrwerk Verlag wird diese Ausrichtung weiterhin bedient.
Vor rund drei Jahren legten Judith und Christian Vogt mit Die zerbrochene Puppe einen ersten, später preisgekrönten Roman aus der "Eis und Dampf"-Welt vor. Nicht nur, dass die Autoren es verstanden endlich einmal das victorianische London als Handlungsort hinter sich zu lassen, sie präsentierten uns eine ganz eigene Welt abseits der oftmals uniformen Steampunk Ingredienzien. Ähnlich wie Anja Bagus Ætherwelt gehen sie ganz eigene Wege, schaffen eine ganz eigene Bühne voller wahnwitziger Ideen und überlegen sich eine eigenständige Handlung.
Die Verfasser haben sich Zeit gelassen, ihren zweiten Roman vorzulegen. Und es ist keine simple Fortsetzung geworden. Statt also dieselbe Handlung in einer leicht abgewandelten Form nochmals zu präsentieren haben sie ihr Gehirn angeworfen, und sich einen neuen Plot einfallen lassen. Nur einige wenige der Figuren aus der zerbrochenen Puppe kommen am Rand des Romans zu einem Kurzauftritt, ansonsten erwarten uns frische Figuren und eine überraschend andere Handlung. Stilistisch überzeugend entführen uns die Autoren nach Mittel- und Südamerika. Dabei schildern sie uns die dortigen Hochkulturen - Inka wie Azteken - als durchaus fortschrittlich, auch wenn diese weder das Rad erfunden, noch von ihren Opferungen absehen wollen.
Hier begegnen uns Parallelgesellschaften sie in ihrer Ausgestaltung überzeugend selbstständig daherkommen, dabei wissenschaftliche Erkenntnisse über die Völker aufnehmen und in die Phantasiewelt übertragen. Zu den Menschenopfern gesellen sich eine funktionierende Kanalisation, Heizung und eine Altersversorgung die die Rente endlich sicher macht. Dabei zeichnen die Vogts die Azteken durchaus zutreffend als Eroberer und Unterdrücker, die in der Realität erst den durch die von den Spaniern eingeschleppten Viren bezwungen wurden.
In unserem Roman droht das genaue Gegenteil. In Taiwan sind die Mexica bereits eingefallen, die Eroberung Europas steht zur Befreiung ihres Gottes Quetzalcoatl bevor. Das ist inhaltlich überraschend, handwerklich toll umgesetzt und verwöhnt zudem mit einer mitreißenden, immer wieder überraschenden Handlung. Dazu gesellt sich ein Hauptcharakter der immer wieder geheimnisvoll und damit interessant beschrieben wird, der uns für sich einnimmt und in die Handlung zieht.
Das ist beste Unterhaltung made in Germany - vorliegend ein Gütezeichen!
Judith Vogt, Feder & Schwert
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