Hallucigenia

  • Golkonda
  • Erschienen: Januar 2015
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Hallucigenia
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Carsten Kuhr
89°1001

Phantastik-Couch Rezension vonMär 2016

Auf eigenen Spuren in der Nachfolge Lovecrafts unterwegs

Karlheinz Schlögl und Jacob Schmidt, die als Herausgeber dieser Collection von vier längeren Erzählungen stellen uns einen Autor vor, der mir zumindest bislang leider entgangen ist. Zwei der Novellen sind der Weird Fiction zuzurechnen, zwei weitere Beiträge kommen ohne übernatürliche Sequenzen aus. Gemeinsam sind all diesen Geschichten, dass etwas Außergewöhnliches auf den Leser wartet. Barron schaut mit sehr scharfem Auge auf seine Mitmenschen, zeichnet diese messerscharf und gleichzeitig schonungslos realistisch. Dabei beschränkt er sich weder auf eine Gesellschaftsschicht, sexuelle Ausrichtung oder auf eine ethnische Gruppe, sondern lässt allen gleichermaßen sein Interesse angedeihen. Schonungslos und brutal beschreibt der Autor in seinen Stories den Menschen in all seine Boshaftigkeit, seinem Egoismus, der Egozentrik aber auch der Fähigkeit zur Liebe.

Gerade aus der Gegenüberstellung dieser beiden Wesenszüge, hier die Boshaftigkeit, dort, als Widerpart die Fähigkeit zur echten Liebe, zur Opferbereitschaft und Hingabe zieht der Autor seine Faszination. Wie die Herausgeber in ihrem kurzen, aber informativen Vorwort ausführen, beschreibt Barron in seinen übernatürlichen Beiträgen ein kosmisches Grauen. Im Washington State als Brutstätte des uralten Bösen angesiedelt, ist dieses undefinierte kosmische Grauen aber nicht, wie bei Lovecraft, von Gleichgültigkeit geprägt, sondern versucht liebevoll zu vereinnahmen. Der Schwarze Reiseführer - Moderor de Caliginis - als dunkles Buch der Prophezeiungen nimmt hierbei ebenfalls einen Raum ein, der entfernt an Lovecraft erinnert, dann aber doch wieder eigene Wege geht.

Gerade die beiden übernatürlichen Novellen zeigen deutlich auf, dass Barron zwar Lovecraft seine Referenz beweist, dies aber auf seine ganz eigene, unnachahmliche Art und Weise macht. Das sind keine mehr oder minder gelungenen Plagiate oder Versuche dem Kosmos der großen Alten etwas hinzuzufügen, sondern Geschichten, die zwar von fremden Mächten berichten, ihren Fokus aber eher auf die Auswirkungen auf die Menschen, denen das Unbegreifliche widerfährt, richtet.

Sei es, dass ein vermögender Immobilienhändler in einer aufgegebenen Scheune auf ein Tor zu einer anderen Daseinsebene stößt und dabei, wie auch seine Frau, körperlich gezeichnet wird, oder eine Gruppe Wanderer nahe Seattle einem alten Buch folgend auf einen Dolmen und etwas Unbegreifliches stoßen, interessant ist bei Barron nicht unbedingt das diffus bleibende Fremde, sondern dessen Auswirkungen auf den oder die Erzähler. Wie reagieren unsere Protagonisten auf die Konfrontation mit dem Unerklärlichen, wie verarbeiten sie Not, Hilflosigkeit oder Schrecken und wie verändert sie das Geschehen. Hierauf richtet der Autor sein Augenmerk und er macht dies auf ganz eigene, beeindruckende Art und Weise.

Das liest sich unheimlich interessant und gleichzeitig intensiv, erschreckt gerade weil man sich als Leser gut in den Geplagten hineinversetzen kann und weckt Ängste und Emotionen satt - wahrlich kein schlechtes Urteil über einen Autor und seine Erzählungen.

Hallucigenia

Laird Barron, Golkonda

Hallucigenia

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